Harsche Kritik von Umweltverbänden

Grüner Frust nach dem Koalitionsausschuss

Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, kommt zusammen mit Britta Haßelmann (l-r), Katharina Dröge, Ricarda Lang und Omid Nouripour, ins Kanzleramt.

Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, kommt zusammen mit Britta Haßelmann (l-r), Katharina Dröge, Ricarda Lang und Omid Nouripour, ins Kanzleramt.

Berlin. Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang versuchte am Mittwoch gar nicht erst, die Sache zu beschönigen. „Das, was wir beschlossen haben, das reicht noch nicht“, sagte sie im Deutschlandfunk. „Deshalb werden wir auch dranbleiben.“ In der Parteizentrale war man offenkundig zu der Auffassung gelangt, dass die Beschlüsse des Koalitionsausschusses vom Dienstagabend vor allem eines nicht vertragen: Beschönigung. Schließlich sah etwa die Deutsche Umwelthilfe eine „verheerende Attacke auf den Klimaschutz“. Greenpeace äußerte sich ähnlich.

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Zwar finden die meisten Grünen auch Veränderungen zum Positiven. So sei das von Vizekanzler Robert Habeck geplante Gebäude-Energie-Gesetz von den Spitzen aus SPD, Grünen und FDP ausdrücklich bestätigt worden. Es sieht vor, dass neue Heizungen ab 2024 auf erneuerbare Energien umgestellt werden müssen – mit entsprechenden Übergangsfristen und, wie Bauministerin Klara Geywitz (SPD) am Mittwoch betonte, sozial abgefedert. Als Fortschritt gilt überdies die Erhöhung der Lkw-Maut und dass 80 Prozent der Einnahmen daraus in die Deutsche Bahn investiert werden sollen.

Autobahnen werden schneller gebaut – auf 1200 Kilometern

Als problematisch wird freilich betrachtet, dass die Planungsbeschleunigung auch für den Ausbau von Autobahnen gelten wird; das betrifft immerhin rund 1200 Kilometer. Inakzeptabel ist für manche, dass nicht mehr jeder einzelne Sektor – also Industrie, Landwirtschaft oder Verkehr – den CO₂-Ausstoß senken muss, jedenfalls nicht automatisch, sondern dies sektorübergreifend geschehen kann. Der von den Grünen viel kritisierte Verkehrssektor, den Volker Wissing von der FDP verantwortet, könnte sich demzufolge zurücklehnen. Er müsste erst dann liefern, wenn die Reduktion insgesamt misslingt.

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Diese Zugeständnisse lösten unterschiedliche Reaktionen aus. Der Bundessprecher der Grünen Jugend, Timon Dzienus, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Ich finde die Ergebnisse des Koalitionsausschusses in der Summe enttäuschend. Das gilt vor allem für die junge Generation. Olaf Scholz und Christian Lindner haben sich gegen den Klimaschutz verbrüdert. Denn eigentlich müssen wir schneller werden beim Klimaschutz. Tatsächlich werden wir jetzt schneller beim Autobahnausbau. Das geht in die falsche Richtung.“ Die Koalition werde ihrer historischen Verantwortung nicht gerecht, so Dzienus. „Das macht mir Sorgen.“

Hofreiter: Die Beschlüsse seien „kommunikativ“ in Teilen „eine Herausforderung“

Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter, sagte dem RND: „Viele der in dem Papier beschlossenen Maßnahmen sind bereits in der Vergangenheit besprochen und beschlossen worden. Dazu zählen etwa das Gebäude-Energie-Gesetz und die Modernisierung des Verkehrsrechts. Der Kanzler ist jetzt in der Verantwortung, dass das, was besprochen und beschlossen wurde, auch tatsächlich umgesetzt wird.“ Die Beschlüsse stünden „insgesamt auf der Habenseite“, befand Hofreiter, seien jedoch „kommunikativ“ in Teilen „eine Herausforderung“.

In der Fraktionsführung wird derweil darauf verwiesen, dass der jüngste Berliner Volksentscheid über einen verschärften Klimaschutz gescheitert sei. Das Agieren der Klimakleber sei „teilweise elitär“, heißt es. Vor diesem Hintergrund werde es neben Kritikern der Partei sicher auch solche geben, die begrüßten, dass die Grünen Kompromisse eingingen. Jedenfalls machten sie sich nicht jene Parole zu eigen, mit der der FDP-Vorsitzende Christian Lindner im Herbst 2017 die Sondierungen über eine Jamaika-Koalition beendet habe: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“

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Der einstige Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte dem RND über die Vereinbarungen: „Das ist in der Fraktion nicht auf Begeisterung gestoßen. Aber damit können in der Koalition alle leben. Das ist auch richtig so.“ Dabei klingt die Begründung weniger begeistert als nüchtern. „In der Koalition hat niemand eine Alternative“, erklärte Trittin. Sprich: Neuwahlen sind ebenso wenig in Reichweite wie ein Koalitionswechsel.

Nach Liebe klingt das nicht.

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