„Eine Katastrophe“ – „Das Risiko gehe ich ein“: Was Reisende aus Südafrika berichten
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Reisende stehen am Flughafen in Kapstadt in langen Schlangen an den wenigen Schaltern an, die überhaupt noch offen sind.
© Quelle: Kristin Palitza/dpa
„Gerade fing der Tourismus wieder an zu laufen. Es sah endlich wieder positiver für die Menschen aus“, sagt Gisela K. über die Menschen in Südafrika dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „In den letzten beiden Tagen war die Frustration groß über die Maßnahmen.“
Gisela K. ist eine von Hunderten Urlauberinnen und Urlaubern, die sich derzeit im südlichen Afrika aufhalten. Schon vor zwei Wochen flog sie zusammen mit ihrem Mann, erstmals seit einem Vierteljahrhundert ohne Kinder, ans Kap, sagt sie. Doch der Urlaub endete ganz anders, als sie sich das vorgestellt hat. Am Freitagvormittag kündigte Deutschland an, Südafrika wegen des Auftauchens der Omikron-Variante des Coronavirus auf die Liste der Virusvariantengebiete zu setzen. „Der Tag war nur davon bestimmt und hat uns den Urlaub ziemlich verdorben“, sagt Gisela K.
Urlauberin in Südafrika: „Wir wussten nicht, wo uns der Kopf steht“
Sie habe nicht gewusst, ob der Flug am heutigen Samstag von Johannesburg nach Frankfurt wie geplant stattfinde, konnte nicht einchecken, die Lufthansa sei nicht erreichbar gewesen. Sie habe nicht gewusst, welche Voraussetzungen zu erfüllen seien, ob ein Test notwendig sei – und wenn ja, welcher. Aus allen Ecken sei sie mit Nachrichten vollgeschüttet worden. „Wir wussten nicht, wo uns der Kopf steht, was richtig und was falsch ist“, erzählt sie dem RND.
Der Urlaub sei ansonsten entspannt gewesen, sagt sie. „Es gibt überall Desinfektionsmittel und in Innenräumen wird zuverlässig Maske getragen. Wir haben uns wohl und frei gefühlt.“ Nun endet der Urlaub in Quarantäne: Zwei Wochen, ein Freitesten ist nicht möglich. „Das ist in meinen Augen komplett überzogen. Wir haben in Südafrika mehr oder weniger nur draußen gelebt, sind zweifach geimpft und haben nur mit vollständig geimpften Leuten Kontakt gehabt.“
Ihr Mann sei Arzt, in der Impfkampagne eingebunden. „Zwei Wochen Quarantäne sind für die Praxis und die Patienten, von denen viele auf eine weitere Impfung warten, eine Katastrophe“, so Gisela K.
Kritik an Krisenkommunikation der Airlines
Die vierzehntägige Quarantäne ist für Kerstin K. und ihren Mann hingegen kein Problem. Die beiden sind seit zweieinhalb Wochen in Südafrika, haben noch fast zwei Wochen vor sich. „Wir haben ein Haus mit Garten, ich habe meinen Job eh durch Corona verloren und mein Mann kann Homeoffice machen bei vollem Gehalt“, sagt sie dem RND.
Für sie ist es eher die an sie herangetragene Unsicherheit, die nun die Urlaubsfreude etwas trübt. Dazu kommt – in einigen Teilen Südafrikas kam es am Freitag zu Stromausfällen, Recherchen im Internet waren kaum oder gar nicht möglich. „Wir haben noch keine Info von Lufthansa, ob wir einen Test brauchen, ob wir vielleicht früher nach Hause müssen“, sagt sie. Sie hoffe aber nicht, denn in Südafrika fühle sie sich bezüglich Corona sicherer als in Deutschland. „Es ist alles sehr gut organisiert, jeder trägt Maske, es gibt überall Desinfektionsmittel und Listen, in die man sich einträgt und man bekommt nahezu immer Fieber gemessen“, berichtet sie.
Südafrika: Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei unter 10
In der Tat: Südafrika hat derzeit eine Sieben-Tage-Inzidenz von nicht einmal 10 (zum Vergleich: In Deutschland liegt sie bei 444,3), nur in bestimmten Provinzen verändert sich die Lage derzeit akut – dort, wo die Variante B.1.1.529, Omikron genannt, sich verbreitet.
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Kerstin K. ist wie ihr Mann, mit dem sie zusammen unterwegs ist, genesen und geimpft, in Südafrika halte sie sich nicht in Hotels, sondern kleinen Pensionen auf und treffe nur hin und wieder Bekannte – auf Abstand, ohne Umarmungen. „Ich verstehe, dass ein Land zugemacht wird, wenn eine neue Variante auftaucht“, sagt sie. Aber 14 Tage Quarantäne? Das müsste nicht sein, findet sie. „Ein PCR-Test bei Ankunft und eine fünftägige Quarantäne mit einem weiteren Test würde ausreichen“, sagt sie dem RND.
Geplatzter Urlaubstraum: Reise in Südafrika antreten oder nicht?
