US-Soldat Bergdahl bekennt sich schuldig
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US-Soldat Bowe Bergdahl
© Quelle: The Fayetteville Observer
Washington. Es ist eines der rätselhaftesten Soldatenschicksale des Afghanistankrieges: Bowe Bergdahl wurde über fünf Jahre hinweg von den Aufständischen gefangengehalten und zeitweise gefoltert. Mehrere Suchaktionen des US-Militärs scheiterten, bis der junge Mann 2014 gegen fünf hochkarätige Taliban ausgetauscht wurde. Am Montag bekannte sich Bergdahl nun vor einem Militärgericht in North Carolina schuldig, unmittelbar vor seiner Gefangennahme Fahnenflucht begannen und sich vor dem Feind falsch verhalten zu haben.
Trotz des Schuldeingeständnisses bleiben viele Fragen des Pentagons noch immer unbeantwortet. So mancher Offizier kann sich bis heute keinen Reim darauf machen, warum sich der damalige Gefreite im Juni 2009 von seinem Außenposten entfernte und auf eigene Faust versuchte, den nächstgelegenen US-Posten in 30 Kilometer Entfernung zu erreichen.
Mehrere tausend Soldaten suchten nach Bergdahl
Fest steht, dass das Militär nach dem Verschwinden Bergdahls eine der größten Suchaktionen in seiner Geschichte in Gang setzte. Mehrere tausend Soldaten suchten die Provinz Paktika ab und verwickelten Aufständische in kleinere Scharmützel, um den jungen Mann zu retten. Frühere Kameraden hatten zwischenzeitlich sogar behauptet, bei diesen mehrmonatigen Aktionen seien mehrere Armeeangehörige verwundet und getötet worden – Aussagen, die das Pentagon nicht offiziell bestätigte, aber in der amerikanischen Öffentlichkeit hohe Wellen schlugen.
Als der damalige Präsident Barack Obama schließlich einwilligte, den letzten US-Soldaten, der sich in den Händen der Gotteskrieger befindet, gegen zum Teil führende Talibanfunktionäre einzutauschen, protestierten die oppositionellen Republikaner lautstark. Auch im jüngsten Präsidentschaftswahlkampf fiel der Name Bergdahl immer mal wieder. Als Wahlkämpfer forderte Donald Trump gar die Todesstrafe für den Soldaten, da er seine Kameraden in Gefahr gebracht habe. Auch andere Republikaner warnten davor, die Angelegenheit herunterzuspielen.
Vorwurf: Fehlverhalten vor dem Feind und Fahnenflucht
Tatsächlich blieb über längere Zeit umstritten, welche Vorwürfe das Gericht gegen Bergdahl erheben sollte. Einige Militärjuristen empfahlen lediglich eine Anklage wegen Fahnenflucht, da der junge Mann bereits ein mehrjähriges Martyrium bei den Taliban hinter sich habe. Eine Verurteilung nach diesem Paragrafen würde ihm voraussichtlich eine einjährige Haftstrafe einbringen. Schwerwiegender ist allerdings der Vorwurf des „Fehlverhaltens vor dem Feind“: Formal betrachtet könnte der heute 31-Jährige sogar lebenslang hinter Gittern landen.
Die Einschätzungen über den weiteren Verlauf des Verfahren gehen weit auseinander. Im Pentagon war am Montag zu hören, dass es durchaus möglich wäre, den Soldaten in beiden Anklagepunkten für schuldig zu erklären, angesichts seiner langen Kriegsgefangenschaft gegen ihn aber nur eine Bewährungsstrafe zu verhängen. Andere Militärexperten sind vorsichtiger: Da der Prozess politisch sehr aufgeheizt sei und amerikaweit Beachtung finde, müsse Bergdahl damit rechnen, zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt zu werden.
Kameraden beschreiben Bergdahl als Sonderling
Jenseits der hitzigen Debatten sind auch ganz andere Stimmen zu hören. Ein Veteran, der 2009 gemeinsam mit Bergdahl im Afghanistan-Einsatz stand, beschreibt seinen damaligen Kameraden als Sonderling: „Bowe wäre besser zum Friedenskorps als zur Armee gegangen.“ Bereits vor seinem Verschwinden habe er mehrfach auf eigene Faust und entgegen aller Warnungen mit den Einheimischen Kontakt aufgenommen. In dieses Bild passt auch seine Erziehung: Bergdahl besuchte keine öffentliche oder private Schule, sondern wurde von seinen Eltern unterrichtet. Wie es heißt, habe seine Mutter Jani stets großen Wert darauf gelegt, Toleranz im Umgang mit fremden Kulturen zu vermitteln.
Von Stefan Koch/RND