Schlussoffensive spätestens im Sommer

Militärexperten sicher: Finaler Kampf um die Krim wird „brutal“

Der größte Angriff der vergangenen Monate war die Explosion auf die Krim-Brücke Anfang Oktober.

Der größte Angriff der vergangenen Monate war die Explosion auf die Krim-Brücke Anfang Oktober.

Ben Hodges, einst ein kommandierender General der US-Armee in Europa, ist überzeugt, dass die Halbinsel Krim Ende August wieder von den Ukrainerinnen und Ukrainern kontrolliert wird. Er hat das schon mehrfach betont – und jetzt nachgelegt.

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„Natürlich ist die Zeit auf der Seite der Ukraine. Sie haben keine Personalprobleme und ihre logistische Situation wird jede Woche besser. Kein einziger russischer Soldat will wirklich dort sein und die Sanktionen schmerzen. Die Ukraine befreit die Krim bis Ende August“, twitterte er am 7. Januar.

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„Sehr optimistisch“ sei das ukrainische Militär, räumte Matthew Schmidt, Direktor für internationale Angelegenheiten an der Universität von New Haven, gegenüber dem Magazin „Newsweek“ ein. Es bestehe durchaus die reelle Chance einer Eroberung, vor allem mit Blick auf Waffenlieferungen durch den Westen, auf Schulungen und der nachhaltigen Modernisierung des ukrainischen Militärs.

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„Wenn sie lernen, aufeinander abgestimmte Operationen verschiedener Waffengattungen im größeren Umfang durchzuführen, könnten sie es schaffen“, so Schmidt mit Blick auf die ukrainische Armee. Nicht zuletzt hätten die Verteidiger die besser Moral.

Dieser Kampf wird brutal

Laut Schmidt werde dieser Kampf um die Rückeroberung aber „brutal“, da Russland dort seit 2014 eine starke Verteidigung aufgebaut habe. Aufgrund des hohen Risikos des Scheiterns werde der Kampf aber der letzte in diesem Krieg sein, prophezeit Schmidt. Scheitern könne dieses Vorhaben dann, wenn die Ukraine in hoher Zahl Truppen verliere oder die Militärführung „falsche Entscheidungen treffe“, was zum Beispiel den Verlust der vom Westen gelieferten Ausrüstung beträfe.

Kyrylo Budanow, Chef des ukrainischen Geheimdienstes, betonte in der vergangenen Woche, dass die Ukraine die besetzte Krim mit einer Kombination aus militärischer Anstrengung und Diplomatie befreien wolle. „Allerdings kann es nicht ohne Gewalt funktionieren. Unsere Einheiten werden bewaffnet dorthin gehen“, sagte Budanow zu Liga.net.

Ich halte eine Rückeroberung der Krim unter den gegebenen Voraussetzungen für nahezu unmöglich.

Hans-Lothar Domröse,

Ex-Nato-General

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„Ich halte eine Rückeroberung der Krim unter den gegebenen Voraussetzungen für nahezu unmöglich“, sagt dagegen der ehemalige Nato-General Hans-Lothar Domröse dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), „falls es nicht zu einer erheblich massierten Lieferung von mehr Hightech kommt, von Drohnen, Artillerie und besseren Panzern.“

Die Amerikaner müssten die Reichweitebeschränkung der Himars-Raketenwerfer aufgeben und Munition liefern, mit der ukrainische Soldatinnen und Soldaten Ziele in 300 Kilometern Entfernung treffen könnten. Zudem kann die Ukraine die Zahl an Soldaten kaum noch erhöhen. Auch sie verzeichne enorme menschliche Verluste, könne das aber anders als Russland nicht ausgleichen.

Die Russen haben sich auf der Krim eingebunkert

Die Russen hätten sich auf der Krim eingebunkert, ist Domröse überzeugt. „Selbst wenn die Ukraine 40 moderne Leopard-Panzer bekommt – bei 1500 Kilometern Frontverlauf und einer zusätzlichen Bedrohung aus Belarus im Norden sind ein Durchbruch und die anschließende Bildung eines Korridors inklusive Absicherung an den Flanken in Richtung der Halbinsel kaum vorstellbar“, macht Domröse deutlich. „Die Russen haben bislang 2000 Panzer verloren, das wären alle in Europa existierenden Leopard-Modelle, aber die ersetzen das einfach.“

Putin gibt Ukraine die Schuld an Explosion auf Krim-Brücke

Es gebe keinen Zweifel, die Tat sei vom ukrainischen Geheimdienst geplant und ausgeführt worden, sagte der russische Staatspräsident.

