Ex-Präsident als Wahlhelfer

Trump, der Retter der Demokraten

Was will er der Welt am 15. Oktober sagen? Donald Trump, hier aufgenommen in der Wahlnacht vom 8. auf den 9. November 2022, in seiner Residenz in Mar-a-Lago, Florida.

Was will er der Welt am 15. Oktober sagen? Donald Trump, hier aufgenommen in der Wahlnacht vom 8. auf den 9. November 2022, in seiner Residenz in Mar-a-Lago, Florida.

Donald Trump strich sich den Schlips glatt und zelebrierte die vollmundige Ankündigung einer Ankündigung. Am 15. November, ließ er seine Fans bei einem öffentlichen Auftritt vor den Zwischenwahlen wissen, werde er eine „sehr große Ansage“ machen, „a very big announcement“.

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Was genau will er mitteilen? Seine ergebenen Anhänger, klar, waren prompt elektrisiert: Trump, so hoffen sie, werde schon jetzt seine Präsidentschaftskandidatur für 2024 verkünden – und auf diese Art alle innerparteilichen Konkurrenten zum Schweigen bringen, mit einem ebenso frühen wie mächtigen Hieb.

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Aber will Trump das wirklich? Und kann das klappen?

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Ein wahrhaft grandioser Realitätsverlust

In Wahrheit wäre Trumps Ansage einer Kandidatur ein weiterer Beweis seines wahrhaft grandiosen Realitätsverlusts. Trump irrt, wenn er meint, das Ergebnis der Zwischenwahlen bedeute einen politischen Schub für ihn.

Die Republikaner profitierten zwar von einer generellen Verunsicherung in den USA mit Blick auf die Inflation. Deshalb konnten sie wie erwartet das Repräsentantenhaus kippen. Doch ein Dreh dieser Art gehört zur Normalität bei Zwischenwahlen in den USA. Auch Trump selbst musste 2018 einen solchen Pendelschlag zugunsten des politischen Gegners aushalten.

„Ein guter Abend für die Demokraten“ – Videoanalyse der ersten Ergebnisse der Midterm-Wahlen

Der US-Politikexperte Julius van de Laar analysiert im RND-Videointerview die ersten Ergebnisse der Midterm-Wahlen 2022.

Eine Detailbetrachtung der Wahl indessen spricht nicht für eine Stärkung Trumps, im Gegenteil. Aus den demokratischen Hochburgen im Nordosten und an der Westküste wird berichtet, die Aussicht auf eine Wiederkehr Trumps habe in Wirklichkeit den Demokraten geholfen, ihre Reihen zu schließen und ihre Anhänger zur Wahl zu bewegen.

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Quer durch die USA lag die Wahlbeteiligung diesmal höher als bei früheren Zwischenwahlen. In den demokratisch dominierten Staaten Kalifornien, Vermont und Michigan spielten dabei auch parallel laufende Volksabstimmungen zur verfassungsrechtlichen Absicherung des Rechts auf Abtreibung eine Rolle. Bereits im August hatte eine solche Abstimmung sogar im konservativen Kansas – zum Entsetzen der dort dominierenden Republikaner – ergeben, dass eine Bevölkerungsmehrheit an einer eher liberalen Regelung interessiert ist. Seither erscheinen Trumps jahrelange Bemühungen, mithilfe des Obersten Gerichts auf strengere Regelungen hinzuwirken, als strategisches Eigentor.

Die Luft ist raus: Ballons und Poster liegen am Boden nach einer Wahlnacht, die in Pennsylvania dem radikalen Trump-Jünger Doug Mastriano eine klare Niederlage brachte.

Die Luft ist raus: Ballons und Poster liegen am Boden nach einer Wahlnacht, die in Pennsylvania dem radikalen Trump-Jünger Doug Mastriano eine klare Niederlage brachte.

Viel Einmischung, wenig Erfolg

Auch bei seinen jüngsten Einmischungen in die Auswahl von Personal und Themen in diversen Bundesstaaten hatte Trump keine glückliche Hand.

