USA vor Zwischenwahlen: Was Sie über die „Midterms“ wissen sollten
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Wahlkampf vor den „Midterms" in den USA: Joe Biden, Präsident der USA, macht ein Selfie mit Menschen in der Menge.
© Quelle: Patrick Semansky/AP/dpa
Washington. Gewinnen die Rechten um den früheren US-Präsidenten Donald Trump an Macht oder bekommt Amtsinhaber Joe Biden doch noch einmal deutliche Unterstützung? Selten stand bei den „Midterms“ genannten Zwischenwahlen in den Vereinigten Staaten so viel auf dem Spiel wie am 8. November.
Wir haben für Sie zusammengestellt, was Sie zu den Abstimmungen in den USA wissen sollten:
„Midterms“ 2022: Wer und was wird gewählt?
Die bedeutendsten Entscheidungen fallen zu den beiden Kammern des Kongresses. Die Wählerinnen und Wähler entscheiden über 35 der 100 Sitze im Senat und über alle 435 Abgeordneten im Repräsentantenhaus.
Jeder der 50 US-Bundesstaaten stellt zwei Senatoren. Ihre Amtszeit dauert sechs Jahre – alle zwei Jahre wird rund ein Drittel von ihnen neu gewählt. Das Repräsentantenhaus wird dagegen alle zwei Jahre komplett neu bestimmt. Hier stellen die Bundesstaaten Abgeordnete gemäß ihrer Bevölkerungszahl.
Welche Wahlen finden noch statt?
Darüber hinaus gibt es Tausende weitere Abstimmungen. In 36 Staaten werden neue Gouverneure bestimmt – das mächtigste Amt in einem Bundesstaat, vergleichbar mit einem Ministerpräsidenten in Deutschland. In vielen Staaten werden zudem die eigenen Kongresse und einige andere Posten neu bestimmt – bis hinunter zur Sheriffs und Schulbeiräten, die großen Einfluss auf Strafverfolgung oder Unterrichtsstoff haben können.
Zur Wahl stehen auch viele Secretaries of State, zu deren Aufgabe oft die Wahlleitung gehört. Einige Republikaner, die dabei zur Wahl stehen, vertreten die längst widerlegte Ansicht, dass Donald Trump die Präsidentschaftswahl 2020 gewonnen habe. Manche von ihnen wollen Gesetze, mit denen sich die Wahlleitung über Auszählungsergebnisse hinwegsetzen kann. Viele Demokraten fürchten deshalb bei den „Midterms“ auch eine Aushöhlung der freien Wahlen.
Warum finden die „Midterms“ in den USA statt?
Seit 1845 werden die Wahlen am Dienstag nach dem ersten Montag im November abgehalten. In den stark landwirtschaftlich und religiös geprägten Vereinigten Staaten des 19. Jahrhunderts fiel die Wahl auf diesen Tag, weil zweierlei sichergestellt werden konnte: Einerseits waren Aussaat und Ernte bereits vorüber, während der harsche Winter noch nicht begonnen hatte; andererseits musste niemand an einem Gottesdienst-Sonntag die lange Reise zu einem Wahllokal antreten.
Heute gibt es häufig Kritik, dass der Wahltag kein Feiertag ist. Gerade Demokraten glauben, dass dadurch viele ihrer Anhänger die oft langen Schlangen am Wahllokal nicht in Kauf nehmen wollen.
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„Midterms“ in den USA: Wie können Bürgerinnen und Bürger an der Wahl teilnehmen?
In den USA kann nicht jeder von einem bestimmten Alter an zur Abstimmung gehen. Stattdessen müssen sich Wahlwillige in ein Verzeichnis eintragen lassen und auch angeben, ob sie als „Demokrat“, „Republikaner“ oder „unabhängig“ geführt werden wollen.
Bei der Wahl 2020 waren laut Zensus 252 Millionen Amerikaner über 18 Jahren wahlberechtigt, 155 Millionen machten davon Gebrauch – rund 67 Prozent, für die USA ein sehr hoher Wert.
Welche Themen stehen bei den „Midterms“ 2022 im Vordergrund?
Je nach Parteipräferenz geben die Wähler in diesem Jahr stark unterschiedliche Themen an, die für sie besonders wichtig sind. In einer Umfrage des öffentlich-rechtlichen Radios NPR nannten Republikaner besonders Inflation, Einwanderung und Abtreibung. Demokraten nannten Abtreibung, die Aufarbeitung des Sturms auf das Kapitol am 6. Januar 2021 und das Gesundheitssystem.
