Überlastete Kliniken: Mehrere Bundesländer bereiten Verlegungen von Intensivpatienten vor
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Krankenwagen stehen vor der Notaufnahme der Rottal-Inn Kliniken in Eggenfelden. Die Kapazitäten des Krankenhauses sind nach Angaben der Klinikleitung ausgeschöpft. (Archivbild) Angesichts der sich zuspitzenden Corona-Lage in den Kliniken bereitet sich Bayern auf den Transport einer größeren Zahl von Intensivpatienten in andere Bundesländer vor.
© Quelle: Armin Weigel/dpa
München. Um Engpässe in der intensivmedizinischen Behandlung zu vermeiden, sollen bis zum Wochenende mehrere Dutzend Patienten aus den stark von Corona betroffenen Regionen im Osten und in Bayern in andere Teile Deutschlands verlegt werden.
Wie der Vorsitzende des Arbeitskreises der Innenministerkonferenz für Feuerwehrangelegenheiten, Rettungswesen, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung, Hermann Schröder, auf Anfrage mitteilte, wurden über das sogenannte Kleeblatt-Verfahren am Mittwoch Anträge auf bundesweite Verlegung für insgesamt rund 80 Patienten aus Bayern und dem Kleeblatt-Ost geprüft.
Nach Angaben der thüringischen Landesgesundheitsministerin Heike Werner (Linke) müssen in den kommenden Tagen 14 Patienten in norddeutsche Krankenhäuser verlegt werden. „Weitere werden folgen“, sagte Werner am Mittwoch in einer Landtagsdebatte zur Corona-Pandemie. „Ich hoffe, dass die Krankenhäuser in den anderen Ländern, wahrscheinlich in Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, in der Lage sind und bleiben werden, uns diese Patientinnen und Patienten abzunehmen.“
Sachsen hat derweil die Verlegung von 20 Corona-Intensivpatienten beantragt, wie das Gesundheitsministerium am Mittwoch auf Nachfrage mitteilte. Aktuell werde geklärt, welche Erkrankten in Frage kämen, vorzugsweise aus dem Krankenhaus-Cluster Chemnitz, hieß es.
„Müssen davon ausgehen, dass es zu Verlegungen über ein Kleeblatt hinaus kommen wird“
Vor allem Covid-19-Patienten sollen in andere Regionen gebracht werden. In Ausnahmefällen könnten auch Patienten mit anderen Erkrankungen verlegt werden, sagte Schröder. Generell werde darauf geachtet, dass die aufnehmenden Krankenhäuser in Regionen liegen, die aktuell weniger stark von der Corona-Pandemie betroffen sind.
Das niedersächsische Innenministerium koordiniert die Verlegung von zehn Corona-Intensivpatienten aus dem Osten Deutschlands in den Norden. Die Kranken sollten in den nächsten Tagen ankommen, teilte das Ministerium in Hannover am Mittwoch mit. „Wir unterstützen auf dieser Grundlage die besonders stark von der Pandemie betroffenen Bundesländer mit unseren Intensivbettenkapazitäten“, sagte Innenminister Boris Pistorius (SPD).
Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin gehören zum Kleeblatt-Ost. Der aktuell ebenfalls stark von Corona betroffene Freistaat Bayern bildet alleine das Kleeblatt-Süd. In den nächsten Tagen werden voraussichtlich 50 Corona-Intensivpatienten aus Bayern in andere Bundesländer verlegt. Wann und wohin, ist noch unklar. „Die Planungen laufen“, sagte am Mittwoch der Nürnberger Branddirektor Marc Gistrichovsky. Die „Zielgebiete“ würden nach der Erfassung der geeigneten Patientinnen und Patienten ermittelt. Aktuell gab es zuletzt im Norden und in Hessen noch freie Kapazitäten.
Damit Covid-19-Patienten trotz sich abzeichnender Engpässe in einigen Regionen weiterhin intensivmedizinisch behandelt werden können, hatte das strategische Steuerungsgremium von Bund und Ländern zuvor die Kleeblatt-Konferenz aktiviert.
Kleeblatt-Konzept wurde im September 2020 beschlossen
Zweck dieser Konferenz, die sich täglich oder im Zwei-Tages-Rhythmus austauscht, ist es, eine bundesweite Verlegung von Patienten zu organisieren. Dabei geht es darum, freie Plätze und geeignete Transportmittel zu finden. „Wir müssen davon ausgehen, dass es zu Verlegungen über ein Kleeblatt hinaus kommen wird“, hatte Schröder der Deutschen Presse-Agentur gesagt.
Unter dem Eindruck der ersten Corona-Welle hatten Bund und Länder im Frühjahr 2020 ein Konzept für die bundesweite Verlegung von Patienten entwickelt. Im September vergangenen Jahres wurde das sogenannte Kleeblatt-Konzept dann durch die Innen- und Gesundheitsminister beschlossen.
Es sieht vor, dass zunächst innerhalb der fünf Regionen - West, Nord, Ost, Süd, Südwest - verlegt wird. Wenn in einer dieser Regionen absehbar keine freien Plätze mehr vorhanden sind, wird im Austausch mit dem Gemeinsamen Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) die Verlegung auch in andere Gebiete organisiert. Eine Fachgruppe des Robert Koch-Instituts berät dabei.
RND/dpa