Wer Anne Spiegel im Familienministerium folgen könnte
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Anne Spiegel (Bündnis 90/Die Grünen) ist von ihrem Amt als Bundesfamilienministerin zurückgetreten.
© Quelle: Fabian Sommer/dpa
Berlin. In der Frage, wer künftig für die Grünen das Familienministerium führen soll, gab sich Parteichefin Ricarda Lang am Montagnachmittag schmallippig. „Zeitnah“, sagte sie nur, solle die Entscheidung fallen. Man bitte um „Verständnis“, sagte sie am Rande der Vorstandsklausur in schleswig-holsteinischen Husum, wo in knapp drei Wochen Landtagswahlen stattfinden. Der zwingend gewordene Rücktritt von Anne Spiegel hat bei den Grünen Erschütterung ausgelöst.
Neubesetzung ist für Partei nicht ohne Risiko
Die nun fällige Neubesetzung des Familienministeriums ist für die Partei nicht ohne Risiko – hatte sich der Führungszirkel der Grünen Ende vergangenen Jahres doch fast zerlegt, als es darum ging, fünf Ministerien zu verteilen. Damals brachen die alten Kämpfe zwischen Parteilinken und Realos wieder auf. Vor allem intern im linken Flügel ging es rund. Am Ende wurde der Streit hässlich auf offener Bühne ausgetragen. Hinten runter fielen damals die beiden früheren Fraktionsvorsitzenden, Katrin Göring-Eckardt, die dann mit dem Posten der Bundestagsvizepräsidentin abgefunden wurde, und Anton Hofreiter, der daraufhin für sich den Vorsitz des Europa-Ausschusses im Bundestag reklamierte.
Beide passten damals nicht in den Parteiproporz. Gesucht war eine Frau vom linken Parteiflügel. Göring-Eckardt aber wird dem Realo-Flügel zugerechnet. Dabei wäre sie keine schlechte Wahl. Sie ist Expertin für Sozial- und Familienpolitik. Das Konzept gegen Kinderarmut, das die Grünen bei den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt haben, stammt von ihr. Schaut man auf fachliche Expertise, wäre auch die Staatssekretärin im Familienministerium, Ekin Deligöz, eine Option. Aber auch sie zählt zum Realo-Flügel. Sven Lehmann, Grüner aus NRW und ebenfalls Staatssekretär im Familienministerium, gehört zwar zum linken Flügel, aber er ist eben ein Mann.
Kommt Hofreiter zum Zug?
Die Frage ist, ob die Grünen an ihrem Prinzip festhalten, dass zwingend erneut eine Frau vom linken Flügel ins Kabinett rücken muss. Wenn es auch ein Mann sein dürfte, der das fünfte Ministerium für die Grünen besetzt, dann könnte doch noch der Biologe Hofreiter zum Zuge kommen. Möglich wäre in einem solchen Fall auch ein Rochade, wonach der Parteilinke Hofreiter Landwirtschaftsminister wird und Özdemir ins Familienministerium wechselt.
Allerdings wird die Neigung der Grünen nicht groß sein, nun doch noch Hofreiter zum Zuge kommen zu lassen. Mit seinen Forderungen nach einem Energieembargo gegen Putin macht er Wirtschaftsminister Robert Habeck das Leben schwer. Auch sonst ist er inzwischen vor allem auf eigenem Ticket unterwegs.
Suchen die Grünen also tatsächlich erneut ausschließlich nach einer linken Frau, wird niemand von der Parteiprominenz ins Kabinett aufsteigen können. Es sei denn, es gibt eine Überraschungslösung: Die prominenteste Grünen-Abgeordnete im Familienausschuss des Bundestags ist Ricarda Lang, die Parteichefin. Bei ihr läge die Betonung des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vor allem im frauenpolitischen Bereich.