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„Tiergarten“-Prozess: Russischer Botschafter hält Mordurteil für politisch motiviert

Sergej Netschajew, russischer Botschafter in Deutschland (Archivbild)

Sergej Netschajew, russischer Botschafter in Deutschland (Archivbild)

Berlin/Moskau. Der russische Botschafter in Deutschland, Sergej Netschajew, hat das Mordurteil gegen einen Russen in Berlin als „politisch motiviert“ kritisiert. Netschajew habe Kenntnis davon erhalten, dass das Gericht daran festhalte, dass „russische staatliche Strukturen“ hinter dem Mord an einem Georgier am 23. August 2019 stünden, teilte der Diplomat am Mittwoch Staatsmedien in Moskau zufolge mit.

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Der Diplomat kündigte zudem Reaktionen an – Einzelheiten nannte er nicht. „Es handelt sich dabei um einen offensichtlich unfreundlichen Akt, der nicht unerwidert bleibt“, erklärte er am Mittwoch in Berlin. „Auch der Zeitpunkt der Urteilsverkündung wird nicht von ungefähr ausgesucht sein. Offenbar hat jemand ein Interesse daran, dass der Dialog zwischen Russland und der neuen Bundesregierung von Beginn an dadurch überschattet wird.“

Das Berliner Kammergericht hatte am Mittwoch einen 56-jährigen Russen zu lebenslanger Haft wegen Mordes an dem Georgier tschetschenischer Abstammung verurteilt. Die Staatsschutzkammer sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte im Auftrag des russischen Staates gehandelt habe. „Die Tat war durch in Berlin stationierte Helfer akribisch vorbereitet“, sagte der Vorsitzende Richter Olaf Arnoldi bei der Urteilsbegründung. Das Gericht folgte damit der Argumentation der Bundesanwaltschaft.

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Netschajew sagte dazu: „Dieses Urteil halten wir für nicht objektiv, politisch motiviert und für das ohnedies schwierige deutsch-russische Verhältnis gravierend belastend.“ Den Vorwurf, dass die Russische Föderation an der Tat beteiligt gewesen sein soll, bezeichnete der Botschafter als „absurd“. Er kritisierte unter anderem, dass Recherchen der Internetplattformen Bellingcat und Insider und „sonstige unbegründete Mutmaßungen“ als Beweise zugelassen worden seien und zweifelte eine Zeugenaussage an.

Putin über Getöteten: „Banditen, Mörder“

Russland hatte eine Beteiligung staatlicher Stellen stets bestritten. Allerdings bezeichnete Präsident Wladimir Putin den getöteten Georgier als einen „Banditen, Mörder“, dessen Auslieferung Moskau von den deutschen Behörden immer wieder erfolglos verlangt habe.

„Dieser Mensch wurde bei uns gesucht, ein sehr brutaler und blutrünstiger Mensch. Bei nur einer Aktion, an der er beteiligt war, wurden von ihm 98 Menschen getötet. Und er war einer der Organisatoren der Explosionen in der Moskauer Metro“, sagte Putin im Dezember 2019 bei einer Pressekonferenz. Der Georgier habe an der Seite von Separatisten im Kaukasus gekämpft. Nach Darstellung Putins konnte in einem Banditen-Milieu alles Mögliche passieren.

RND/dpa

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