Ungeschützte Courage: Wie ausgeliefert Whistleblower sind

Gefragter Experte auf allerlei Kongressen - aber nur per Videoschalte zu haben: Whistleblower Edward Snowden würde Russland gern verlassen, sagt er (im Bild bei einer Videoschalte zur Cebit 2015 in Hannover).

Gefragter Experte auf allerlei Kongressen - aber nur per Videoschalte zu haben: Whistleblower Edward Snowden würde Russland gern verlassen, sagt er (im Bild bei einer Videoschalte zur Cebit 2015 in Hannover).

Berlin. Wie viel Courage man als Whistleblower braucht, sieht man am besten am Schicksal derer, die als solche tätig waren oder den Dienst von Whistleblowern in Anspruch nahmen. Der US-Amerikaner Edward Snowden ist zwar als Enthüller des NSA-Skandals viel gefragter Experte bei allerlei Kongressen zu den Themen Überwachung und Netzpolitik – zuletzt an diesem Sonntag beim Chaos Communication Congress des Hackerclubs Chaos Computer Club (CCC) –, muss aber aus seinem Versteck in Moskau zugeschaltet werden.

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Chelsea Manning, die die Plattform Wikileaks mit Informationen über kriegerische Aktivitäten des amerikanischen Militärs versorgte, verbrachte ihren 32. Geburtstag Mitte Dezember im Gefängnis von Alexandria (Virginia).

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Mittlerweile sitzt auch Wikileaks-Gründer Julian Assange selbst im Knast, allerdings in einem britischen, und leidet offenbar unter schweren gesundheitlichen Problemen. Daniel Domscheit-Berg, einst Mitstreiter des Australiers, macht sich Sorgen. „Er ist total ausgeliefert und hilflos, verrottet jetzt seit über einem Jahr im Gefängnis“, sagte er kürzlich der „Frankfurter Rundschau“. Der umstrittene Assange sei „unter skandalösen Umständen absolut ohnmächtig“. Selbst der frühere deutsche Außenminister Sigmar Gabriel berichtete jüngst von einem Telefonat mit dem UN-Sonderberichterstatter über Folter, Nils Melzer, welcher Assange in der Haft getroffen und Gabriel berichtet habe, dass man den Umgang mit dem Whistleblower als Folter bezeichnen müsse: „Ich finde, in Europa muss gelten: Wer gefoltert wurde, braucht Hilfe und muss sich auf Rechtsstaatlichkeit verlassen können“, twitterte Gabriel. „Beides ist bei Julian Assange nicht gewährleistet.“

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Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, findet: „Whistleblower sind mutige Menschen. Sie weisen auf rechtswidrige oder teilweise sogar gefährliche Umstände hin, die der Öffentlichkeit sonst verborgen bleiben würden. Wenn sie dafür ihren Arbeitsplatz oder ihre gesamte zivile Existenz aufs Spiel setzen, dann brauchen sie dafür unseren Schutz.“ Es könne nicht sein, dass Snowden und andere als Querulanten oder Verräter behandelt würden und sich in Moskau oder anderswo verstecken müssten.

Der Schutz rückt jetzt näher. Im Oktober beschlossen die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union eine Richtlinie. Whistleblower – Hinweisgeber genannt – werden darin als Personen definiert, „die nicht schweigen, wenn sie im Rahmen ihrer Arbeit Fehlverhalten feststellen, das dem öffentlichen Interesse zuwiderläuft; etwa wenn dadurch die Umwelt, die öffentliche Gesundheit, die Verbrauchersicherheit oder die öffentlichen Finanzen Schaden nehmen“.

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Unternehmen mit über 50 Beschäftigten und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern werden in der Richtlinie verpflichtet, zuverlässig funktionierende Meldekanäle einzurichten. Hinweisgebern wird empfohlen, zunächst die internen Kanäle ihrer Organisation zu nutzen, bevor sie auf externe, von den Behörden eingerichtete Kanäle zurückgreifen. Sie sollen aber auch dann geschützt werden, wenn sie sich sofort an diese externen Stellen wenden. Letzteres war lange umstritten.

Die Richtlinie sagt ferner, dass Behörden und Unternehmen innerhalb von drei Monaten auf Meldungen von Missständen reagieren müssen. Im Gegensatz zu den Plänen des Parlaments sollen sich Hinweisgeber nicht direkt an die Presse wenden; indes kann sie auch niemand daran hindern.

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Das öffentliche Interesse ist in vielen Fällen offenkundig. Allein die weltweit publizierten Panama Papers haben über eine Milliarde Euro an Strafen und Steuernachzahlungen in die öffentlichen Kassen gespült. Die von Snowden ab 2013 enthüllten Überwachungspraktiken der National Security Agency (NSA) galten weithin als illegitim und hatten Weiterungen bis zum Bundesnachrichtendienst.

Die EU-Mitgliedsstaaten haben nun zwei Jahre Zeit, die Richtlinie umzusetzen. Wie genau dies bei uns geschieht, ist noch unklar – zumal es in den deutschen Sicherheitsbehörden nicht wenige Leute gibt, die Menschen wie Snowden als Verräter wahrnehmen. Der Deutsche Beamten-Bund erklärte nach der EU-Entscheidung, gerade „im teilweise sensiblen Bereich der öffentlichen Verwaltung“ sei es „unabdingbar, den Dienstweg einzuhalten“.

Grünen-Fraktionsvize von Notz setzt den Akzent anders. Die Grünen hätten nach Snowdens Enthüllungen mehrere Gesetzesinitiativen in den Bundestag eingebracht mit dem Ziel, den Schutz von couragierten Whistleblowern zu verbessern, sagte er. „Wenn die neue EU-Richtlinie nun dazu führt, dass in Deutschland etwas geschieht, dann ist das gut und überfällig.“

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