“Die Show endet nie”: Nachruf auf Roy Horn
Ein Bonmot in Las Vegas sagt: “Wenn man im Lexikon die Seite mit dem Suchwort ‘Showman’ aufschlägt, dann findet man ein Foto von Roy.“ Ich kann es (fast) bestätigen. Es war zwar kein Lexikon, aber eine Zeitschrift, die ich mit Siegfried & Roys Manager Bernie Yuman im September 2003 in die Wege leitete. Der Titel? Natürlich „Siegfried & Roy’s Magazine“.
Das deutsche Magier-Duo wurde damals von keinem anderen Stern am Himmel der Spielermetropole überstrahlt. Roy war Feuer und Flamme. Siegfried – wie es seine Natur ist – vorsichtig. Nicht einmal einen Monat später bereitete ausgerechnet Tiger Montecore, der für die Bühnen- und Lebenspartner so etwas wie ein Kind war, dem Traum von Schlagzeilen-Machern am Las Vegas Boulevard den Todesstoß.
Es dauerte Jahre, bis Roy wieder stark genug war, sich in der Öffentlichkeit sehen zu lassen. Was half, waren die Erinnerungen an Deutschland. Als in Las Vegas die US-Filiale vom Hofbräuhaus eröffnet wurde, da ließ Roy – obwohl in Nordenham geboren - keine Gelegenheit aus, um seine Verbundenheit zu zeigen.
Beim ersten Oktoberfest in der Glücksspieler-Metropole stach er mit Siegfried als Ehrengast das erste Fass an und kam danach jedes Jahr wieder. Roy liebte es, so oft es ging mit seinen Fans zu kommunizieren – obwohl ihm das Sprechen seit seinen Schlaganfällen nicht leicht fiel.
Erster Auftritt in Las Vegas 1967
Bis zum abrupten Ende im Oktober 2003 war die Siegfried & Roy Show im „Mirage“ seiner Zeit um Jahre voraus. In den Worten von Hotel-Mogul Steve Wynn: „So etwas, was die auf die Beine gestellt haben, hat es vorher nie gegeben.“ Die mit 30 Millionen Dollar Produktionskosten teuerste Show in Las Vegas wurde der Vorreiter für spätere Mega-Produktionen wie Cirque du Soleil.
Wie wichtig das deutsche Duo für die Stadt und auch die Kollegen war, bewies der Trauer-Tweet von Show-Legende Wayne Newton: „Ich habe Roy und Siegfried am ersten Tag ihrer Ankunft in Las Vegas kennen gelernt. Ich kann nicht in Worte ausdrücken, wie viel Roy für unsere Stadt bedeutet hat …“
Das erste Mal Las Vegas, das war 1967 und ein Gastauftritt im “Folies Bergere” im Tropicana Hotel. Es war der Startschuss für „Siegried & Roy“, die drei Jahre später im „Stardust“-Hotel einen 30-minütigen Neben-Akt bekamen. 1974 bis 1978 zauberten sie im MGM Brand ehe sie dann ihren ersten Hauptakt mit “Beyond Belief” im Frontier Hotel bekamen. 1988 verpflichtete Wynn die Magier Made in Germany für sein neues Hotel „The Mirage“.
Der erste von 5750 Auftritten von „Siegfried & Roy“ stieg 1990 im extra gebauten, 5000 Zuschauer fassenden Theater. Jede Show bis zur letzten am 3. Oktober 2003 war ausverkauft. Was viele nicht wissen: „Siegfried & Roy“ gaben knapp sechs Jahre später noch einmal eine offizielle Abschiedsvorstellung. Die Magier des Jahrhunderts traten am 28. Februar 2009 bei der „Keep Memory Alive Power of Love”-Gala im Bellagio auf, wo sie einen Tiger verschwinden ließen. Es war Montecore.
“Wenn ich vor der Tür bin, dann trete ich auf”
Die letzten 17 Jahre verbrachte das Duo meist auf seinem 40 Hektar großen „Little Bavaria“ (Klein Bayern) -Anwesen. 2013 zeigte Fischbacher einem Reporter der örtlichen Zeitung „Las Vegas Review Journal“ eine Minidarstellung von Roy, wie er mit Montecore das erste Mal im Mirage aufgetreten war. Dazu spielte er einen Song mit dem Titel „Meditation“, der Lieblingssong von Roy. Den hatte Siegfried 2003 für seinen Partner gespielt, als dieser auf der Intensivstation mit seinem Leben kämpfte.
„Der Kämpfer Roy“ – O-Ton Fischbacher – ließ es sich trotz aller gesundheitlichen Einschränkungen nicht nehmen, seine Fans im Siegfried & Roy’s Secret Garden Tiger-Habitat im „The Mirage“-Hotel zu überraschen. Zuletzt bei seinem 74. Geburtstag, den er mit seinen geliebten Tigern feierte und noch einmal allen sein Lebensmotto erklärte: „Wenn ich vor der Tür bin, dann trete ich auf. Die Show endet nie!“ Jetzt ist der Vorhang für den „Showman“ zwar gefallen, doch die Legende von Siegfried & Roy wird immer ein Teil der Las Vegas Historie bleiben.