Habecks Sonderlob für Scholz: wenn sich der Vizekanzler um den Koalitionsfrieden bemüht
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Lobte Olaf Scholz ausdrücklich: Vizekanzler Robert Habeck.
© Quelle: Getty Images
Meseberg. Es klingt beinahe wie eine Entschuldigung, was Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck sagt. Und es lässt tief blicken, wie sehr es in der Ampelkoalition brodelt. Genauer gesagt zwischen SPD und Grünen. FDP-Finanzminister Christian Lindner strahlt schon die ganze Zeit, als sie am Mittwoch zu dritt mit Bundeskanzler Olaf Scholz vor Schloss Meseberg stehen und über die Ergebnisse der Kabinettsklausur berichten – von denen es wenige gibt. Es wurde eine neue Strategie zur Beschleunigung der Digitalisierung bis 2025 beschlossen und eine nationale Sicherheitsstrategie auf den Weg gebracht. Zum geplanten dritten Entlastungspaket gibt es nur schöne Worte.
Die Frage, ob von Schloss Meseberg das Signal zum Neuanfang der Ampelkoalition nach dem Vorwurf aus der Grünen-Fraktionsspitze ausgehe, der Kanzler habe Erinnerungslücken im Cum-ex-Steuerskandal und mache eine „schlechte Performance“, richtet sich eigentlich an Scholz. Aber es antwortet Habeck. „Diese Klausur hat noch einmal mehr gezeigt“, sagt er, „wie gut es ist, dass Olaf Scholz diese Regierung führt“. Er spreche da für „das gesamte Kabinett“, „für die Grünen-Kabinettsmitglieder“ und „für mich persönlich allemal“. Habeck betont: „Mit seiner Erfahrung, mit seiner Umsicht, mit seiner Ruhe führt er dieses Land sicher durch und ich bin froh, dass es genauso ist.“
Habecks Lob für Scholz: „Wie gut es ist, dass Olaf Scholz diese Regierung führt“
Damit will Habeck den Unmut in seiner Fraktion und deren Vizevorsitzenden Konstantin von Notz einkassieren, der wiederum Habeck hatte verteidigen wollen gegen SPD-Chef Lars Klingbeil, der diesem viele schöne Worte und wenig Substanz attestiert hatte. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese hatte über das „Prinzip Habeck“ sogar geätzt: „Auftritte filmreif, handwerkliche Umsetzung bedenklich und am Ende zahlt der Bürger drauf.“
Scholz hört Habeck jetzt gern zu und Lindner wird die rot-grünen Gemeinheiten auf die Frage, ob es auch mal schön sei, wenn die anderen streiten, gleich als „öffentlichen Austausch“ herunterspielen. Da nennt Habeck die Frage an Lindner schon eine „negative Dialektik“. Der Philosoph Theodor W. Adorno hatte 1966 ein Werk unter gleichnamigem Titel veröffentlicht. Es gehört zu seinen schwierigeren Texten.
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Putin und das Gas: Er drückt wieder den Angstknopf
Erneut setzt Russland die ohnehin schon gedrosselten Gaslieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 ganz aus. Für ein paar Tage nur, versichert Moskau. Doch in Deutschland und Europa wächst die Sorge, dass die Energieversorgung ins Wanken gerät. Dabei hat der Kremlherr nicht alles in der Hand.
Die Beschlüsse zum dritten Entlastungspaket, auf die alle im Land warten, kann das Kabinett nicht alleine machen, dafür ist ein Koalitionsausschuss nötig. Die Spitzen der Parteien und Fraktionen der Regierung wollen mitreden. Voraussichtlich am Wochenende. Am nächsten Dienstag beginnen die Beratungen im Parlament über den Haushalt 2023. Bis dahin soll es Klarheit geben.
Die Sorge der Regierung vor Unruhen im Land ist groß
Scholz erklärt: „Wir arbeiten am großen Bauwerk, und die Architektur dieses Bauwerks hängt eben von allen Einzelteilen ab, die aber nur zusammen eine gute Konstruktion ergeben.“ Deshalb dauere es noch ein paar Tage. Der Kanzler wiederholt sein Mantra, dass Deutschland gut durch die Krise kommen werde.
Bundeskanzler Olaf Scholz würdigt „mutigen Reformer“ Gorbatschow
Während der Kabinettsklausur in Meseberg hat Bundeskanzler Olaf Scholz den verstorbenen letzten Staatschef der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, gewürdigt.
© Quelle: Reuters
Die Sorge in der Regierung vor Unruhe im Land, die von Extremisten und Querdenkern geschürt werden könnte, ist groß. Habeck weist selbst darauf hin, dass angesichts der hohen Energiepreise auch in vielen Firmen in Industrie, Handwerk und Mittelstand die „schiere Angst“ umgehe. Lindner kündigt immerhin ein „wuchtiges“ Paket an. Er spricht von finanziellen Spielräumen im laufenden Jahr im Umfang von einer einstelligen Milliardensumme und 2023 von einer zweistelligen Milliardensumme. Der Sender N-TV berichtet über 40 Milliarden Euro für das nächste Entlastungspaket.
SPD und Grüne wollen eine Übergewinnsteuer – die FDP ist dagegen
SPD und Grüne plädieren zur Finanzierung für eine Übergewinnsteuer, was Lindner ablehnt. Er will lieber den „Rendite-Autopiloten“ angehen, der durch Spekulationen an den Strommärkten dazu führe, dass es bei steigenden Gaspreisen automatisch auch zu steigenden Strompreisen und zu Extragewinnen bei Anbietern des eigentlich günstigen Ökostroms komme.
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Offen ist auch, ob es bei den jetzigen Plänen der Gasumlage bleibt oder der Energiepreis für einen bestimmten Prozentsatz des Grundbedarfs staatlich gedeckelt wird. Als sicher erscheint dagegen, dass es ein Anschlussangebot zum ausgelaufenen 9-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr geben wird, wenn auch im deutlich zweistelligen Eurobereich.
Was die Performance betrifft, versichert Scholz noch: „Die Regierung arbeitet sehr gut zusammen.“ Das habe man in Meseberg „sinnlich“ erfahren können. Jetzt kommt es noch auf die Koalition an.
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