Verkehrsminister Scheuer warnt vor Zerschlagung der Deutschen Bahn und sieht große Gefahren
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Verkehrsminister Scheuer warnt vor Zerschlagung der Deutschen Bahn.
© Quelle: imago images/ZUMA Wire
Der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer warnt vor einer Aufspaltung der Deutschen Bahn AG. „Wer jetzt die Bahn zerschlagen will und sie damit im internationalen Wettbewerb schwächt, der gefährdet das Unternehmen und Interessen unseres Landes“, sagte der CSU-Politiker der Funke-Mediengruppe.
Die Grünen bekräftigen am Freitag die Forderung nach dem Verkauf der im Ausland aktiven Tochtergesellschaften, auch die FDP ist dafür. Die Bahn ist Thema in den Koalitionsverhandlungen beider Parteien mit der SPD.
Scheuer gegen Zerschlagung der Deutschen Bahn
„Die internationale Ausrichtung eines globalen Konzerns und natürlich die Konzentration auf das nationale Kerngeschäft ist für die Bahn das richtige Zukunftskonzept“, erklärte Scheuer. Er räumte ein, eine grundlegende Reform der Deutschen Bahn AG sei nötig. Gesellschaften würden sich gegenseitig blockieren, das Organigramm des Konzerns sei viel zu breit. Eine Zerschlagung der Bahn würde diese massiv schwächen.
Der Verkauf der Logistiktochter DB Schenker wäre ein Verkauf von „deutschem Tafelsilber“. Das Unternehmen sei auch für Lieferketten von großer Bedeutung, machte Scheuer klar.
Über die generelle Ausrichtung des Transportriesen, der seit 1994 als bundeseigene Aktiengesellschaft unterwegs ist, wird seit Jahren gestritten. Erst im August hatten Wettbewerber der Bahn in einem gemeinsamen Positionspapier mit der Baubranche das Thema mit Forderungen nach einer Aufspaltung von Netz und Betrieb wieder aufgebracht.
Pläne für Spaltung in Netz und Betrieb
Derzeit gehört die Gleisinfrastruktur in Deutschland zur Bahntochter DB Netz. Sie ist für Betrieb und Ausbau des Netzes verantwortlich. Das finanziert das Unternehmen aus den Trassenentgelten, die die Eisenbahnunternehmen für die Nutzung der Gleise zahlen müssen. Eine Schienenmaut, die auch für die Verkehrsunternehmen der Deutschen Bahn anfällt.
Gegner dieser Struktur kritisieren, dass die Bahn beim dringend notwendigen Ausbau der Gleisinfrastruktur in Deutschland durch betriebswirtschaftliche Erwägungen eingeschränkt sei. Der Kosten-Nutzen-Faktor entscheide, ob eine Strecke gebaut werde oder nicht. „Das ist der entscheidende Grund, warum es Sinn macht, das zu trennen“, sagt etwa Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn.
Der Bund könne als Eigentümer des Netzes freier über Investitionen in die Infrastruktur entscheiden. Außerdem sei er bei der Finanzierung nicht an die Trassenentgelte gebunden und könne diese absenken, sagt Naumann. Bahnunternehmen könnten sich dann mehr Verkehr auf der Schiene leisten und die Verkehrswende voranbringen. Auch die Grünen haben in ihr Wahlprogramm das Ziel aufgenommen, die Infrastruktur „vom Druck, Gewinne erzielen zu müssen“, zu befreien.
„In fast allen Netzwirtschaften – Gas, Strom, Post, Telefonie, Internet, Luftverkehr – haben wir seit Langem eine Trennung zwischen dem Netz als einem natürlichen Monopol und den Dienstleistungen auf dem Netz, die im Wettbewerb erbracht werden“, teilte am Freitag der Präsident des Wettbewerberverbands Mofair, Tobias Heinemann, mit. „Bei der Eisenbahn sind wir aber in den Neunzigerjahren stehen geblieben.“
EVG gegen Aufspaltung des Bahnkonzerns
Doch es gibt auch viele Gegner einer Aufspaltung, die vor allem in der Privatisierung des Bahnbetriebs eine Verschlechterung des Zugverkehrs sehen. Eine Zerschlagung der Bahn „würde einen Stillstand bei der Verkehrswende bedeuten“, teilte etwa der stellvertretende Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Martin Burkert, der Deutschen Presse-Agentur mit. „Diese Zeit haben wir nicht. Die Politik muss jetzt die Schiene voranbringen und Geld in die Hand nehmen.“
Ähnlich äußerte sich die Linke: „Die von Grünen und FDP geforderte Zerschlagung der Bahn ist ein Irrweg“, teilte Parteichefin Janine Wissler mit. „Schiene und Zugbetrieb gehören zusammen. Mehr Wettbewerb und Privatisierung sind nicht die Lösung, überall in Europa hat das zu massiven Problemen geführt.“
Auch die Bahn selbst betont stets die Vorzüge eines integrierten Konzerns, auch wenn sich dort am Freitag auf Anfrage niemand zu der Thematik aktuell äußerte. Im August hatte ein Sprecher gesagt, erfolgreiche Eisenbahnen arbeiteten integriert. „Wieso sollten wir in Deutschland einen schlechten Sonderweg gehen und das Bahnsystem zudem mit jahrelangen politischen Diskussionen lähmen, anstelle den Klimaschutz voranzutreiben?“
RND/Reuters/dpa