U-Boot-Streit zwischen Frankreich und Australien wirbelt EU-Handelspolitik durcheinander
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Ein australisches Collins-U-Boot im Pazifik: Demnächst sollen diese Boote durch atomar betriebene U-Boote ersetzt werden.
© Quelle: Australian Defence Force via Get
Brüssel/Berlin. Der Streit um den geplatzten U-Boot-Deal zwischen Frankreich und Australien nimmt an Schärfe zu. Frankreichs Europa-Staatssekretär Clément Beaune stellte jetzt offen das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und Australien infrage.
Handelspolitiker in Brüssel waren in Alarmstimmung. In der Nacht zu Dienstag wollten sich die Außenminister der 27 EU-Staaten am Rande der UN-Generalversammlung in New York treffen. Thema auch dort: die Folgen des neuen Sicherheitsbündnisses von USA, Großbritannien und Australien für das transatlantische Verhältnis.
Mitte vergangener Woche wurden die Europäer von der Ankündigung völlig überrascht, dass sich Washington, London und Canberra zu einem Pakt zusammenschließen wollen, der sich offenbar gegen die militärische Bedrohung durch China im Pazifikraum richtet. Erste Auswirkung des neuen Bündnisses: Australien kündigte umgehend den Vertrag über den Kauf von dieselbetriebenen U-Booten aus Frankreich auf und will nun atombetriebene U-Boote aus den USA anschaffen.
Frankreich: „Dolchstoß in den Rücken“
Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian nannte die Kündigung des 56-Milliarden-Euro-Geschäfts einen „Dolchstoß in den Rücken“. Die USA gingen äußerst brutal vor. Er fühle sich an Donald Trump erinnert, sagte Le Drian.
Der französische Europa-Staatssekretär Clément Beaune legte am Montag nach. Es sei „undenkbar“, dass die Verhandlungen zwischen der EU und Australien über ein Freihandelsabkommen weiterlaufen könnten, sagte Beaune dem Onlinemagazin „Politico“.
Zwar führt die EU-Kommission die Gespräche über Handelsabkommen und hält an der nächsten Verhandlungsrunde im Oktober fest. Doch am Ende müssen alle EU-Staaten einem Abkommen zustimmen. Ein Veto Frankreichs würde das Projekt zu Fall bringen.
Handelspolitiker alarmiert
Der Chef des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange, zeigte sich sehr besorgt wegen der eskalierenden Krise. Die Kündigung des U-Boot-Vertrags habe zu einem enormen Vertrauensverlust auf europäischer Seite geführt, sagte der deutsche SPD-Politiker am Montag vor Journalisten in Brüssel. Das werde die Handelsgespräche mit Australien extrem verkomplizieren. Lange sprach sich jedoch dagegen aus, die Gespräche abzubrechen.
Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Hardt, forderte die Bundesregierung auf, sich einzuschalten. „Als guter Partner sowohl Frankreichs als auch der USA sollte Deutschland hier vermittelnd tätig werden“, sagte Hardt dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Für eine gemeinsame und wirksame Abschreckungsstrategie der Nato-Partner und des gesamten Westens ist Geschlossenheit unerlässlich.“
FDP: „Es gibt nur Verlierer“
„Auf westlicher Seite gibt es im geplatzten U-Boot-Deal zwischen Frankreich und Australien im Moment nur Verlierer“, sagte FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff dem RND. „Denn es geht nicht nur um Frankreichs Einfluss im Indopazifik und um viele Milliarden Euro, die der französischen Industrie entgehen, sondern vor allem auch um einen Vertrauensverlust zwischen engen Verbündeten“, so Lambsdorff weiter.
Gewinner des Streits seien China und Russland, „die den fehlenden Austausch zwischen den transatlantischen Partnern mit Freude zur Kenntnis nehmen werden“, sagte Lambsdorff. Er forderte: „Außenminister Maas sollte sich gemeinsam mit den anderen europäischen Diplomaten mit Nachdruck um Deeskalation bemühen.“
„Das Nato-Mitglied Frankreich wurde von den Nato-Mitgliedern USA und Großbritannien und dem befreundeten Land Australien schwer gedemütigt“, sagte der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Gregor Gysi, dem RND. „Das Geschäft sollen nun die USA machen. Aber niemand versteht, gegen wen und wozu Australien diese Atom-U-Boote benötigt.“