USA winken tausendfach den Nachzug von Kinderbräuten durch

Eine zerfetzte US-amerikanische Flagge flattert im Wind.

Eine zerfetzte US-amerikanische Flagge flattert im Wind.

New York. Die Berichte sind haarsträubend: In einem Fall durfte ein 49-Jähriger ein erst 15-jähriges Mädchen ins Land holen und zur Frau nehmen – und zwar vollkommen legal. Denn im Einwanderungsgesetz der USA ist für solche Vorgänge kein Mindestalter festgelegt. Die Behörden prüfen lediglich, ob die Herkunftsländer die Ehe erlauben würden und ob es in dem Bundesstaat, in dem der Antragsteller lebt, entsprechende Ausnahmeregeln gibt. Insgesamt wurden auf diese Art allein seit 2007 mehr als 8500 Minderjährige in die Zwangsehe getrieben.

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Die Zahlen wurden für eine Anfrage des Senatsausschusses für Heimatschutz zusammengestellt. Die Dokumente, die von der Nachrichtenagentur AP eingesehen werden konnten, zeigen, dass das Ausmaß des Problems weit größer ist als bisher bekannt. Hintergrund ist demnach vor allem die Begehrtheit der amerikanischen Staatsbürgerschaft. Und wegen vergleichsweise lockerer Gesetze in den USA werden die entsprechenden Anträge offenbar sehr oft bewilligt.

„Mein Pass hat mir mein Leben ruiniert“, sagt Naila Amin, deren Familie aus Pakistan stammt. In ihrem Fall lief es gewissermaßen umgekehrt: Sie selbst wuchs in New York auf. Als sie 13 Jahre alt war, wurde sie dazu gezwungen, in der Heimat einen 26-jährigen Mann zu heiraten. Anschließend musste sie die Papiere ausfüllen, die ihm die Einwanderung in die USA ermöglichen sollten.

„Hier liegt ganz offensichtlich ein Problem vor“

„Die Leute tun alles, um nach Amerika zu kommen“, sagt die heute 29-jährige Frau. Bereits im Alter von acht Jahren sei sie mit dem damals 21-jährgen Cousin verlobt worden. Nach der Hochzeit haute sie nach eigenen Angaben von zu Hause ab und verbrachte daraufhin einen Großteil ihrer Kindheit und Jugend in Pflegeheimen. „Ich war ein Kind. Ich möchte daher wissen: Warum sind da nirgendwo die Alarmglocken losgegangen?“, sagt Amin. „Wer auch immer den Antrag bearbeitet hat – schauen die sich das gar nicht an? Denken die überhaupt nicht nach?“

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Wie aus der offiziellen Antwort auf die Anfrage aus dem Senat hervorgeht, wurden in den Haushaltsjahren 2007 bis 2017 insgesamt 5556 Einreise-Anträge für minderjährige Ehepartner oder Verlobte bewilligt. In 2926 weiteren Fällen wurde Minderjährigen genehmigt, ältere Partner zu sich in die USA zu holen. Hinzu kommen 204 Ehen, bei denen beide Partner noch minderjährig waren.

„Hier liegt ganz offensichtlich ein Problem vor“, sagt der republikanische Senator Ron Johnson, der dem Senatskomitee für Heimatschutz vorsteht. „Es zeigt, dass es eine Gesetzeslücke gibt, die wir schließen müssen.“ Die Anträge können nicht nur von US-Bürgern gestellt werden, sondern auch von Personen mit einer dauerhaften Aufenthaltserlaubnis.

In fast allen genannten Fällen war die jüngere Person in der Beziehung die Frau. In 149 der Ehen mit Minderjährigen war der erwachsene Partner älter als 40, in 28 Fällen sogar älter als 50. Einige der besonders frappierenden Beispiele: 2011 genehmigten die Einwanderungsbehörden den Antrag einer 14-Jährigen zur Einreise eines 48-jährigen Ehegatten aus Jamaika. 2013 erhielt ein 71-jähriger Mann die Erlaubnis, seine 17-jährige Frau aus Guatemala zu holen.

Ein Leben lang „einer häuslichen Sklaverei sowie Vergewaltigungen“ ausgesetzt

Zu Kinderehen kommt es allerdings nicht nur im direkten Zusammenhang mit Einwanderung. Eine landesweite Statistik gibt es in den USA zwar nicht. Aber Daten aus einzelnen US-Staaten lassen vermuten, dass sie alles andere als selten sind. Grundsätzlich gibt es durchaus ein Mindestalter für Eheschließungen: Beide Partner sollten das 18. Lebensjahr erreicht haben. In den meisten Staaten gibt es zugleich allerdings Ausnahmeregelungen: Meist dürfen auch 16- und 17-Jährige heiraten, wenn die Eltern ihre Zustimmung erteilen. In einigen Staaten – darunter New York, Virginia und Maryland – können bei gerichtlicher Erlaubnis sogar noch jüngere Personen heiraten.

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Für den US-Staat New Jersey hat Fraidy Reiss von der Organisation Unchained at Last umfassende Daten zusammengetragen. Dort gingen demnach von 1995 bis 2012 fast 4000 Minderjährige, die meisten von ihnen Mädchen, eine Ehe ein – darunter 178, die jünger als 15 waren. „Es ist sowohl ein innenpolitisches Problem als auch eines mit Bezug zur Einwanderung“, sagt die Aktivistin, die nach eigenen Angaben im Alter von 19 Jahren von ihrer jüdisch-orthodoxen Familie selbst gegen ihren Willen verheiratet wurde.

Wenn die Ehe vor allem über die elterliche Zustimmung ermöglicht werde, sei oft Zwang mit im Spiel, betont Reiss. Die Mädchen seien dann ein Leben lang „einer häuslichen Sklaverei sowie Vergewaltigungen“ ausgesetzt. „Und die Regierung trägt nicht nur eine Mitschuld. Sie stempelt es offiziell ab und sagt: "Macht weiter so."“

Der republikanische Senator Johnson hatte schon 2017 gemeinsam mit seiner damaligen demokratischen Kollegin Claire McCaskill genauere Informationen angefordert. „Es könnte sein, dass unser Einwanderungssystem ungewollt den Missbrauch von Frauen und Kindern begünstigt“, hieß es in ihrem Antrag. Heute sieht sich Johnson in dem Verdacht bestätigt. Allein die Tatsache, dass es ein ganzes Jahr gedauert habe, einen Bericht vorzulegen, zeige den dringenden Bedarf an besseren Methoden zur Erfassung und Prüfung dieser Anträge, sagt er.

Von RND/AP

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