Anklage hält Boris Becker für schuldig – bis zu sieben Jahre Haft drohen
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Boris Becker kommt am Southwark Crown Court in London an.
© Quelle: IMAGO/ZUMA Wire
London. Im Londoner Strafprozess gegen Boris Becker ist die Anklage von der Schuld des deutschen Ex-Tennisstars überzeugt. „Das einzige Urteil, zu dem Sie in jedem Anklagepunkt kommen können, ist: ‚schuldig‘“, sagte Staatsanwältin Rebecca Chalkley am Dienstag in ihrem Schlusswort an die Geschworenen gerichtet. Ein konkretes Strafmaß forderte sie – wie in Großbritannien üblich – nicht. Zunächst muss die Jury über die Schuldfrage entscheiden, danach legt die Richterin das Strafmaß fest. Theoretisch könnten Becker bis zu sieben Jahre Haft drohen. Beckers Anwalt bat die Jury anschließend um Nachsicht: Der ehemalige Tennisstar sei „hoffnungslos“ mit Geld.
Becker habe absichtlich seinem Insolvenzverwalter nicht seine gesamten Wertgegenstände offengelegt, sagte Chalkley. „Es ist nicht plausibel, dass Herr Becker nicht weiß, wo seine Trophäen sind.“ Der 54-Jährige habe zudem vorsätzlich mehrere Konten verschwiegen oder den Besitz von Immobilien verneint. Becker hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und betont, er sei falsch beraten worden. Selbst habe er keine Ahnung von finanziellen Dingen gehabt.
„Boris Becker versucht, allen die Schuld zu geben für die Nichtangabe: seinen Beratern, seinen Anwälten, sogar (seinen Insolvenzverwaltern) – dafür, dass sie nicht die richtigen Fragen gestellt haben“, sagte Chalkley. „Er wusste, dass er in der Pflicht (zur Angabe) war und nicht seine Berater.“ Nicht ein Berater habe vor Gericht eine Mitschuld eingestanden, nicht ein Dokument lege eine solche Sicht nahe, sagte die Staatsanwältin. Becker habe zudem nicht einmal bei seinen Insolvenzverwaltern nachgefragt, ob er Dinge angeben müsse. „Es gibt nur eine Konstante in diesem Fall, das ist der Mann mit dem Wissen“, sagte Chalkley. Dies sei Becker.
Anwalt bittet Jury um Nachsicht: Becker ist „hoffnungslos“ mit Geld
Beckers Anwalt forderte die Geschworenen dagegen im Anschluss an die Ausführungen der Staatsanwältin auf, die besonderen Umstände des Ex-Tennisstars zu berücksichtigen. „Ich kann mir niemanden vorstellen, der ein Leben wie er geführt hat“, sagte Verteidiger Jonathan Laidlaw in seinen Schlussworten. Es sei ein ungewöhnliches Leben. Wenn er oder die Geschworenen angäben, keine Kenntnis von Konten oder Immobilien zu haben, würde dieser Aussage sicher nicht geglaubt, sagte Laidlaw. Bei Becker aber sei dies anders: „Seine Umstände wären anders als unsere.“
Prozessauftakt gegen Boris Becker: Es drohen bis zu sieben Jahre Haft
Am Montag startete in London der Prozess gegen Boris Becker – für den ehemaligen Tennis-Profi geht es um sehr viel.
© Quelle: Reuters
Laidlaw wies darauf hin, dass Becker als 17-Jähriger erstmals das wichtige Tennisturnier in Wimbledon gewann und dass dieser Erfolg ihn auf einen Schlag ins Rampenlicht katapultierte. „Dieser Sieg von 1985 hat sein Leben verändert.“ Die plötzliche Bekanntheit und das neue Vermögen hätten allerlei Berater angezogen, sagte Laidlaw. Er sagte über Becker: „Manchmal mag er zu vertrauensselig gewesen sein oder zu abhängig von diesem Rat.“ Der Sportler sei oft zu beschäftigt gewesen, manchmal auch zu faul, um sich um finanzielle Fragen zu kümmern. „Dieser Mann ist hoffnungslos mit Geld.“
Becker habe den Eindruck, dass er besser hätte beraten werden können, sagte Laidlaw. Es sei aber kein Verbrechen, nicht auf Rat zu hören oder schlecht beraten zu werden.
RND/dpa