Größere Unterstützung angekündigt

Neue Panzer aus Frankreich, USA und Deutschland: Diese schweren Waffen liefert der Westen nun an die Ukraine

Dieses undatierte, von der französischen Armee zur Verfügung gestellte Foto zeigt Spähpanzer vom Typ AMX-10 RC.

Dieses undatierte, von der französischen Armee zur Verfügung gestellte Foto zeigt Spähpanzer vom Typ AMX-10 RC.

Frankreich will der Ukraine zur Verteidigung gegen Russlands Vernichtungskrieg erstmals „leichte Kampfpanzer“ westlicher Bauart liefern, wie der Élysée-Palast am Mittwochabend verkündete. Emmanuel Macron hatte in einem Telefonat mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj angekündigt, der Ukraine Panzer des Typs AMX-10 RC zur Verfügung zu stellen. Wann und wie viele Panzer das ukrainische Militär erhalten soll, sagte Macron zunächst nicht.

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Frankreich hebe die Verteidigungsunterstützung für die Ukraine „auf ein neues Level“, so Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache an die Bevölkerung. „Das sendet ein klares Signal an alle unsere Partner: Es gibt keinen rationalen Grund, weshalb Panzer westlicher Bauart bislang nicht an die Ukraine geliefert wurden.“

Die Ukraine hatte zuvor bereits Kampfpanzer sowjetischer Bauart aus Polen erhalten, jedoch keine westlichen Modelle. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte die Abgabe von deutschen Kampf- und Schützenpanzern, wie den Leopard 2, bisher stets mit der Begründung abgelehnt, dass schwere Waffen nur in enger Abstimmung mit den Nato-Partnern an die Ukraine geliefert werden sollen. Aus den Reihen der Unionsfraktion und von FDP und Grünen hatte es wiederholt Forderungen nach modernen Kampf- und Schützenpanzern für die Ukraine gegeben. Am Donnerstagabend lenkte nun auch die SPD ein, Scholz gab per Mitteilung bekannt, dass Deutschland die Ukraine mit Marder-Schützenpanzern unterstützen wird.

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Verteidigungsministerium prüft Abgabe von Schützenpanzern

Das Verteidigungsministerium bereitet nach der Lieferzusage von Schützenpanzern an die Ukraine eine Abgabe aus den Beständen der Bundeswehr vor. Eine entsprechende Prüfung lief nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Freitag im Wehrressort aber noch. Untersucht wurde dabei auch, wie das Ziel einer schnellen Überlassung von 40 der Schützenpanzer erreicht werden kann.

Die Bundeswehr verfügt insgesamt über etwa 370 Marder, von denen viele vor einem Einsatz auch überholt werden müssen. Zudem sind Marder für die Nato-Verpflichtung in der Schnellen Eingreiftruppe (VJTF) gebunden, nachdem der Einsatz des moderneren Puma auf Eis gelegt worden war.

Bereits im Sommer hatte der Hersteller Rheinmetall 100 der Schützenpanzer für die Ukraine angeboten. Inzwischen sind davon 40 für Griechenland bestimmt, das dafür Schützenpanzer sowjetischer Bauart in die Ukraine liefert („Ringtausch“). Weitere 60 Marder werden aufgearbeitet und überholt und könnten also früher oder später an die Ukraine abgegeben werden.

Schützenpanzer für die Ukraine – Selenskyj dankt Deutschland und USA
Ukraine-Konflikt, Wolodymyr Selenskyj telefoniert in Kiew mit Emmanuel Macron  President of Ukraine Volodymyr Zelensky speaks over phone with President of France Emmanuel Macron, at his office in Kyiv President of Ukraine Volodymyr Zelensky speaks over phone with President of France Emmanuel Macron, at his office in Kyiv on January 4, 2023. Photo by PRESIDENT OF UKRAINE OFFICE apaimages Ukraine Ukraine Ukraine 040123_Kyiv_UPO_00 1 Copyright: xapaimagesxPRESIDENTxOFxUKRAINExxapaimagesx

Die Freude in Kiew ist groß. Nach langem Zögern haben Olaf Scholz und Joe Biden der Ukraine Schützenpanzer zugesagt.

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Was kann der französische Panzer AMX-10?

„Der französische AMX-10 ist kein Kampfpanzer, sondern ein schneller Jagd- beziehungsweise Spähpanzer der Aufklärungstruppe“, stellt Oberst Markus Reisner vom österreichischen Bundesheer klar. Die Aufklärungstruppe versuche, unerkannt und möglichst ohne Feindberührung ein Lagebild zu schaffen und unzureichend gesichertes Gelände einzunehmen, so der Kommandant des Gardebataillons im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Dagegen versuche ein Kampfpanzer, Gelände durch Kampf in Besitz zu nehmen, kämpfe gegen andere Panzer und müsse daher stark gepanzert sein. Der AMX-10 aus Frankreich sei aber gar nicht bis leicht gepanzert. „Mit einem echten Kampfpanzer wie dem Leopard 2 ist der AMX-10 daher in keinem Fall vergleichbar.“

Der französische Panzer besteht zu einem Großteil aus Aluminium, ist daher sehr leicht und kann laut Reisner bei guter Motorleistung sehr hohe Geschwindigkeiten und Distanzen erreichen. Außerdem verfüge er über eine hohe Feuerkraft. „Im direkten Gefecht oder gar Duell mit einem russischen Kampfpanzer würde dieses Fahrzeug unterlegen sein, weil die Panzerung nicht ausreicht.“

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Dabei wäre Frankreich durchaus in der Lage, der Ukraine echte Kampfpanzer zu übergeben. Der französische Leclerc ist vergleichbar mit dem deutschen Kampfpanzer Leopard 2 und könnte es mit den von Russland vielfach eingesetzten sowjetischen Kampfpanzern T-72 aufnehmen. Dennoch helfe der AMX-10 aus Frankreich dem ukrainischen Militär enorm, meint Oberst Reisner: „Er kann bei Vorstößen und neuen Offensiven dabei helfen, die Lücken des Gegners zu erkennen und den nachstoßenden Kräften die Einnahme des Gebiets zu ermöglichen.“ Vor allem zur weitreichenden Feuerunterstützung werde die Ukraine ihn aufgrund der leistungsfähigen Kanone mit hoher Reichweite einsetzen können.

