Treffen mit Macron

„Tiefpunkt deutsch-französischer Beziehungen“: Kritik an Scholz vor Paris-Reise

Emmanuel Macron (l.) und Olaf Scholz schütteln sich vor einem informellen Treffen der EU-Staats- und -Regierungschefs die Hände.

Emmanuel Macron (l.) und Olaf Scholz schütteln sich vor einem informellen Treffen der EU-Staats- und -Regierungschefs die Hände.

Erst sagten Frankreich und Deutschland vergangene Woche die deutsch-französischen Konsolidierungsgespräche ab, nun reist Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch doch zu einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Überschattet wird das Gespräch der beiden Regierungschefs jedoch von Differenzen insbesondere in der Energie- und Rüstungspolitik.

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Bei dem Gipfeltreffen der europäischen Mitgliedsstaaten in Brüssel Ende vergangener Woche erreichten die Auseinandersetzungen ihren Höhepunkt. Am Rande des Gipfels warnte Emmanuel Macron seinen deutschen Amtskollegen vor einer möglichen Isolation: „Ich glaube, es ist nicht gut, weder für Deutschland noch für Europa, dass es [Deutschland] sich isoliert.“

Deutsch-französische Differenzen in Energie- und Rüstungspolitik

Macron kritisierte vor allem die bremsende Haltung der Bundesregierung gegenüber einem möglichen Gaspreisdeckel. Ebenfalls stießen die 200 Milliarden schweren Finanzhilfen, die die Ampelkoalition in Reaktion auf die hohen Energiepreise plant, auf Kritik in Paris. Für Unmut hatte auch die Midcat-Pipeline, ein Vorhaben Deutschlands, Spaniens und Portugals, gesorgt. In diesem Punkt fanden Scholz und Macron in Brüssel aber eine Einigung: Die Energiepipeline soll durch den Bau einer dritten Pipeline zwischen der iberischen Halbinsel und Frankreich ersetzt werden.

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Auf dem EU-Gipfel in Brüssel verteidigte Scholz seine Energiepolitik. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warnte indes vor einer möglichen Isolierung Deutschlands.

Auf dem EU-Gipfel in Brüssel verteidigte Scholz seine Energiepolitik. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warnte indes vor einer möglichen Isolierung Deutschlands.

Dem Vorsitzenden der Deutsch-Französischen Parlamentariergruppe, Gunther Krichbaum (CDU), bereitet der Umgang der deutschen Regierung mit Frankreich große Sorgen. „Wenn das Kanzleramt so weitermacht, dann stehen wir bald vor einem europäischen Scherbenhaufen“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Die Kommunikation ist ganz elementar und die findet nicht statt.“ Scholz solle zum Hörer greifen, über die deutschen Vorhaben informieren und Kompromisslinien ausloten. Gerade jetzt, da man vor einer der schwersten Krisen stehe, könne sich Europa keinen Mangel an Kommunikation leisten. „Es wird sich in Europa nichts auch nur einen Zentimeter nach vorne bewegen, wenn Deutschland und Frankreich untereinander quer im Stall stehen“, teilte Krichbaum dem RND mit.

Krichbaum kritisiert Scholz’ Mangel an Kommunikation

„Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es in den letzten beiden Jahrzehnten im deutsch-französischen Verhältnis einen derartigen Tiefpunkt gegeben hätte.“ In Frankreich habe sich vieles angestaut, so Krichbaums Einschätzung. Dazu gehörten neben der Energiepolitik beispielsweise die bevorstehende Reise des Kanzlers nach China sowie ein Raketenabwehrsystem, bei dem Frankreich nicht einbezogen worden sei.

Gunther Krichbaum (CDU/CSU) von der Deutsch-Französischen Parlamentariergruppe wirft Bundeskanzler Olaf Scholz mangelnde Kommunikation mit Frankreich vor. Er erhofft sich von der Frankreich-Reise eine Annäherung von Scholz und Macron.

Gunther Krichbaum (CDU/CSU) von der Deutsch-Französischen Parlamentariergruppe wirft Bundeskanzler Olaf Scholz mangelnde Kommunikation mit Frankreich vor. Er erhofft sich von der Frankreich-Reise eine Annäherung von Scholz und Macron.

Der Parlamentarier erhofft sich von dem Treffen eine Annäherung der beiden Staatschefs und mehr Kommunikation. „Es ist dringend erforderlich, dass Deutschland und Frankreich wieder zusammenfinden.“ Macron sei nach der Bundestagswahl 2021 zunächst sehr offen auf Deutschland zugegangen. „Aber wenn wir andere ständig nur vor den Kopf stoßen, wird das langfristig keine Früchte tragen“, sagte er. „Dieser Mangel an Kommunikation ist die Ursache für die profunden Schwierigkeiten, die wir jetzt haben. Das können wir uns in Europa gar nicht leisten.“

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Erwartungen im Bundestag an Scholz’ Frankreich-Reise

Der außenpolitische Sprecher der SPD und Vorstandsmitglied der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung Nils Schmid hält das Treffen der beiden Staaten gerade nach der Absage des Deutsch-Französischen Ministerrats für besonders wichtig. „Es gilt, die zwischen den beiden Regierungen strittigen Themen anzusprechen und mögliche Lösungswege aufzuzeigen“, forderte Schmid vor der Frankreich-Reise des Kanzlers. Eine der größten Herausforderungen sei die Annäherung der Westbalkanstaaten an die EU. Diese werde von Frankreich immer wieder infrage gestellt, kritisierte Schmid.

Bei den Linken sind die Erwartungen an das Treffen hoch. Amira Mohamed Ali, Vorsitzende der Linksfraktion, wünscht sich tragfähige Vorschläge zur Energieversorgung und zum Umgang mit Russland: „Viel wichtiger als Gespräche über Rüstungskooperationen fände ich ein gemeinsames Vorgehen in Richtung Verhandlungen mit der russischen Regierung, denn es braucht ganz dringend einen Waffenstillstand in der Ukraine, gerade im Hinblick auf den nahenden Winter“, sagte sie dem RND.

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