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Wahlergebnis verdoppelt: Grüne feiern – und bedauern

Grüne-Bundeschefin Annalena Baerbock (r) und die Hamburger Spitzenkandidatin Katharina Fegebank

Grüne-Bundeschefin Annalena Baerbock (r) und die Hamburger Spitzenkandidatin Katharina Fegebank

Bei den Hamburger Grünen ist die Freude über das eigene Abschneiden bei der Bürgerschaftswahl groß.

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Noch größer aber ist der Jubel über die Zitterpartie der AfD. “Nazis raus!”, schallt es im Musikclub “Knust”, wo die Grünen am Sonntagabend feiern. Spitzenkandidatin Katharina Fegebank findet Gefallen am Sprechchor. “Weil es eben so schön war, noch mal: „Nazis raus!”, ruft sie in die Menge, nachdem sie die Bühne betreten hat.

Fegebank ordnet den Wahlerfolg der Grünen gleich mal historisch ein. “Wenn es dabei bleiben sollte, ist es das beste Ergebnis, das grüne jemals bei einer Landtagswahl geholt haben”, sagt sie – schränkt aber umgehend ein: “Nach Winfried”. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte 2016 die 30-Prozent-Marke geknackt.

Kretschmann hatte einen Wunsch. Er wolle, verriet er beim Bundesparteitag der Grünen letztes Jahr in Bielefeld, nicht mehr der einzige Grüne bei Ministerpräsidentenkonferenzen sein. Der Wunsch war an Fegebank gerichtet, Wissenschaftssenatorin in Hamburg und Spitzenkandidatin der Hamburger Grünen. Fegebank machte sich ihn zueigen und strebte an, den Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) abzulösen.

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Hamburg: Grüne in Umfragen vor Wahl gleich auf mit SPD

Damals, im November, schien die Aussicht auf eine zweite Grünen-Länderchefin keineswegs unrealistisch. Umfragen verorteten die Hamburger Grünen gleichauf mit der SPD, eine Erhebung sah die Grünen sogar ganz vorne. Beflügelt von ihren jüngsten Erfolgen – stärkste Kraft bei der Europawahl im Mai, Gewinner der Hamburger Bezirkswahl – erschien es den Hamburger Grünen nur folgerichtig, Anspruch auf die Führung in der Hansestadt zu erheben.

Doch wie so oft in der Grünen-Geschichte schmolzen die guten Umfragewerte der Grünen auch in Hamburg ab, je näher der Wahltermin rückte. Die SPD berappelte sich, Wähler von Union und FDP wandten sich nach dem Debakel der Thüringer Ministerpräsidentenwahl den bürgerlichen Hamburger Sozialdemokraten zu. Und die Grünen machten Fehler.

Nachdem ihre Vision von einer “autofreien Innenstadt” viele Hamburger verschreckte, stuften die Grünen ihren Vorstoß herunter: Fegebank sprach nun von einer “autoarmen Innenstadt”. Und als die Grünen-Forderung nach einer Lockerung des Vermummungsverbots den Grünen Kritik aus Polizeikreisen eintrug, strichen sie sie einfach aus ihrem Repertoire.

Beides sollte Kompromissbereitschaft ausstrahlen und die Partei als Kraft von Maß und Mitte positionieren. Doch der Effekt war ein anderer: Die einen warfen den Grünen vor, bereits bei leichter Brise einzuknicken. Die anderen sahen sich in ihrem Verdacht bestätigt, die Ökos würden, wenn sie nur könnten, radikale Politik betreiben.

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Grünen-Spitze versuchte hohe Erwartungen zu dämpfen

Ihr Ziel, Erste Bürgermeisterin zu werden, hat Fegebank klar verfehlt. Am Sonntagabend steht sie dennoch zu ihrer Entscheidung, als Spitzenkandidatin anzutreten. “Ich bin immer noch absolut davon überzeugt, dass es richtig war. Denn auf uns war der Fokus”, sagt sie.

Auch Grünen-Chefin Annalena Baerbock ist zum Feiern nach Hamburg gekommen. Baerbock gratuliert Fegebank und den Hamburger Grünen, sie könnten stolz aufeinander sein. Sie dankt den vielen Wahlkampfhelfern für ihren Einsatz – aus dem ganzen Bundesgebiet reisten Grüne an, um in der Hansestadt für Fegebank zu trommeln.

Die Grünen-Spitze war zuletzt darum bemüht, die hohen Erwartungen an die Hamburger Grünen zu dämpfen. Als der Rückstand zur SPD war uneinholbar schien, versuchte man den Fokus auf das Ziel der Verdoppelung des Wahlergebnisses von 2015 zu lenken – und nicht mehr auf die Eroberung des Regierungsamts von SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher. Und so spricht Parteichefin Baerbock am Sonntagabend denn auch von einem “sensationellen Ergebnis”.

Hamburg-Wahl soll grüne Erfolgsgeschichte fortschreiben

Nach den aus Grünen-Sicht mäßig bis schlecht gelaufenen drei Landtagswahlen im vergangenen Herbst in Ostdeutschland soll der Hamburger Wahlausgang die grüne Erfolgsgeschichte fortschreiben. Hamburg soll eine Zwischenetappe auf dem Weg der Grünen in die Bundesregierung markieren. Die Grünen sind jetzt, da die anderen Mitte-Parteien ins Straucheln gekommen sind, auf Optimismus getrimmt. Grünen-Chefin Baerbock verordnet am Sonntagabend gute Laune: “Party für heute Abend!”

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