Wahlrechtsreform: CSU-Chef Söder sieht große Erfolgschancen für Verfassungsbeschwerde
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CSU-Chef Markus Söder hält eine Verfassungsbeschwerde gegen das von der Ampel geplante neue Wahlrecht für unausweichlich.
© Quelle: Peter Kneffel/dpa
Berlin. CSU-Chef Markus Söder hält eine Verfassungsbeschwerde gegen das von der Ampel geplante neue Wahlrecht für unausweichlich. Bayern werde „auf jeden Fall“ vor das Verfassungsgericht in Karlsruhe ziehen, sagte der bayerische Ministerpräsident am Donnerstag in Berlin. Er gehe davon aus, dass eine solche Klage große Aussicht auf Erfolg habe. Die Ampel-Koalition will das von ihr geplante neue Wahlrecht an diesem Freitag gegen den Protest von Union und Linkspartei mit ihrer Mehrheit beschließen.
Durch die Reform wird der auf 736 Abgeordnete angewachsene Bundestag bei der nächsten Wahl wieder auf 630 Mandate verkleinert. Zentral ist, dass es künftig keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr geben wird. Gestrichen wird auch die sogenannte Grundmandatsklausel. Sie bewirkt, dass eine Partei auch dann nach ihrem Zweitstimmenergebnis in den Bundestag einzieht, wenn sie zwar die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt, aber mindestens drei Direktmandate gewonnen hat.
CSU erreichte bei der Bundestagswahl 2021 nur 5,2 Prozent
Auf diese Weise wäre die Linke heute nicht im Bundestag vertreten, weil sie bei der Bundestagswahl 2021 nur 4,9 Prozent der Zweitstimmen holte. Die CSU kam bundesweit auf ihr historisch schlechtestes Ergebnis von 5,2 Prozent. Wäre sie unter die Fünf-Prozent-Hürde gerutscht, hätte sie nach dem neuen Modell keines der 45 errungenen Direktmandate bekommen.
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Söder sagte, die CSU sei „nicht in Panik, doch empört“. Es sei einmalig, dass sich eine politische Mehrheit eine neue Mehrheit zimmere. Dies sei ein gezielter, parteipolitisch motivierter Eingriff in das Wahlverfahren und ein schwerer staatspolitische Fehler. Er habe den Eindruck, die Ampel wolle sich dauerhaft eine Mehrheit sichern und kritische Stimmen mundtot machen. „Natürlich ist das verfassungswidrig“, sagte Söder. „Auf diesem Wahlrecht liegt kein demokratischer Segen.“ Seiner Partei werde dieses Vorgehen eher Unterstützung bringen. Söder sagte voraus, das Wahlrecht werde künftig nach jeder Wahlperiode bei neuen Mehrheiten geändert werden.
Söder wirft Scholz bei Migration zu langes Nichtstun vor
Zudem äußerte Söder am Donnerstag vor einem Treffen der Regierungschefs und -chefinnen der Bundesländer in Berlin Kritik an der Asyl- und Migrationspolitik von Kanzler Olaf Scholz (SPD). Angesichts der Rufe der Länder und Kommunen nach mehr Hilfe bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen hielt der bayerische Ministerpräsident Scholz monatelanges Nichtstun vor. „Ist das das Deutschlandtempo des Kanzlers? Seit Monaten bitten wir um Unterstützung, seit Monaten ist nichts passiert“, kritisierte der CSU-Vorsitzende. Man habe sich in Berlin zu lange vor dem Thema gedrückt. „Die Länder, auch Bayern, sagen Ja zur Hilfe, aber Nein zur Überforderung der Kommunen.“
Söder forderte „100 Prozent mehr Geld“, die Länder hätten in den vergangenen Jahren bei der Migration eine Verdoppelung der Ausgaben gehabt. Nötig sei eine Steuerung der Zuwanderung, deutsche Sonderwege und Alleingänge bei dem Thema würde nicht helfen.
Die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) berät an diesem Donnerstag in Berlin unter anderem über die Aufteilung der Kosten, die aus der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen entstehen. Die MPK findet ohne den Bund statt. Ein Bund-Länder-Gipfel mit Kanzler Scholz zu entsprechenden Finanzierungsfragen ist für den 10. Mai geplant. Sowohl aus der SPD als auch aus der Union kommen Rufe, der Bund müsse mehr Geld für die Aufnahme von Flüchtlingen bereitstellen.
RND/dpa