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Frankreichs Panzerlieferung hat vor allem symbolischen Wert und ist ein Vorstoß, der den Weg für die Lieferung von Leopard 2 und anderen Kampfpanzern ebnen soll. „Mit der französischen Ankündigung bricht die Hauptausrede des Bundeskanzlers weg, keine schweren gepanzerten Fahrzeuge zu liefern“, sagte Unionspolitiker und Leiter der deutschen Nato-Delegation, Johann Wadephul, dem RND. Frankreich leiste die dringend notwendige Unterstützung für die Ukraine und sende ein klares Signal an Präsident Putin. „Die Ankündigung zeigt einmal mehr, dass die Achse Paris–Berlin nicht mehr funktioniert“, so Wadephul weiter. Auch Politiker aus der eigenen Koalition riefen den Bundeskanzler auf, deutsche Kampf- und Schützenpanzer an die Ukraine zu liefern. „Der Ball liegt jetzt in Berlin“, erklärte FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Aus der Bundesregierung äußerte sich zunächst nur Vizekanzler Robert Habeck (Grüne). „Wir werden unsere Lieferungen stets den Erfordernissen des Schlachtfelds anpassen“, sagte er, ohne näher auf Details einzugehen.

Am Donnerstagabend war die Entscheidung fix: Deutschland will der Ukraine erstmals Schützenpanzer für den Kampf gegen die russischen Angreifer liefern. Darüber einigten sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und US-Präsident Joe Biden in einem Telefonat, wie es anschließend in einer gemeinsamen Erklärung hieß. Deutschland will der Ukraine zudem ein Patriot-Luftabwehrsystem zur Verfügung stellen.

„Finde ich zynisch“: Militärexperte widerspricht Forderungen nach Ende von Waffenlieferungen

Brigadier Philipp Eder, der die Abteilung Militärstrategie beim österreichischen Bundesheer leitet, plädiert für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine.

USA kündigen ebenfalls Waffenlieferungen an

Die USA kündigten ebenfalls an, die Ukraine mit neuen Waffen zu unterstützen und ihr den Schützenpanzer Bradley zu überlassen. Das gepanzerte Kettenfahrzeug ist vergleichbar mit dem deutschen Puma und dem Marder und verfügt über eine Kanone, ein Maschinengewehr sowie panzerbrechende Raketen. Deutschland hat bisher weder Puma noch Marder geliefert. Medienberichten zufolge erwägt Deutschland aber nun, der Ukraine den Schützenpanzer Marder zu überlassen. „Scholz tut nur so viel, wie er gerade muss, um international nicht blamiert zu sein“, so die Einschätzung von Thomas Jäger, Professor für internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu Köln.

Laut Reisner sei der Bradley aber, ebenso wie westeuropäische Kampfpanzer, sehr komplex, ausbildungs- und wartungsintensiv, und habe einen hohen Spritverbrauch. Hinzu komme die notwendige Munition für die Bordbewaffnung. Damit der Bradley ein Ziel in Angriff nehmen kann, brauche er zudem den Schutz von Kampfpanzern. Diese Gründe wurden in der Vergangenheit häufig als Argumente gegen die Lieferung westlicher Kampfpanzer hervorgebracht.

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Im Vergleich mit russischen Panzern verfüge der amerikanische Bradley über eine bessere Sensorik, so Reisner. „Er kann den Feind früher erkennen und schneller bekämpfen.“ Eine weitere Besonderheit am Bradley sei, dass er Soldaten transportieren und am Angriffsziel absetzen kann.

Der Eindruck, der Westen beginne jetzt mit der Lieferung schwerer Waffen, ist laut Experte Reisner aber falsch. Der Westen hat bisher an Kampfpanzern nur Modelle sowjetischer Bauart geliefert, aber keine westlichen Waffen, betont Reisner. Westliche Artilleriesysteme, wie die Himars-Raketenwerfer oder Panzerhaubitzen, seien hier eine Ausnahme. „Der AMX-10, aber auch der Bradley und der Marder, zählen noch nicht zu den schweren Waffen“, macht Reisner deutlich.

Die ukrainischen Streitkräfte sind inzwischen mehr und mehr auf westliche Waffen angewiesen. Bis zum Sommer hatte der Westen etwa 1400 sowjetische Panzer, Kampfschützenpanzer, gepanzerte Transportfahrzeuge und Artilleriesysteme geliefert, so Oberst Reisner. Mit dieser neuen Ausstattung sei die ukrainische Armee in der Lage gewesen, die Offensiven im Spätsommer und Herbst durchzuführen. „Jetzt ist diese erste Waffenlieferung des Westens signifikant aufgebraucht, und die Ukraine ist auf neue Waffen angewiesen.“ Der ukrainische Generalstabschef forderte daher zuletzt weitere 300 Kampfpanzer, 600 bis 700 Kampfschützenpanzer und 500 Artilleriesysteme.

mit dpa

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