In beliebten Ländern steigen die Corona-Zahlen: Kann das den Urlaub gefährden?
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Bormes-Les-Mimosas in Frankreich: Badegäste schwimmen am Mittelmeer. Im ganzen Land steigen gerade wieder die Corona-Neuinfektionen.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Nach zwei Jahren voller Corona-Beschränkungen ist in diesem Sommer wieder Urlaub fast ohne Corona-Regeln möglich. Doch anders als in den vergangenen Sommern sinken die Corona-Zahlen 2022 nicht, sondern steigen. Gründe dafür sind abgeschaffte Corona-Maßnahmen und die neue Omikron-Variante BA.5, die sich unter anderem in Deutschland innerhalb weniger Wochen durchgesetzt und momentan die Zahl der Ansteckungen wieder in die Höhe treibt. Gefährdet das erneut die Urlaubssaison?
Corona-Zahlen teils verfünffacht
Im Vergleich zu Ende Mai 2022 haben sich die Corona-Zahlen innerhalb eines Monats in vielen beliebten Urlaubsländern verfünffacht. Lag die Sieben-Tage-Inzidenz in Frankreich am 1. Juni noch bei 189,7 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Einwohnerinnen, beträgt sie nun 1280. In Italien lag der Wert damals bei 220,5, heute bei 1010,3. In Deutschland stehen sich Inzidenzen von 230 zu 690,6 gegenüber und in Österreich von 155,5 zu 771.
Trotz steigender Zahlen sieht Deutschlands Regierung bisher keine Verschärfung der Corona-Regeln für den Sommer vor. Gleichzeitig ist aber auch keine Lockerung der Maskenpflicht in den öffentlichen Verkehrsmitteln wie Busse und Bahnen oder in Flugzeugen vorhergesehen, die für Reisende derzeit die einzigen Corona-Regeln bilden.
Corona-Schnelltests für Reisende kostenpflichtig
Allerdings greift seit dem 30. Juni eine neue Corona-Testverordnung: Kostenlose Bürgertests werden seither auf Menschen mit Symptomen sowie besonders gefährdete Gruppen beschränkt und kosten für alle anderen 3 Euro. Wer also ins Ausland reisen möchte, wo noch Corona-Schnelltests für Ungeimpfte und nicht Genesene bei der Einreise Voraussetzung sind, muss künftig diesen Betrag bei der Urlaubskasse mit einberechnen.
Stark gestiegene Corona-Zahlen: Was planen die Urlaubsländer?
In Europa haben allerdings die meisten Länder keine Testpflicht mehr – nur in Finnland, Frankreich, Malta, Monaco und auf den Azoren müssen Ungeimpfte weiterhin für der Einreise einen Corona-Test, Impf- oder Genesenennachweis vorweisen.
Zypern führt aufgrund der stark gestiegenen Corona-Zahlen ab dem 8. Juli wieder die Maskenpflicht in Innenräumen ein. Lag die Inzidenz Anfang Juni noch bei 189, zähen die Gesundheitsbehörden nun 1214,2 Neuinfektionen pro 100.00 Einwohner und Einwohnerinnen in den vergangenen sieben Tagen.
In Griechenland steigt die Inzidenz ebenfalls: Am 1. Juni lag sie bei 244,6, am 7. Juli steht sie bei 1093,2. Derzeit gilt nur noch in öffentlichen Verkehrsmitteln und in Innenräumen von Fähren sowie Krankenhäuser die Maskenpflicht – ansonsten wurden alle Corona-Regeln abgeschafft. Außerdem wurde jüngst die Corona-Quarantäne für Reisende abgeschafft. Doch wegen der hohen Corona-Zahlen schließt der Präsident des Gesamtgriechischen Ärzteverbandes, Athanassios Exadakytylos, nicht aus, dass die Maskenpflicht bald wieder eingeführt wird, berichtet die „Griechenland Zeitung“. Die Abschaffung der Corona-Maßnahmen soll spätestens am 15. September geprüft werden.
In Frankreich wird trotz steigender Fallzahlen bisher nicht über eine Wiedereinführen von Schutzmaßnahmen diskutiert. Lediglich der Corona-Nachweis bei der Einreise erinnert noch an die Corona-Pandemie – für einen Besuch in Restaurants, Museen und Freizeitparks gilt dies nicht mehr. Auch eine Maske in den öffentlichen Verkehrsmitteln ist nicht mehr nötig.
Italien hat ebenfalls inzwischen fast alle Corona-Restriktionen aufgehoben. Nur in Gesundheitseinrichtungen muss das EU-Zertifikat noch vorgelegt werden. Masken müssen lediglich in öffentlichen Bussen, U-Bahnen und Zügen getragen werden – trotz steigender Corona-Zahlen.
Auch Österreich plant bisher keine Corona-Maßnahmen. Masken- und Testpflicht wurden abgeschafft – nur in Wien müssen Reisende in öffentlichen Verkehrsmitteln weiterhin Mund und Nase bedecken. Ein Corona-Nachweis ist für die Einreise nicht nötig.
