Waisenhaus im Sudan wird evakuiert – bereits mehr als 70 Kinder gestorben
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Ein Mann blickt auf die Stadt Khartum, wo schwarzer Rauch aufsteigt (Archiv).
© Quelle: Marwan Ali/AP
Khartum. In der von schweren Kämpfen verwüsteten sudanesischen Hauptstadt Khartum ist ein Waisenhaus evakuiert worden, nachdem dort in den vergangenen Monaten mehr als 70 Kinder an Hunger und Krankheiten gestorben waren. Etwa 300 Kinder aus dem Al-Maykoma-Waisenhaus in Khartum seien an einen „sicheren Ort“ in dem nordostafrikanischen Land gebracht worden, teilte Ricardo Pires, Sprecher des UN-Kinderhilfswerks Unicef, am Mittwoch mit.
Die sudanesischen Ministerien für soziale Entwicklung und Gesundheit hätten sich um die Kinder gekümmert, während Unicef medizinische Versorgung, Nahrung, Bildungsaktivitäten und Spielmöglichkeiten zur Verfügung gestellt habe, schrieb Pires in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur AP.
Die Kinder seien nach ihrer langen Reise an ihren neuen Aufenthaltsort ärztlich untersucht worden. Er sicherte zu, dass „jedes Kind, das einen Krankenhausaufenthalt benötigt, Zugang zu medizinischer Versorgung haben wird“.
Bereits 71 Kinder seit Beginn des Krieges in dem Waisenhaus gestorben
Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes, das die Evakuierung unterstützte, berichtete auf Twitter, dass 70 Betreuerinnen und Betreuer mit den Kindern in die neue Einrichtung gebracht worden seien. Die Kinder hätten in den vergangenen Monaten „unglaublich schwierige Momente“ erlebt.
Der Aktivist Nasim Sirag, der die lokale Wohltätigkeitsorganisation Hadrien leitet, sagte am Telefon, dass die Waisen am späten Dienstag in eine neu gegründete Einrichtung in Madani, der Hauptstadt der Provinz Jasira, etwa 135 Kilometer südöstlich von Khartum, gebracht worden seien.
Seit Beginn des Krieges im Sudan am 15. April sind seinen Angaben zufolge mindestens 71 Kinder im Al-Maykoma-Waisenhaus gestorben. Sirags Wohltätigkeitsorganisation kümmert sich um die Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen in Khartum.
Die Kinder waren sieben Wochen eingeschlossen
Unter den Kindern, die in letzter Zeit in dem Waisenhaus gestorben sind, waren Säuglinge im Alter von drei Monaten, wie aus den Sterbeurkunden hervorgeht, die AP vorliegen. Darin wurden als Todesursachen unter anderem Kreislaufkollaps, Fieber, Dehydrierung, Unterernährung und Wachstumsstörung genannt.
Die Kinder waren mehr als sieben Wochen lang im Waisenhaus eingeschlossen gewesen, seit die Kämpfe weite Teile der Hauptstadt in ein Schlachtfeld verwandelt haben. Das Gebäude war wegen der Gewalt auf den Straßen unzugänglich, Nahrungsmittel und andere Vorräte gingen zur Neige.
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Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation wurden bei den Kämpfen bereits mehr als 600 Menschen getötet und über 5000 verletzt.
© Quelle: Reuters
Berichte über sexuelle Übergriffe
Der sudanesische Ärzteverband zählte seit dem 15. April mehr als 860 getötete Zivilistinnen und Zivilisten, darunter mindestens 190 Kinder, und Tausende Verwundete. Die tatsächliche Opferzahl dürfte noch viel höher sein. Der Konflikt zwischen dem sudanesischen Militär unter der Führung von General Abdel-Fattah Burhan und der paramilitärischen Gruppe RSF von General Mohammed Hamdan Dagalo hat mehr als 1,9 Millionen Menschen zur Flucht gezwungen, von denen nach Angaben der UN-Migrationsbehörde etwa 477.000 in die Nachbarländer geflohen sind.
Andere sind in ihren Häusern gefangen und können nicht entkommen, die Lebensmittel- und Wasservorräte schwinden. Es gibt Berichte über Vergewaltigungen von Frauen und Mädchen in Khartum und in der Region West-Darfur, in der einige der schlimmsten Kämpfe des Konflikts stattgefunden haben. Fast alle gemeldeten sexuellen Übergriffe wurden den RSF angelastet. Die Gruppe hat auf wiederholte Bitten um Stellungnahme nicht reagiert.
Burhan und Dagalo hatten im Herbst 2022 gemeinsam gegen prodemokratische Kräfte im Sudan geputscht, sind jedoch darüber zerstritten, wie die RSF in die Streitkräfte integriert werden soll.
RND/AP