Ukrainischer Außenminister glaubt nicht an neue Fluchtbewegung aus der Ukraine im Winter
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Dmytro Kuleba, Außenminister der Ukraine
© Quelle: Ogirenko/dpa
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba rechnet mit neuen Angriffen Russlands auf die Energieversorgung, aber trotzdem mit keiner Fluchtbewegung aus der Ukraine nach Deutschland. „Wer die Ukraine jetzt noch nicht verlassen hat, wird auch in Zukunft nicht die Absicht haben, für längere Zeit ins Ausland zu flüchten“, sagte Kuleba in einem Pressegespräch auf Nachfrage des RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Die Menschen würden in erster Linie versuchen, in der Ukraine zu bleiben und womöglich aufs Land oder in westliche Regionen der Ukraine zu ziehen. „Einige von ihnen werden natürlich auch die Grenze überqueren, aber vor Deutschland liegen andere Länder auf ihrem Weg.“
Laut Kuleba wollen die geflüchteten Menschen schnell zurück in ihr Heimatland, „sobald die Energieversorgung der Wohnhäuser wiederhergestellt wurde“. Man müsse unterscheiden zwischen Ukrainern, die gleich zu Beginn des Krieges weggegangen sind und sich vorübergehend im Ausland niedergelassen haben, und denjenigen, die „diesen ganzen Alptraum in der Ukraine gerade mitmachen“. Wer die Ukraine noch nicht verlassen habe, wisse von sich selbst, wie widerstandsfähig er sei und dass er mit der Situation im Land leben könne. „Sie werden ihre Häuser also nur für kurze Zeit verlassen, bis unsere Experten die Stromversorgung wiederhergestellt haben“, sagte der ukrainische Außenminister. Er bezeichnete die Angriffe als „Kriegsverbrechen und Genozid“ gegen die ukrainische Bevölkerung.
„Abgesehen von der Energiehilfe, braucht die Ukraine mehr Waffen und Munition“, sagte Kuleba. Besonders der Mangel an 155mm-Artilleriemunition sei ein ernstes Problem. Dieser Krieg sei ein Artilleriekrieg und die Ukraine benötige mehr Haubitzen und Munition. „Wir müssen uns durch den Winter kämpfen.“
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Aktuell würden wöchentlich nur rund 13.000 Menschen aus dem Kriegsgebiet in die EU einreisen, berichtete der Migratonsforscher Franck Düvell vom Osnabrücker Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) am Dienstag dem Thüringer Kabinett in Erfurt. Wer aktuell in Deutschland ankomme, habe sich bereits seit geraumer Zeit in anderen EU-Ländern befunden.
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© Quelle: dpa
In der Summe seien seit dem Sommer mehr Menschen in ihre Heimat zurückgekehrt, als neu angekommen. Auffällig seien kurze Besuche in der Heimat für zum Teil nur wenige Tage. Aktuell würden pro Woche rund 500.000 Grenzübertritte zwischen der EU und der Ukraine in beide Richtungen registriert.
In Deutschland würden derzeit vermutlich nur rund 750.000 ukrainische Geflüchtete in leben, sagte Düvell. Das seien deutlich weniger als bislang geschätzt. Die immer wieder genannte Zahl von mehr als einer Million Menschen sei nicht mehr aktuell, da das Bundeszentralregister auch die bereits in ihre Heimat zurückgekehrten Menschen noch mitzähle.
Russland bombardiert seit Wochen immer wieder die Energieinfrastruktur in der Ukraine. Erst am Wochenende waren 1,5 Millionen Menschen im besonders schwer getroffenen Raum Odessa ohne Strom. Der örtliche Energieversorger und die Wasserwerke arbeiten daran, die Strom- und Wasserversorgung zu reparieren. Aber an schwierigen Tagen wie etwa Anfang dieser Woche könne man nicht alle Gebäude mit Strom versorgen, sagte ein Sprecher der Stadt Odessa gegenüber dem RND. „Wir müssen den vollen Betrieb der Krankenhäuser sicherstellen“, machte er die Prioritäten deutlich.
Die ukrainische Regierung wirft Russland vor, mit der Zerstörung der Energieinfrastruktur Flüchtlinge in die EU treiben zu wollen. Am Dienstag gab es erneut in der ganzen Ukraine Luftalarm. Über Angriffe und mögliche Schäden war zunächst nichts bekannt.
mit Agenturmaterial