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Der pensionierte Militär glaubt dagegen an „ein Schlusskonzert im Frühjahr/Sommer, beide versuchen noch eine große Offensive – und begeben sich dann erschöpft in Verhandlungen. Russland will nicht weiter vorwärtskommen und die Ukraine schafft es leider nicht.“

Zuerst müsste die russisch besetzte Landverbindung von der Krim zum Donbass beseitigt werden.

Andreas Umland,

Osteuropa­experte vom Stockholm Centre for Eastern European Studies

Der Osteuropa­experte Andreas Umland vom Stockholm Centre for Eastern European Studies verweist auf die verstärkten Drohnen­angriffe auf Militär­anlagen, insbesondere Flugplätze, sowie Raketen­basen auf der Krim sowie auf die Kertsch-Brücke. Dass die ukrainischen Streitkräfte auf dem Landweg bis zur Krim vorrücken und die Halbinsel einnehmen, sei derzeit unwahrscheinlich. „Zuerst müsste die russisch besetzte Landverbindung von der Krim zum Donbass beseitigt werden.“ Statt einer militärischen Rückeroberung sei es für die Ukraine einfacher, die Krim von Versorgungs­wegen zu isolieren und einzukreisen. „Dann wird es womöglich zu einer Verhandlungs­lösung für die Rückführung der Krim kommen“, erklärt Umland.

Zur Strategie, die das ukrainische Militär gerade verfolge, sagt Umland: „Den Kriegs­treibern in Moskau müssen die militärische Sinnlosigkeit und die politischen Risiken einer Fortführung des Krieges immer wieder demonstriert werden.“ Erfolgreiche ukrainische Luft- und Seeangriffe gegen russische militärische Ziele auf der Krim haben eine hohe symbolische Bedeutung. „Sie sind daher besonders für den Anschub eines tiefen Umdenkens in Moskau geeignet“, erklärt Umland.

Das ukrainische Militär hat den Druck auf Russland erhöht und in diesem Jahr mindestens fünfmal mit Drohnen die von Russland besetzte Halbinsel Krim angegriffen. Mit den Drohnen­angriffen auf die Krim will die Ukraine die russischen Attacken auf die kritische Infrastruktur beenden, erklärt Oberst Markus Reisner vom österreichischen Bundesheer. Das ukrainische Militär versuche zu sondieren, wie die russische Flugabwehr in Sewastopol aufgestellt ist, und schicke Drohnen, um die Reaktion der Russen auszutesten.

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Erst vor wenigen Tagen hatten die russischen Streitkräfte damit begonnen, den Land­korridor zur Krim erneut massiv aufzurüsten. In den Norden der Krim seien neue russische Einheiten verlegt worden, so der US-Thinktank Institute for the Study of War (ISW) im Lagebericht. Es seien auch Befestigungen in der Gegend errichtet worden, um die Land­verbindung zur Krim besser gegen Angriffe verteidigen zu können.

Iran bildet Russland offenbar im Umgang mit Drohnen aus

Der Iran hat einem Bericht zufolge Ausbilder auf die von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim geschickt.

Die tiefe symbolische Bedeutung der Krim

Was aus westlicher Sicht oft vernachlässigt wird, ist die tiefe symbolische Bedeutung der Krim – und ihres Verlustes: „Aus globaler Perspektive würde es bekräftigen, dass man Grenzen in Europa nicht mit Gewalt ändern kann“, schreibt Pawel Kowal, ein polnischer Historiker und Mitglied des Europäischen Parlaments in einer detaillierten Analyse über mögliche Szenarien.

Das Ende der postsowjetischen Periode – das heißt einer Welt unabhängiger Staaten, die auf den Ruinen der UdSSR geschaffen wurden, in denen Russland jedoch immer noch ‚Sonderrechte‘ in Bezug auf ihr Territorium und Sicherheitsfragen behält.

Pawel Kowal,

Polnischer Historiker und Mitglied des Europäischen Parlaments

Für Russland würde der Krim aber bedeuten, „dass die Ära des imperialen Russlands und seiner imperialen Mythen zu Ende geht“. Das würde „die postsowjetische Periode beenden – das heißt eine Welt unabhängiger Staaten, die auf den Ruinen der UdSSR geschaffen wurden, in denen Russland jedoch immer noch ‚Sonderrechte‘ in Bezug auf ihr Territorium und Sicherheitsfragen behält.“

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Kowal: „Es ist plausibel, dass die Krim mit dem Ende des Krieges unter die volle und rechtmäßige ukrainische Kontrolle zurückkehren wird, aber unter bestimmte internationale Garantien gestellt wird.“

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