„Wertvolle Zeit verschenkt“: Experten bemängeln Versäumnisse bei Flutwarnung im Ahrtal
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Eine zerstörte Eisenbahnbrücke in Altenahr nach der Flutkatastrophe vom 14. und 15. Juli 2021.
© Quelle: imago images/Reiner Zensen
Infolge der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal wird die Kritik am Krisenmanagement des Landkreises lauter. Wie das Nachrichtenmagazin „Spiegel” in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, wirft der Krisenexperte Frank Roselieb aus Kiel dem Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), vor, wertvolle Zeit verschenkt zu haben.
Roselieb berät Kommunen und Verbände im Katastrophenmanagement und sagt, dass in dieser Zeit Menschen in Sicherheit hätten gebracht werden können. Am Anfang sei es gut gelaufen, konstatierte Roselieb, dann müsse aber „etwas passiert sein, das das Krisenmanagement aus der Bahn geworfen hat”. Seine Forderung: Pföhler müsse endlich darlegen, „auf welcher Grundlage welche Entscheidungen in der Flutnacht getroffen wurden”.
Zudem wird Kritik an der „Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion” aus Rheinland-Pfalz laut. Die Mainzer Verwaltungsrechtsprofessorin Elke Gurlit sagt, dass für die Direktion kurzfristig die Möglichkeit bestand, „eine Anordnung zu treffen – und notfalls selbst einschreiten zu können”.
Das Landesamt für Umwelt meldete viertelstündlich Pegelstände
Der „Spiegel” schreibt, dass das für Hochwassermeldungen zuständige Landesamt für Umwelt in Mainz am 14. Juli alle 15 Minuten die aktuellen Pegelstände und alle drei Stunden Prognosen veröffentlichte, wie die Pegel sich voraussichtlich entwickeln würden.
Bereits um 15.26 Uhr kam das Amt demnach auf ein Maximum von 5,19 Meter – also anderthalb Meter höher als das Hochwasser von 2016. Wenige Stunden später – um 19.57 Uhr – wurden bereits 6,81 Meter errechnet: Ein Wert, der fast doppelt so hoch war wie 2016. Der Wasserstand stieg aber weiter, wie das Amt in Mainz alle 15 Minuten meldete. Um etwa 21 Uhr lag die Berechnung bei 6,92 Meter.
Der Krisenstab des Kreises Ahrweiler hätte das nahezu in Echtzeit verfolgen können, berichtet der „Spiegel”. Um etwa 23 Uhr löste der Krisenstab die höchste Alarmstufe aus und begann mit Evakuierungen – über drei Stunden nachdem erstmals knapp sieben Meter vorhergesagt worden waren.
Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft Koblenz ein Ermittlungsverfahren gegen den Landrat des Kreises Ahrweiler eingeleitet. Es geht um den Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz. 141 Menschen sind im Zuge der Flutkatastrophe ums Leben gekommen.
RND/sic