„Einer der schwierigsten Tage“: Protestbewegungen wollen Frankreich am Dienstag lahmlegen
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Frankreich, Albi: Menschen ziehen im Rahmen eines Protests gegen die geplante Rentenreform von Präsident Macron durch die Straßen – hier im Februar.
© Quelle: Charly Triballeau/AFP/dpa
Paris. Schon in den vergangenen Wochen gab es immer wieder Streiktage in Frankreich gegen die geplante Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron – nun aber soll der Protest erst richtig losgehen. Das versichern jedenfalls die Gewerkschaften, die Demonstrationen und Arbeitsniederlegungen im ganzen Land organisieren. Am Dienstag wollen sie „Frankreich lahmlegen“, warnten sie im Vorfeld. Auch könnte es nicht nur bei einem „schwarzen Dienstag“ bleiben, denn die Streiks sollen in der Folge auf unbestimmte Zeit verlängert werden. Betroffen sind unter anderem die Bahn, der öffentliche Nahverkehr von Paris, ein Teil der Flüge, die Müllabfuhr, Raffinerien, Schulen und Kindertagesstätten, Chemieunternehmen, Gas- und Elektrizitätswerke. Lastwagenfahrer begannen bereits seit dem gestrigen Montag mit Blockadeaktionen.
Verkehrsminister Clément Beaune kündigte „einen der schwierigsten Tage, die wir erlebt haben“ an. „Es wird starke Auswirkungen und echte Probleme für all jene geben, die nicht von zu Hause aus arbeiten können“, warnte er. Gewerkschaftern der Elektrizitätsgesellschaft EDF zufolge wird die Energieerzeugung gedrosselt. „Es gibt erste Sicherheitswarnungen im System, doch unser Ziel ist, dass die Nutzer nicht betroffen sind“, sagte Fabrice Coudoir von der Gewerkschaft CGT gegenüber der Zeitung „Le Monde“. In der nächsten Woche stelle sich allerdings die Frage, ob sie noch weiter gehen und die Lage eskalieren lassen: „Wir sind zu allem fähig.“ Auch CGT-Chef Philippe Martinez rüstete verbal auf, indem er sagte, er habe die Regierung immer gewarnt, dass „wir einen Gang hochschalten, wenn nötig“.
71 Prozent der Franzosen sind gegen die Reform
Die Fronten sind verhärtet. Auf der einen Seite steht die Regierung, die zwar auf Wunsch der Opposition hin ihre Pläne schon aufgeweicht hat. Sie rückt jedoch nicht von ihrem Hauptziel ab, die Altersgrenze für die Rente schrittweise von 62 auf 64 Jahre zu erhöhen und zugleich die Einzahldauer für abschlagsfreie Pensionszahlungen schneller als bisher geplant auf 43 Jahre anzuheben. Die Alterssicherungssysteme, so lautet das Argument, drohen sonst dauerhaft in ein hohes Defizit zu rutschen. Auf dem Spiel steht auch Macrons Image als Reformpräsident. Er will zeigen, dass er handlungsfähig bleibt, obwohl er bei den letzten Parlamentswahlen die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung verloren hat.
Auf der anderen Seite haben sich die acht größten Gewerkschaften des Landes, die sonst oft miteinander konkurrierten, zum ersten Mal seit zwölf Jahren wieder geschlossen zusammengetan, um das aktuelle Rentensystem zu bewahren, das als soziale Errungenschaft gilt. In Umfragen sprechen sich 71 Prozent der Französinnen und Franzosen gegen die Reform aus. Gut die Hälfte der Menschen befürwortet auch die Streiks, obwohl diese sie mitunter massiv im Alltag und ihrer Arbeit einschränken.
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Der Machtkampf entwickelt sich zugleich mehr und mehr zu einem Rennen um die Zeit. Denn indem sie das Gesetz als Nachtragshaushalt zur Sozialversicherung deklariert hat, griff die Regierung auf einen Trick zurück, um die Debatten auf maximal 50 Tage zu beschränken. Nachdem zuerst die Nationalversammlung über die Reform verhandelte, diskutieren derzeit die Senatoren über sie. Im Anschluss soll eine Kommission aus Abgeordneten beider Kammern einen Kompromiss ausarbeiten. Auch falls dieser abgelehnt werden sollte, kann die Regierung die Reform bis Ende März verordnen, damit sie im September in Kraft tritt. Da es also keine Möglichkeit gibt, sie auf parlamentarischem Weg noch zu stoppen, glauben die Gewerkschaften, nur die Wut der Bevölkerung auf der Straße sei dazu in der Lage. Nun beginnt die entscheidende Schlacht.