Was Günthers Erfolg für die Bundespolitik bedeutet
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CDU-Chef Friedrich Merz hat allen Grund zur Freude.
© Quelle: IMAGO/Revierfoto
Berlin. Der größte Trumpf der CDU war ohne Zweifel ihr Chef. Als Ministerpräsident war Daniel Günther beliebt wie kaum ein anderer Regierungschef in Deutschland. Das spiegelt sich nun in den starken Wahlergebnissen der CDU wider, die als fulminanter Sieger aus der Landtagswahl in Schleswig-Holstein hervorgeht. „Die Wähler haben eine eindeutige Entscheidung getroffen: Der Wahlsieger an diesem Abend ist die CDU, sind wir“, triumphierte Günther Sonntagabend auf der Wahlparty seiner Partei.
Es ist ein Signal, das auch weit über den Norden strahlen kann. Das jedenfalls ist die Hoffnung der Bundes-CDU und ihres Chefs Friedrich Merz. „Es zeigt sich, CDU-geführte Regierungen setzen die richtigen Prioritäten“, sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja nach Bekanntgabe der Prognose. „Jamaika hat Schleswig-Holstein vorangebracht.“
Günthers Koalition mit Grünen und FDP wird als erfolgreich beurteilt. Geräuschlos und geschlossen hatte sie regiert – trotz großer politischer Differenzen. Günther hatte im Wahlkampf stets betont, Jamaika fortführen zu wollen. Doch ein Dreierbündnis ist aufgrund des starken Abschneidens der CDU wohlmöglich gar nicht mehr nötig.
Die Kompetenz für das wahlbestimmende Thema Energiewende infolge des Krieges in der Ukraine verorteten die Wählerinnen und Wähler vor allem bei CDU und Grünen. Letztere haben unter Spitzenkandidatin Monika Heinold ebenfalls stark zugelegt. Der SPD und ihrem Spitzenkandidaten Thomas Losse-Müller war es schwergefallen, sich zu profilieren. Weit abgeschlagen hinter der CDU sind die Sozialdemokraten gelandet. Für Losse-Müller ist klar: „Wir haben es nicht geschafft, unsere Themen wirklich zu setzen.“
Es ist kompliziert: Günther und sein Chef
Günther ist nach der Niederlage von Tobias Hans im Saarland einer der letzten jungen Hoffnungsträger in der CDU. Dabei ist das Verhältnis von Merz und Günther kompliziert: Der Schleswig-Holsteiner galt jahrelang als Merz-Skeptiker, stützte den Kurs von Angela Merkel und wird zum liberalen Lager gezählt. Doch seitdem Merz den Posten des CDU-Chefs innehat, haben beide wohl auch aus Vernunft ihre Differenzen beiseitegeschoben.
Die Bundes-CDU hatte sich aus dem Wahlkampf an der Küste weitgehend herausgehalten. Zu Wahlkampfauftritten waren Parteichef Merz und Generalsekretär Czaja kaum gekommen. Wohl auch, weil das in Schleswig-Holstein so gewünscht war: Der Wahlkampf war voll auf Günther und die Herausforderungen an der Förde ausgerichtet. In Schleswig-Holstein habe eine moderne, zukunftsgerichtete CDU klar gewonnen, unterstrich die CDU-Vizevorsitzende und schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien in der ARD. Das sei ordentlich Rückenwind für Nordrhein-Westfalen.
Den hat auch Merz fest eingeplant. Denn für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen in einer Woche ist dieser Rückenwind nötig. In NRW sieht es nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU-Amtsinhaber Hendrik Wüst und SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty aus. Bei der letzten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen vom 6. Mai für das ZDF lag die CDU bei 30 Prozent und die SPD bei 28 Prozent.
Jamaika und das Laschet-Trauma
Ein weiterer Wunsch im Konrad-Adenauer-Haus: Jamaika soll in den Augen der Wählerinnen und Wähler wieder eine ernsthafte Option sein. Nach der schlechten Performance des CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet zur Bundestagswahl 2021 war ein unionsgeführtes Bündnis mit Grünen und FDP auf Bundesebene in weite Ferne gerückt. Doch so langsam erholt sich die CDU vom Schreck der Bundestagswahl: Auch in bundesweiten Umfragen sieht es für die Christdemokraten besser aus als noch vor einigen Monaten. Merz konnte sich zuletzt im Bund durch seine Reise nach Kiew profilieren. Er war der erste ranghohe Politiker aus Deutschland, der die Ukraine besuchte. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steht unter Druck, wie auch die einbrechenden Umfragewerte der SPD zeigen.
Auch deswegen hatte die SPD sich mit der Wahl in Schleswig-Holstein eine Stärkung ihrer Macht erhofft – vor allem im Bundesrat. Mit dem Sieg von Anke Rehlinger (SPD) im Saarland hatte das noch funktioniert. Mit einem weiteren SPD-Ministerpräsidenten im Bundesrat wäre es für die Ampel leichter, ihre Vorhaben umzusetzen. Im Wahlkampf im Norden hatte sich jedoch schnell abgezeichnet, dass Losse-Müller keine überregionale Bekanntheit erlangt.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte am Sonntagabend in der ARD: „Das ist kein schöner Abend.“ Aber: „Das hatte sich angedeutet. Hier hat der Effekt durchgeschlagen, den wir jetzt von vielen Landtagswahlen kennen: Ein sehr beliebter Amtsinhaber.“ Jetzt gehe der Blick nach vorne. „Nächste Woche steht Nordrhein-Westfalen an, dort gibt es keinen beliebten Amtsinhaber, sondern ein komplett offenes Rennen zwischen CDU und SPD“, so Kühnert.
Dieser Wahlsieg werde noch einmal gewaltigen Rückenwind für Hendrik Wüst und die NRW-CDU geben, unterstrich auch der Erste parlamentarische Geschäftsführer der Unionsbundestagsfraktion, Thorsten Frei, im RND-Interview. Das sei genau das, was die CDU jetzt brauche und „deswegen bin ich sehr zuversichtlich, dass dieser Rückenwind jetzt auch genutzt werden kann“.
Für beide Parteien gilt jetzt: Nach der Wahl ist vor der Wahl.