Auffällig ist auch eine hohe Unzufriedenheit mit Präsident Biden. Im Durchschnitt aus den jüngsten Umfragen der Statistikseite „Fivethirtyeight“ befürworten nur knapp 42 Prozent seine Politik, 53 Prozent lehnen sie ab – bei früheren Midterms waren solche Umfragewerte oft ein zuverlässiger Hinweis auf das Abschneiden der Regierungspartei.
Mögliche Trump-Rückkehr: Hetzealarm im Wüstenstaat
Ein Quartett von vier extremen Republikanern unter Führung der Ex-Fernsehmoderatorin Kari Lake greift bei den Midterm-Wahlen in Arizona nach der Macht. Die kühle Provokateurin gilt schon als neuer Superstar der amerikanischen Rechten. Ihr Erfolg könnte den Weg für die Rückkehr von Donald Trump ebnen.
„Midterms“: Wie sind die Umfragewerte von Demokraten und Republikanern?
Hoffnungen setzen die Demokraten darauf, knapp den Senat zu halten. Derzeit besetzen sie dort 48 der 100 Sitze, zwei Unabhängige stimmen nahezu immer mit ihnen. Bei Gleichstand entscheidet die Vizepräsidentin Kamala Harris von den Demokraten. Bei dieser Konstellation kann es sich ihre Partei nicht leisten, auch nur einen einzigen Sitz zu verlieren.
Im House of Representatives haben die Republikaner deutlich bessere Chancen, ihren derzeitigen Rückstand von 212 zu 220 Abgeordneten zu drehen. Nach einem Zwischenhoch der Demokraten kurz nach dem Anti-Abtreibungsentscheid des Obersten Gerichtshofs haben die Konservativen inzwischen den Umfragen zufolge wieder deutlich bessere Karten. Deren Qualität ist jedoch in den USA nicht durchgängig hoch. Immer wieder liegen Institute dort arg falsch.
Welche Aufgaben haben die beiden Kammern?
Zur Gesetzgebung braucht es in den USA sowohl Senat als auch Repräsentantenhaus. Den Gründervätern des Landes galt das als Garantie für Kompromisse und gemeinsame Entscheidungsfindung. Die Mehrheit in der kleineren Kammer des Kongresses ist aber trotzdem wichtig, denn der Senat allein entscheidet über die Ernennung von Bundesrichtern und damit über weitere Kandidaten für den derzeit extrem konservativ besetzten Obersten Gerichtshof.
„Midterms“ 2022: Wann ist mit den ersten Prognosen und Ergebnissen zu rechnen?
Da sich das Gebiet der USA über mehrere Zeitzonen erstreckt, schließen die Wahllokale hierzulande zu unterschiedlichen Zeiten ihre Türen. Entsprechend werden die Ergebnisse der einzelnen Bundesstaaten erst nach und nach bekannt. Während die östlich gelegenen Staaten Indiana und Kentucky zuerst die Wahlfrist von 18 Uhr erreichen (0 Uhr MEZ), enden die Wahlen in Florida hierzulande erst um 2 Uhr am kommenden Tag, auf Hawaii um 6 Uhr, in Alaska sogar erst um 7 Uhr.
Wie bei den Wahlen in Deutschland werden auch in den USA bereits kurz nach dem Schließen der Wahllokale die ersten Prognosen veröffentlicht. Diese beruhen auf Umfragen von zufällig ausgewählten Wählerinnen und Wählern nach Verlassen des Wahllokals. In der Folge werden Stück für Stück die Ergebnisse der einzelnen Wahlkreise bekannt gegeben.
Während die Auszählungen laufen, werden die gesamte Wahlnacht hindurch Zwischenergebnisse veröffentlicht. Mit fortschreiten der Zeit, liefern diese immer genauere Werte über die zu erwartenden Mehrheitsverhältnisse in Senat und Repräsentantenhaus. Für die zweitere Kammer sind die exakten Ergebnisse bereits für den Morgen nach der Wahl zu erwarten. Beim Senat kann sich das Prozedere noch bis in den Dezember ziehen. Grund dafür ist, dass die Kandidaten in den Staaten Louisiana und Georgia eine absolute Mehrheit erreichen müssen. Sollte dies nicht gelingen, werden Stichwahlen nötig, die in Georgia für den 6. Dezember vorgesehen und in Louisiana für den 10. Dezember terminiert sind.
RND/dpa/jst