Diese Länder haben keine Corona-Regeln – und planen auch keine
Weniger hoch, aber dennoch stark gestiegen sind die Corona-Zahlen zum Beispiel in der Schweiz. Anfang Juni verzeichnete das Land eine Inzidenz von 79,5 , nun sind es 528,3. Viele Menschen lassen sich bei Symptomen zudem gar nicht mehr testen, sodass die Behörden von einer hohen Dunkelziffer ausgehen. Dennoch sind alle Schutzmaßnahmen aufgehoben.
Ähnlich sieht es in den Niederlanden und in Dänemark aus: Corona ist völlig aus dem öffentlichen Leben verschwunden. Holland und die anderen Provinzen des Nachbarlandes verzeichnen insgesamt eine Inzidenz von 229,5 – Anfang Juni lag diese bei 40,6. Da es keinerlei Testpflicht mehr gibt, rechnen die Behörden mit weitaus mehr Fällen und erwarten auch einen weiteren Anstieg. Dennoch sind keine Schutzmaßnahmen geplant. Die Regierung ruft aber dazu auf, die Basisregeln einzuhalten, also: Hände waschen, Abstand halten, gut lüften. Und wer sich infiziert hat, soll zu Hause bleiben.
In Dänemark hat sich die Inzidenz innerhalb eines Monats fast verdreifacht: von 58,3 zu 233,4. Corona-Beschränkungen gibt es aber überhaupt keine. Das Land hatte sich schon Ende Februar als eines der ersten Länder Europas von allen Corona-Beschränkungen freigemacht haben. Der dänische Gesundheitsminister Magnus Heunicke hatte unter anderem mit Blick auf anstehende Festivals versichert, dass überhaupt nicht im Gespräch sei, daran im Sommer etwas zu ändern.
Spanien und Portugal: Weiterhin Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln
Spanien und vor allem die Baleareninsel Mallorca gehören zu den Favoriten deutscher Reisenden. Auch hier gelten fast keine Corona-Auflagen mehr. Selbst Infizierte müssen sich weder testen lassen, noch eine Infektion melden oder gar in Selbstisolation. Die Schutzregeln gelten nur noch für Menschen mit Vorerkrankungen oder ab 60 Jahren. Deshalb gibt es eine Sieben-Tage-Inzidenz auch nur für die über 60-Jährigen. Sie liegt derzeit bei etwas mehr als 300.
In Portugal hingegen schwanken die Corona-Zahlen stark. Lage die Inzidenz am 30. April noch bei 714,4, so erreichte sie am 3. Juni einen Höhepunkt von 2014,4 und befindet sich jetzt bei 632,8. Trotzdem wurden viele Corona-Maßnahmen im Land aufgegeben. Bei der Einreise gilt nur noch auf den Azoren die 3G-Regel: Urlauber und Urlauberinnen müssen also nachweisen, dass sie geimpft, getestet oder genesen sind. Wie in Spanien gilt zudem noch eine Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln. Weitere Einschränkungen bestehen nicht mehr.
Ausblick im Herbst: Masken in Deutschlands Innenräumen?
Derzeit sieht also alles nach einem recht normalen Sommer aus – vorausgesetzt, es bildet sich keine neue Variante heraus, die beispielsweise zu deutlich schwerwiegenderen Verläufen führt als die aktuell vorherrschenden.
Für den Herbst sieht Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach drei Szenarien des Pandemieverlaufs. Im günstigsten Szenario würde eine Corona-Variante mit weniger krank machenden Eigenschaften dominieren, wodurch stärker eingreifende Infektionsschutzmaßnahmen nicht mehr oder nur zum Schutz von Risikopersonen nötig seien. Das wahrscheinlichere sei aber ein mittelschweres Szenario mit einer Zunahme von Infektionen in der gesamten kalten Jahreszeit. Um zu viele Arbeitsausfälle zu vermeiden, könnten erneut in Deutschland flächendeckend Maßnahmen wie Masken und Abstand in Innenräumen und Kontaktreduktion nach regionaler Maßgabe eingeführt werden.
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In Deutschland wurde fast überall die Maskenpflicht abgeschafft – nur in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht. Im Herbst könnte die Pflicht aber auch wieder an anderen Orten gelten.
© Quelle: IMAGO/Bihlmayerfotografie
Beim ungünstigsten Szenario würde eine neue Virusvariante mit erhöhter Krankheitsschwere wieder das Gesundheitssystem schwer belasten, sodass Schutzmaßnahmen wie Maskenpflicht und Abstandsgebot erst wieder im Frühjahr 2023 zurückgefahren würden. Über die Corona-Herbststrategie für Deutschland wollen die Gesundheitsministerinnen und -minister von Bund und Länder am 1. Juli in einer Sondergesundheitsministerkonferenz sprechen.
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RND/bv/dpa