Recherchen zu Nord-Stream Sabotage

Verteidigungsminister Pistorius mahnt zur Zurückhaltung: „Abwarten, was sich bestätigt“

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Dienstag auf dem Truppenübungsplatz Paprade in Litauen.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Dienstag auf dem Truppenübungsplatz Paprade in Litauen.

Berlin. Verteidigungsminister Boris Pistorius hat zurückhaltend auf Medienberichte über neue Spekulationen zu den Tätern der Sabotage an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 reagiert. Er nehme die Rechercheergebnisse mit großem Interesse zur Kenntnis, sagte der SPD-Politiker am Mittwochmorgen im Deutschlandfunk. „Aber wir müssen jetzt mal abwarten, was sich davon wirklich bestätigt. Jetzt hypothetisch zu kommentieren, was wäre wenn, halte ich jetzt für nicht zielführend. Das muss geklärt werden.“

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Laut Recherchen von ARD, SWR und der „Zeit“ sollen Spuren in Richtung Ukraine führen. Unter Berufung auf geheimdienstliche Hinweise hieß es, eine pro-ukrainische Gruppe könnte verantwortlich sein. Von deutscher Seite äußerten sich die Bundesregierung und der zuständige Generalbundesanwalt auf Anfrage nicht konkret zu den Berichten.

Proukrainische Gruppe steckt offenbar hinter Nord-Stream-Explosionen

Im Fall der Explosionen an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 Ende September 2022 gibt es laut Medienberichten neue Spekulationen über die Täter.

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Auf die Frage, welche Auswirkung eine Bestätigung der Berichte auf die westliche Unterstützung für die Ukraine hätte, verwies Pistorius auf die Möglichkeit einer False-Flag-Aktion – „also pro-ukrainischen Gruppierungen das in die Schuhe zu schieben“. Bei einer sogenannten False-Flag-Operation legen die Täter absichtlich falsche Spuren, die auf andere Urheber hindeuten. „Die Wahrscheinlichkeit für das eine wie für das andere ist gleichermaßen hoch“, sagte Pistorius. „Von daher muss man jetzt einfach die Entwicklung abwarten.“

Jacht soll in Polen gemietet worden sein

Laut den Recherchen von ARD, SWR und der „Zeit“ fanden die Ermittler bislang zwar keine Beweise dafür, wer die Zerstörung in Auftrag gab. Sie machten demnach aber ein Boot aus, das für das Unterfangen in der Ostsee verwendet worden sein könnte. Die fragliche Jacht sei von einer Firma mit Sitz in Polen angemietet worden, welche „offenbar zwei Ukrainern gehört“, hieß es. Zudem habe ein Team, bestehend aus einem Kapitän, zwei Tauchern, zwei Tauchassistenten und einer Ärztin, den Sprengstoff laut Ermittlungen zu den Tatorten gebracht.

27.09.2022: Das Nord Stream 1-Gasleck in der Ostsee, fotografiert aus einem Flugzeug der schwedischen Küstenwache. Die Spur der Verantwortlichen für den Sprengstoffanschlag führt laut einem Bericht der „New York Times“ nach MV. Zitiert werden dabei US-Geheimdienst-Informationen.

Nord-Stream-Explosion: Stach eine Jacht mit Sprengstoff von Rostock aus in See?

Einem Bericht der „New York Times“ zufolge sollen Saboteure, die den Sprengstoffanschlag auf die Nord-Stream-Pipelines verübten, mit einer Jacht von Rostock aus gestartet sein. Auch der Hafen in Wieck auf dem Darß soll eine Rolle spielen. Was sagen Behörden und Anlieger vor Ort?

Welchen Nationalitäten die Leute angehörten, sei unklar, hieß es in dem Bericht weiter. Sie hätten offenbar gefälschte Pässe verwendet. Die Behörden hätten herausgefunden, dass das Boot wohl vor der Pipeline-Explosion am 6. September in Rostock aufgebrochen sei. Danach hätten sie es noch in Wieck am Darß im Landkreis Vorpommern-Rügen und an der dänischen Insel Christiansø, nordöstlich von Bornholm, ausfindig gemacht.

Baerbock: Verfolgen Berichte „ganz, ganz intensiv“

Außenministerin Annalena Baerbock äußerte sich zurückhaltend: „Natürlich verfolgen wir alle Berichte und auch alle Erkenntnisse, die es von unterschiedlichen Akteuren gibt, ganz, ganz intensiv“, sagte die Grünen-Politikerin am Mittwoch bei ihrem Besuch in der Kurden-Hauptstadt Erbil auf eine entsprechende Journalistenfrage. Zunächst müssten aber die zuständigen Behörden ihre Ermittlungen zu Ende führen. Dies sei nötig, damit „wir dann von Seite der Regierung aufgrund dieser Erkenntnisse dann auch Beurteilungen treffen können und nicht voreilig aus Berichten heraus Schlüsse für uns ziehen“.

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Die Bundesregierung habe immer wieder deutlich gemacht, dass der Generalbundesanwalt in Karlsruhe für die Ermittlungen zuständig sei. Dieser ermittelt seit Anfang Oktober 2022. „Er hat damit auch die Hoheit über das Verfahren und nicht die Regierung, aufgrund unseres Verständnisses von Rechtsstaatlichkeit“, sagte Baerbock.

Sie verwies auf Untersuchungen in Schweden und Dänemark unter Federführung der dortigen Behörden. Natürlich gebe es einen Austausch unter allen ermittelnden Behörden. Die Ministerin erinnerte daran, dass Schweden, Dänemark und Deutschland vor wenigen Tagen den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen darüber informiert haben, dass die Untersuchungen noch laufen und man noch keine Erkenntnisse geben könne.

Moskau macht die Geheimdienste der USA und Großbritannien verantwortlich

In Moskau hingegen wurden die Medienbericht mit Genugtuung und neuen Vorwürfen an den Westen aufgenommen. Solche Informationen würden von denjenigen gestreut, „die im Rechtsrahmen keine Untersuchungen führen wollen und versuchen, mit allen Mitteln die Aufmerksamkeit des Publikums abzulenken“, schrieb die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, am späten Dienstagabend, auf ihrem Telegram-Kanal. Moskau macht für den Anschlag die Geheimdienste der USA und Großbritannien verantwortlich.

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Sacharowa behauptete einmal mehr, dass westliche Regierungen hinter dem Vorfall steckten. Sie müssten nun zu den russischen Anfragen offiziell Stellung nehmen und zumindest die Recherchen des US-Journalisten Seymour Hersh abarbeiten, forderte sie. Hersh hatte ohne Beweise und unter Berufung auf eine einzelne anonyme Quelle geschrieben, US-Marinetaucher seien für die Explosionen in der Ostsee verantwortlich. Das Weiße Haus wies den Bericht als Erfindung zurück.

Ende September waren nach Explosionen nahe der dänischen Ostsee-Insel Bornholm insgesamt vier Lecks an den beiden Pipelines von Russland nach Deutschland entdeckt worden. Die schwedischen Sicherheitsbehörden hatten im November festgestellt, dass es sich um schwere Sabotage gehandelt habe - ohne jedoch einen Schuldigen zu benennen.

RND/dpa

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