  • In Pennsylvania scheiterte der von Trump geförderte Kandidat für den Senat, Mehmet Oz. Es gewann der wackere Demokrat John Fetterman, der im Wahlkampf noch immer mit Sprachproblemen zu kämpfen hatte, eine Folge eines im Mai erlittenen Schlaganfalls. Bei der Gouverneurswahl im gleichen Bundesstaat blieb der extrem rechte Trump-Jünger Doug Mastriano erfolglos.
  • In Michigan hoffte Trump bei den Gouverneurswahlen auf einen Sieg der von ihm als Kandidatin ausgesuchten Tudor Dixon – die jedoch klar gegen die Demokratin Gretchen Whitmer verlor.
  • In Arizona lagen am Mittwochvormittag nach Auszählung von mehr als der Hälfte der Stimmen sowohl die von Trump massiv geförderte Gouverneurskandidatin Kari Lake als auch Trumps Senatskandidat Blake Masters deutlich zurück.
  • In Georgia, einem Staat, in dem sich Trump ebenfalls stark einmischte, rangierte bei den Senatswahlen der Republikaner Hershel Walker knapp hinter dem Demokraten Raphael Warnock. Hier könnte es auf Nachzählungen oder Stichwahlen im Dezember hinauslaufen, nach der von Trump erhofften „roten Welle“ sah es aber auch hier nicht aus.
  • Zerstoben sind auch Trumps Wunschträume, mit dem Thema Alltagskriminalität auf den letzten Metern noch hier oder da einzubrechen in Hochburgen der Demokraten. In New York etwa scheiterte der republikanische Gouverneurskandidat Lee Zeldin, der eine akute Sicherheitskrise in der Millionenmetropole ausgerufen hatte – Gouverneurin bleibt die Demokratin Kathy Hochul.

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Ein strahlender Sieger ist Trumps Feind

Das für Trump schlimmste Einzelresultat von allen aber ist der strahlende Sieg seines parteiinternen Intimfeinds Ron DeSantis bei den Gouverneurswahlen in Florida. DeSantis deklassierte seinen demokratischen Gegenkandidaten mit 59 zu 40 Prozent und sammelte in großem Stil auch die Stimmen von Wählerinnen und Wählern lateinamerikanischer Abstammung ein. Damit hat der 44-Jährige seinen Republikanern eindrucksvoll vorgeführt, wie man eine Wahl unzweifelhaft gewinnt.

Für Trump wird es damit kompliziert. In den Wahlkampf 2024 zöge er als 78-Jähriger. Will er bis dahin tagein, tagaus immer wieder die Platte auflegen, er sei ja eigentlich auch ein Gewinner, nur sei ihm leider der Wahlsieg 2020 durch düstere Machenschaften der Demokraten entwunden worden?

Einer, der seine Wahl unzweifelhaft gewonnen hat: Floridas republikanischer Gouverneur Ron DeSantis mit Ehefrau Casey bei einer Wahlparty im Tampa Convention Center.

Einer, der seine Wahl unzweifelhaft gewonnen hat: Floridas republikanischer Gouverneur Ron DeSantis mit Ehefrau Casey bei einer Wahlparty im Tampa Convention Center.

In mittlerweile rund 60 Gerichtsurteilen wurde die rechtmäßige Präsidentschaft Joe Bidens als unanfechtbare Tatsache festgestellt. Dass Trump seine Niederlage so hartnäckig leugnet, entpuppt sich immer mehr als pure Egozentrik mit Blick auf 2024. Normalerweise kommt, wer schon mal eine Präsidentschaftswahl verloren hat, nach den strengen ungeschriebenen Gesetzen der amerikanischen Politik nicht für einen weiteren Anlauf in Frage. Trump will diese Normalität umgehen. Deshalb will er, dass aus seinem persönlichen Realitätsverlust ein kollektiver Realitätsverlust wird.

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Statt diesen heillosen Weg mitzugehen, sollte die Partei ihn endlich abschütteln. Anderenfalls müssen die Republikaner damit rechnen, dass ein Kandidat Trump 2024 – ebenso wie schon im Jahr 2020 – am Ende wieder die Demokraten rettet.

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