Unionsfraktionsvize Frei gegen Abschiebestopp nach Afghanistan

Thorsten Frei, stellvertretender Unionsfraktionsvorsitzender im Bundestag.

Thorsten Frei, stellvertretender Unionsfraktionsvorsitzender im Bundestag.

Berlin. Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende im Bundestag, Thorsten Frei, hat den afghanischen Wunsch nach einem befristeten Abschiebestopp zurückgewiesen. „Natürlich habe ich angesichts der aktuell unsicheren Lage in Afghanistan Verständnis dafür, dass Deutschland um weitere Unterstützung gebeten wird“, sagte Frei dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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„Ehrlicherweise kann ich diese konkrete Forderung nach einem Abschiebestopp jedoch nicht nachvollziehen, da es sich nur um sehr wenige Personen handelt.“ Auch in schwieriger Zeit sei es notwendig, dass die afghanische Regierung weiter bei den wenigen Abschiebeflügen kooperiere.

Nach einer Bitte aus Afghanistan prüft das Bundesinnenministerium derzeit einen zeitlich begrenzten Stopp von Abschiebungen in das Land. Am Wochenende hatte sich die afghanische Regierung mit der Forderung an die europäischen Staaten gewandt, Abschiebungen aufgrund der angespannten Sicherheitslage und des derzeitigen Anstiegs von Corona-Neuinfektionen für drei Monate auszusetzen.

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Neuer Lagebericht in Arbeit

„Diese Bitte ist auch bei uns in Deutschland eingegangen, und wir prüfen das jetzt“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Montag. Darüber werde auch das Gespräch mit anderen EU-Staaten und der afghanischen Regierung gesucht.

Das Auswärtige Amt erstelle derzeit außerdem einen neuen Lagebericht über Afghanistan. Nach dem Abzug der letzten deutschen Soldaten und kurz vor dem Abzug der USA sind die islamistischen Taliban in dem Land derzeit auf dem Vormarsch.

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), erklärte, sie könne die Bitte der afghanischen Regierung angesichts aktueller Entwicklungen gut nachvollziehen. „Ich habe mich aufgrund der Sicherheitslage und der humanitären Situation in Afghanistan bereits in der Vergangenheit für eine grundsätzliche Aussetzung aller Abschiebungen dorthin ausgesprochen“, sagte die dem RND.

Mehrere Bundesländer erklärten auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND), eine mögliche veränderte Einschätzung der Sicherheitslage in Afghanistan abwarten zu wollen. Das rheinland-pfälzische Integrationsministerium teilte auf Anfrage mit, die Entwicklung in Afghanistan gebe Anlass zu tiefer Sorge. Es sei nun die Pflicht des Bundes, unverzüglich eine Lagebewertung vorzunehmen und sich dazu zu äußern, „ob vor diesem Hintergrund nicht Abschiebungen nach Afghanistan zunächst auszusetzen sind.“

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Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz erklärte, angesichts „der ohnehin prekären Situation in Afghanistan und der Gefahr eines möglichen Bürgerkrieges“ sei eine Abschiebestoppregelung grundsätzlich zu begrüßen. Dafür solle eine zwischen Bund und Ländern abgestimmte einheitliche Regelung getroffen werden, von der Personen aus dem terroristischen beziehungsweise extremistischen Spektrum oder Personen, die schwerwiegende Straftaten gegangen haben, ausgenommen werden sollten.

„Wir müssen den Appell der afghanischen Regierung ernst nehmen“, sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin und kritisierte Abschiebungen nach Afghanistan auch grundsätzlich. Es würden teilweise gut integrierte Menschen abgeschoben, sagte Trittin dem RND. Afghanistan sei für die meisten der Abgeschobenen eine Todesfalle.

„Gefährder, Mörder, Terroristen“ – das sei der Schlachtruf des Innenministers, der aber mit der Realität oft überhaupt nichts zu tun habe. „Wäre es so, gehören sie vor Gericht und nach einem Urteil ins Gefängnis.“ Natürlich müsse die Sicherheit der Bevölkerung ganz oben stehen. Die Abschiebungen leisteten jedoch keinerlei Beitrag dazu.

Die migrationspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Linda Teuteberg, warnte vor einem deutschen Alleingang. „Der Abzug der Nato und damit auch der Bundeswehr stellt eine Zäsur dar und es gilt, die Lage aufmerksam zu beobachten.“ Pauschale Entscheidungen für oder gegen Abschiebungen seien jedoch regelmäßig unangemessen. Die Bitte der afghanischen Regierung müsse sorgsam geprüft und mit den Partnern Deutschlands in der EU und Nato abgestimmt werden.

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