Kerstin K. und Gisela K. hatten keine Wahl – sie waren schon im Urlaub in Südafrika, als Omikron auftauchte, die Welt reagierte und Südafrika aussperrte. Anders ist das bei Annette K. Sie wäre am heutigen Samstag nach Johannesburg geflogen – eine Reise zur Silberhochzeit hätte es werden sollen. Denn Annette K. hat noch am Freitag storniert. „Wellness statt Whale Watching“, scherzt sie im Gespräch mit dem RND, da es nun wohl spontan an die Ostsee geht. Sie hatte die Reise pauschal gebucht und ohne Verlust stornieren können.
Anders als Urlaubende in Südafrika hat Annette K. die Diskussionen um die neue Variante und die Krisenkommunikation seitens des Auswärtigen Amtes als positiv erlebt. „Die dynamische Entwicklung war überraschend, aber eigentlich absehbar“, sagt sie. Für sie war klar: Jetzt zu fliegen sei verantwortungslos. „Ich kann die Lage vor Ort nicht einschätzen, möchte nicht dort auf ärztliche Hilfe angewiesen sein, möchte nicht dort festsitzen und auch nicht einfach 14 Tage in Quarantäne gehen nach dem Flug.“ Zudem sei die Gefahr der Virusvariantenverschleppung gegeben, „auch bei allen Vorsichtsmaßnahmen.“ Ihre Südafrika-Reise, sie wird sie nachholen.
Urlaub in Südafrika: „Wir haben keine Sekunde an eine Stornierung gedacht“
Evi R. stand vor der gleichen Situation, doch sie hat anders entschieden. Am heutigen Samstagabend geht ihr Flieger. „Wir sind dreifach geimpft, in Südafrika ist dann Sommer, wir leben in einem Ressort und gehen auf keine Versammlungen“, sagt sie dem RND kurz vor Abflug. „Wir haben keine Sekunde an eine Stornierung gedacht.“
In den vergangenen zehn Jahren sei sie oft in Südafrika gewesen, im vergangenen Jahr auch ungeimpft. „Auch da fühlten wir uns die ganze Zeit sicher.“ Sie rechnet mit ein paar Einschränkungen seitens der südafrikanischen Regierung über die Weihnachtstage, wenn auch die Südafrikanerinnen und Südafrikaner gerne Urlaub machen. „Aber wir sind Golfer und werden deshalb eh viel an der frischen Luft sein.“
„In der Quarantäne kann ich mich voll und ganz meinem Hobby widmen“
Vor Quarantäne nach der Rückkehr hat Evi R. keine Angst. „Mein Mann und ich sind im Ruhestand. Und in der Quarantäne kann ich mich voll und ganz meinem Hobby widmen: schneidern.“ Allerdings: Das Paar plant ohnehin, erst im April wieder nach Deutschland zurückzukehren.
Jasmin T. hat noch keine Entscheidung getroffen. „Wir warten die Situation erst einmal ab“, sagt sie. Bis Donnerstag hat sie noch Zeit, dann sollte der Flieger gehen. Finanziell sei es keine Frage, durch eine Versicherung würde sie den gesamten Reisepreis zurückbekommen, vielmehr gehe es darum, den 50. Geburtstag ihres Mannes zu feiern. „Wir möchten eigentlich gerne fliegen. Wenn Südafrika nicht geht, werden wir versuchen, eine andere Destination zu finden“, sagt sie dem RND. Ein wenig Angst hat sie davor, dass Südafrika in der Weihnachtszeit einen Lockdown verhänge und nichts mehr gehe.
Südafrika als Reiseziel bleibt bei Jasmin T. aber auf dem Wunschzettel. „Wir werden die Reise natürlich nachholen. Wir haben so viele tolle Sachen geplant und es war ein Herzenswunsch meines Mannes, zu seinem 50. Geburtstag die Big 5 zu sehen“, sagt sie über eine geplante Safari.
Südafrika-Namibia-Rundreise: „Das Risiko gehe ich ein“
Georg G. verbringt seit vielen Jahren regelmäßig Zeit in Südafrika, seine einstige Partnerin betrieb eine Lodge im berühmten Kruger Nationalpark. Elefanten und Löwen während des Frühstücks zu beobachten – für Georg G. war das Realität. Bis seine Ex-Freundin den Betrieb aufgeben musste, wegen der Corona-Pandemie blieben zu viele Gäste aus, die Kosten waren zu hoch.
„Für uns ist Südafrika jedes Jahr ein Familienurlaub“, sagt er dem RND. Über diesen Jahreswechsel sollte es eine Rundreise werden, mit Gleitschirmfliegen an der malerischen Gardenroute und einem Abstecher in die Namib-Wüste nach Namibia. Wenn möglich, sagt er, wird er fliegen – und auch die geplante Rundreise machen. Da die Infektionszahlen in Südafrika deutlich niedriger sind als in Deutschland, sehe er ein höheres Risiko, sich in Europa zu infizieren. „Quarantäne ist kein Problem für mich, ich bin beruflich nicht gebunden“, sagt er. Nur ein Aufenthalt in einem Quarantänehotel würde schwierig werden. „Aber das Risiko gehe ich ein.“