Während Lawrow-Rede im UN-Menschenrechtsrat: Dutzende Länder verlassen den Saal
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Botschafter und Diplomaten verlassen den Saal, während Sergej Lawrow (auf dem Bildschirm), Außenminister von Russland, mit einer aufgezeichneten Videobotschaft zur 49. Sitzung des UN-Menschenrechtsrats am europäischen Hauptsitz der Vereinten Nationen spricht.
© Quelle: Salvatore Di Nolfi/KEYSTONE/dpa
Genf. Aus Protest gegen den russischen Krieg in der Ukraine haben Diplomaten in Genf vor der Rede des russischen Außenministers Sergej Lawrow den Saal des UN-Menschenrechtsrats verlassen. An der vorab koordinierten Aktion waren die deutsche Botschafterin Katharina Stasch sowie Dutzende weitere Delegationen beteiligt.
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„Der Menschenrechtsrat darf nicht als Plattform für Desinformation missbraucht werden“, sagte Stasch anschließend. „Die grotesken Behauptungen von Außenminister Lawrow müssen als das bloßgestellt werden, was sie sind: eine zynische Verdrehung der Tatsachen.“
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Lawrow wirft der Ukraine Atom-Ambitionen und eine Bedrohung der internationalen Sicherheit vor.
© Quelle: Fabrice Coffrini/KEYSTONE/dpa
Lawrow: Ukrainische Regierung will ihr Land in ein „Anti-Russland“ verwandeln
Lawrow, der per Videolink zugeschaltet war, verlas eine lange Erklärung, in der er den Angriff auf die Ukraine mit Menschenrechtsverletzungen auf ukrainischer Seite rechtfertigte. Er wollte zunächst persönlich an der Sitzung teilnehmen. Die Reise wurde dann mit Verweis auf die Sperrung des europäischen Luftraums für russische Maschinen abgesagt. Der Menschenrechtsrat hatte am Montag mit seiner regulären Frühjahrssitzung begonnen.
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In seiner Rede warf Lawrow der Ukraine jahrelange Terrorisierung Angehöriger der russischen Minderheit vor. Ihre Menschenrechte seien auf vielfältige Weise verletzt worden. Der Westen habe nicht nur zugeschaut, sondern dies unterstützt. Er erwähnte mehrfach die USA, Kanada und die Europäische Union. Seit Mitte Februar seien mehr als 100.000 Menschen aus der Region Donbass nach Russland geflohen.
Die Regierung in Kiew wolle ihr Land in ein „Anti-Russland“ verwandeln, „um dem Westen zu gefallen“, sagte Lawrow nach der englischen UN-Übersetzung seiner Rede. Die westlichen Länder seien „besessen“ von Sanktionen, die Lawrow als illegal bezeichnete. Sie zielten nach seiner Darstellung auf das normale Volk ab. „Der Westen hat eindeutig die Kontrolle über sich selbst verloren, weil er seine Wut an Russland auslassen will“, sagte Lawrow laut Übersetzerin.
Vorwurf Russlands: Ukraine will eigene Atomwaffen nutzen
Lawrow warf der Ukraine außerdem eine Bedrohung der internationalen Sicherheit vor. Die Regierung in Kiew wolle eigene Atomwaffen, sagte Lawrow. Auf dem ukrainischen Territorium befänden sich noch sowjetische Nukleartechnologie und die Mittel, so bestückte Waffen abzuschießen, sagte Lawrow der UN-Übersetzung zufolge. „Wir müssen auf diese reale Gefahr reagieren.“ Lawrow verlangte, dass US-Atomwaffen vom Gebiet der Nato-Partner abgezogen werden. Er betonte auch: „Wir glauben weiter, dass ein Atomkrieg nicht gewonnen werden kann und niemals geführt werden darf.“ Die Ständige Abrüstungskonferenz ist das einzige multilaterale Abrüstungsforum der Welt.
Von der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA hieß es in der vergangenen Woche, sie sehe keinerlei Belege für die Behauptungen über ein mögliches Atomwaffenprogramm in der Ukraine. „Unsere Agentur hat keine Hinweise dafür gefunden, dass in der Ukraine deklariertes Nuklearmaterial aus der friedlichen Nutzung von Nuklearenergie abgezweigt wird“, teilte ein IAEA-Sprecher dem „Tagesspiegel“ mit. Die Behörde mit Sitz in Wien überwacht unter dem Dach der Vereinten Nationen die zivile Nutzung der Atomkraft und die Einhaltung des Atomwaffensperrvertrags.
Lawrow sagte weiter, es müsse eine neue Spirale des Wettrüstens verhindert werden. Es dürfe keine gefährlichen Schritte im Rahmen militärischer Aufrüstung geben. Die Nato-Mitglieder ignorierten dies. Die Nato ziehe die Ukraine in den Dunstkreis der Allianz, in dem sie ihr Waffen liefere, sagte Lawrow. Er beklagte, dass die Nato Russland keine langfristigen Sicherheitsgarantien gebe und keine weitere Ausweitung Richtung Osten ausschließe. Die Nato müsse ihre militärischen Kapazitäten auf das Gebiet zurückziehen, wo sie bei der Unterzeichnung der Nato-Russland-Grundakte 1997 waren, verlangte Lawrow.
RND/dpa