Kommentar zum Urteil über die Parteienfinanzierung

Eine schallende Ohrfeige für Union und SPD

Der Zweite Senat beim Bundesverfassungsgericht mit Doris König (Vorsitz, l.) und Sibylle Kessal-Wulf (r.) hat die Anhebung der absoluten Obergrenze für die staatliche Parteienfinanzierung für verfassungswidrig erklärt.

Der Zweite Senat beim Bundesverfassungsgericht mit Doris König (Vorsitz, l.) und Sibylle Kessal-Wulf (r.) hat die Anhebung der absoluten Obergrenze für die staatliche Parteienfinanzierung für verfassungswidrig erklärt.

Wenn sich FDP, Grüne und Linke freiwillig zu einer Allianz zusammenschließen, muss etwas Besonderes vorgefallen sein. Das war im Sommer 2018 der Fall. Damals setzten sich die Parteien der seinerzeit regierenden großen Koalition CDU, CSU und SPD über ein Urteil des Verfassungsgerichts hinweg. Ein unverzeihlicher Fehler.

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Die obersten Richter hatten bereits eine Obergrenze für die Parteienfinanzierung festgelegt – inklusive einer jährlichen Anpassung an die Teuerungsrate. Die Parteienfinanzierung war also ordentlich geregelt. Dennoch beschlossen Union und SPD im Hauruckverfahren, den Parteien im Land insgesamt jährlich 25 Millionen Euro zusätzlich zukommen zu lassen. Die Begründung war abenteuerlich: Wegen der Digitalisierung benötige man eben mehr Geld.

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Dass ein solches Vorgehen die Akzeptanz der Parteiendemokratie schwächt statt stärkt, hätte den Akteuren bewusst sein müssen. Jedes Unternehmen, jede Schule, jeder Sportverein, jeder Privatmensch muss sich der Digitalisierung stellen und bekommt dafür nicht mehr Geld. Vielmehr ist überall einfallsreiches Umsteuern von der analogen in die digitale Welt gefragt, und was die Digitalisierung an Mehrkosten verursacht, muss eben an anderer Stelle eingespart werden.

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Kurzum: Die üppige Erhöhung der Parteienfinanzierung vor mehr als fünf Jahren war eine Frechheit. Und die drei ungleichen Parteien der Opposition reichten zu Recht Klage in Karlsruhe ein. Sie wollten sich nicht dem Vorwurf der Selbstbedienungsmentalität aussetzen.

Seit Dienstag haben Union und SPD die höchstrichterliche Bestätigung dafür, dass ihre Entscheidung verfassungswidrig war. Auch dies hätten Schwarze und Rote schon vorher wissen können. Sie haben sehenden Auges den vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Rahmen gesprengt. Dieses Urteil ist eine schallende Ohrfeige für die verantwortlichen Parteien.

Das sollte künftig beachtet werden

Durch die verfassungswidrige Regelung haben sich die Parteien in den vergangenen Jahren 100 Millionen Euro zu viel eingestrichen. Nun obliegt es der Bundestagsverwaltung, über die Frage zu entscheiden, ob das Geld zurückgezahlt werden muss. Auch das ist keine gute Regelung. Wenn die Ausschüttung der 100 Millionen Euro gegen die Regeln des Grundgesetzes verstoßen hat, sollte das Geld zurückgezahlt werden. Da den meisten Parteien bei dem 2018 verabschiedeten Gesetz zur Parteienfinanzierung ohnehin nicht wohl war, haben die Schatzmeister in den Parteizentralen in der Regel die Summen auch nicht ausgeben lassen.

Es steht außer Frage, dass die Parteien, die unsere Demokratie tragen, eine auskömmliche Finanzierung benötigen. Dabei erscheint es sinnvoll, dass es staatliche Gelder gibt, um die Parteien nicht ausschließlich von Spenden abhängig zu machen. Über das Maß und die Form der Finanzierung sollten aber nicht die Parteien selbst oder von ihnen abhängige Verwaltungen entscheiden. Das sollten die Abgeordneten im Bundestag unbedingt bedenken, wenn sie nun abermals die Parteienfinanzierung gesetzlich neu regeln wollen.

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Rühe, Struck  - Montage: Nils Weinert

„Du musst zurückbrüllen“: fünf Tipps für Pistorius

Wie muss man sein, um im Verteidigungsministerium Erfolg zu haben? Volker Rühe (CDU) und Peter Struck (SPD) entwickelten in diesem Amt einst ihre ganz eigenen Methoden. Zum Thema Führungsstil hinterließen sie – mal offiziell, mal inoffiziell – ein paar Bemerkungen, die man heute lesen kann wie eine Sammlung weiser Ratschläge an den Neuling Boris Pistorius.

Ständig werden für alle möglichen wichtigen und unwichtigen Fragen Kommissionen und Expertenräte zusammengetrommelt. Eine Mischung aus Expertise und ethischem Bewusstsein in Form eines unabhängigen Gremiums wäre für die Parteienfinanzierung hilfreich.

Ein solches Gremium könnte auch gleich noch in anderen Bereichen den machthabenden Parteien auf die Finger schauen. Ein großes Ärgernis stellen beispielsweise die Wahlperiode um Wahlperiode personell anschwellenden Apparate der Ministerien dar. Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass mit jedem Regierungswechsel in etlichen Ministerien zahlreiche neue teure Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Spitzenposten gesetzt und die Überzähligen irgendwie versorgt werden. Auch hier wäre mehr Kontrolle von außen dringend geboten.

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