Verwirrspiel um den Leopard-Panzer
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) neben einem Leopard-2-Kampfpanzer der Bundeswehr.
© Quelle: Getty Images
Der neue Verteidigungsminister will vorbereitet sein. „Für den Fall der Fälle“, sagte Boris Pistorius (SPD) noch am Freitag in Ramstein nach der Debatte der Ukraine-Kontaktgruppe um Leopard-Lieferungen an die Ukraine. Der Bestand der Leopard in Deutschland solle laut Pistorius jetzt schnell erfasst werden. Er habe sein Haus angewiesen, „alles so weit zu prüfen, dass wir im Fall der Fälle nicht unnötig Zeit verlieren“, wiederholte der SPD-Politiker gegenüber der „Bild am Sonntag“.
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Der „Spiegel“ aber berichtete unter Verweis auf ein internes Papier des Verteidigungsministeriums, es gebe bereits eine detaillierte Liste aus dem Frühsommer vergangenen Jahres mit bei der Bundeswehr verfügbaren Leopard-Modellen, die für eine Lieferung infrage kämen. Nach Informationen des „Spiegels“ hält man davon bei der Truppe 19 Panzer im Zweifelsfall für abkömmlich, weil sie nur bei Übungen eingesetzt würden. Insgesamt verfüge die Bundeswehr laut Papier über 312 Leopard-2-Panzer unterschiedlichster Baureihen. 99 davon seien derzeit zu Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten bei der Rüstungsindustrie. Ein Leopard befinde sich in der Aussonderung.
Das Verteidigungsministerium kommentiere Berichte grundsätzlich nicht, hieß es am Sonntag von einer Sprecherin auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND). Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), hatte Tagesschau 24 bereits am Samstag gesagt, sie gehe davon aus, dass das Verteidigungsministerium wisse, über wie viele einsatzfähige Leopard-2-Panzer Deutschland verfüge.
Wadephul: Fast 200 Leopard 1 sofort lieferbar
Die Opposition erhöht derweil weiter den Druck auf Kanzler Olaf Scholz (SPD). Der Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) fordert die Bundesregierung auf, zügig immerhin anderen Ländern Ausfuhrgenehmigungen für Leopard-Panzer zu erteilen und der Ukraine Panzer aus Industriebeständen zu liefern. Die Bundesregierung solle denjenigen Nationen grünes Licht erteilen, „die Leopard-2-Panzer an die Ukraine liefern wollen“, sagte der CDU-Politiker dem RND. „Sie könnte auch der Industrie, die fast 200 Panzer des Typs Leopard 1 praktisch sofort liefern kann, endlich den Auftrag dazu erteilen. Keiner dieser Panzer würde der Bundeswehr fehlen. Auch ausreichend Munition ist für sie vorhanden“, fügte Wadephul hinzu. „Leider geschieht nichts davon, weil der Kanzler sich weigert.“
Auch die Ampelpartner drängen Scholz zur Aufgabe der Blockadehaltung. „Das Wichtigste ist, schnell die Entscheidung für die Lieferung von Kampfpanzern gemeinsam mit unseren europäischen Partnern zu treffen“, sagte die Vizevorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Agnieszka Brugger, dem RND. „Unser Zögern spielt dem Kriegsverbrecher Putin in die Hände, der derweil eine neue, fürchterliche Großoffensive gegen die unschuldigen Menschen in der Ukraine vorbereitet“, sagt die Verteidigungspolitikerin. Auch Wadephul blickt mit Sorge auf die russische Frühjahrsoffensive. „Deshalb darf die Bundesregierung keine Zeit mehr verlieren: Sie muss endlich handeln, statt noch länger zu prüfen, was ohnehin bekannt sein sollte“, so der Unionsfraktionsvize weiter.
Verteidigungsminister Pistorius hatte am Freitag am Rande einer Ukraine-Konferenz auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein gesagt, die Entscheidung über eine Lieferung werde „so bald wie möglich getroffen“.
Hat Lambrecht Bestandsaufnahme verhindert?
Der Sozialdemokrat hatte am Donnerstag sein Amt angetreten, nachdem Christine Lambrecht als Ressortchefin zurückgetreten war. Strack-Zimmermann sagte, Lambrecht habe eine aktuelle Bestandsaufnahme offenbar nicht gewollt, um den Eindruck zu vermeiden, wenn man zähle, wolle man auch liefern. Dies hatte der „Business Insider“ unter Berufung auf mehrere Quellen im Ministerium berichtet. Dort hieß es, Lambrecht habe knapp eine Woche vor ihrem Rücktritt angewiesen, keine Bestandsaufnahme der Leopard-Panzer in Bundeswehrbeständen vorzunehmen. Gegen die Empfehlung ihres Hauses.
mit Agenturmaterial