Sommerurlaub in Österreich? “Das wäre eine Katastrophe!”
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Im Sommer locken die Alpen in Österreich normalerweise etliche Urlauber zum Wandern.
© Quelle: imago stock&people
Berlin. Inzwischen klingen schon Angebote aus Österreich wie eine Verheißung. Wenn sich die Corona-Lage in Deutschland weiterhin so positiv entwickle, wäre eine Grenzöffnung für deutsche Touristen durchaus vorstellbar, meinte Österreichs Tourismusministerin Elisabeth Köstinger in einem Interview.
Verständlich ist der Wunsch auf beiden Seiten: Die Bundespolitik bereitet die Deutschen darauf vor, in diesem Jahr im Sommer auf Auslandsreisen zu verzichten und stattdessen Urlaub im eigenen Land, am besten in der näheren Umgebung zu machen.
Und die Alpenrepublik ist auf die derzeit auch dort darbende Tourismuswirtschaft angewiesen - immerhin sorgt sie für knapp 16 Prozent des österreichischen Bruttosozialprodukts.
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Doch Wunsch und Wirklichkeit scheinen in diesem Jahr überhaupt nicht zusammenzupassen. SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach hält den Vorschlag der österreichischen ÖVP-Politikerin für “nicht hilfreich”. “Es ist ein falsches und überaus gefährliches Signal, jetzt über Auslandsreisen im Sommer zu reden”, sagte der Gesundheitspolitiker dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Lauterbach warnt vor zweiter Corona-Welle im Herbst
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SPD-Fraktionsvize im Bundestag, Karl Lauterbach.
© Quelle: imago images/Arnulf Hettrich
Epidemiologisch sei die Zeit nach dem Sommer eine kritische Phase, so Lauterbach. “Die Folge von Auslandsreisen könnte eine verheerende zweite Corona-Welle im Herbst sein, die unsere sozialen, schulischen und wirtschaftlichen Strukturen schwer treffen würde”, warnt Lauterbach. “Das wäre eine Katastrophe und keinen Sommerurlaub im Ausland wert.”
Der Ansatz der österreichischen Ministerin, die noch vor wenigen Wochen an ihre Landsleute appelliert hatte, in diesem Sommer daheim Urlaub zu machen, ist ziemlich klar: Mehr als zwei Drittel aller Buchungen in Österreich erfolgen durch Ausländer - und von denen sind mindestens die Hälfte Deutsche. Das wird in diesem Jahr schwierig aufzufangen sein. Es sei denn, die Deutschen dürften doch...
„Dazu wird es sicherlich Gespräche geben, aber das auch Schritt für Schritt“, wiegelte die Wiener Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) am Montag ein wenig ab. Fortschritte im Tourismus hingen natürlich von der Entwicklung der Corona-Pandemie in Deutschland und Österreich ab. Wann genau ein solcher Schritt umgesetzt werden könne, sei noch unklar.
Österreich will Stufenplan Ende April vorlegen
Einen Plan für das stufenweise Hochfahren von Gastronomie und Tourismus will Österreich bis Ende April vorlegen. Dabei werde es Auflagen wie etwa Abstands- und Hygieneregeln geben, hieß es.
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Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, zieht sich für die Fotografen vor Beginn der Sitzung des bayerischen Landtags eine Mundschutzmaske auf.
© Quelle: Peter Kneffel/dpa
Bayerns-Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte zuletzt auch mit Blick auf die Alpen-Nachbarn nach dem letzten Bund-Länder-Treffen gesagt: „Die Wahrscheinlichkeit, dass Urlaub in anderen Ländern im Sommer so leicht möglich ist, schätze ich aus gegenwärtiger Sicht eher als unwahrscheinlich ein.
Auch der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU), schätzt das so ein. „Der Sommerurlaub dieses Jahr wird wahrscheinlich eher in Deutschland stattfinden“, sagte er.
Das Bundesinnenministerium äußerte sich zurückhaltend: „Wir haben jetzt keine Veranlassung im Moment, die Situation an der österreichischen Grenze zu ändern“, sagte ein Sprecher. An den Grenzen zu Österreich und vier anderen Nachbarländern wurden sogar Grenzkontrollen wieder eingeführt.
Maas bleibt vorsichtig
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) geht noch nicht so weit. „Solange es Ausgangssperren gibt in vielen Ländern, wird dort auch kein Urlaub zu machen sein“, sagte er zwar, fügte aber hinzu: „Wir werden das von Woche zu Woche entscheiden.“
Maas ist maßgeblich für die Entscheidung, ob es doch noch Sommerurlaub im Ausland geben kann. Er hatte Mitte März für alle Länder dieser Welt eine Reisewarnung für Touristen ausgegeben - ein beispielloser Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik.
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Außenminister Heiko Maas (SPD).
© Quelle: imago images/photothek
Für eine Aufhebung müsste eine ganze Reihe von Bedingungen erfüllt sein:
- Zunächst einmal müssten touristische Reisen innerhalb Deutschlands wieder ermöglicht werden. Bis zum 3. Mai gilt: Im Inland sollen selbst überregionale Tagesausflüge unterlassen werden, die Hotels sind geschlossen. Am 30. April soll neu entschieden werden.
- Die Grenzen müssten wieder für den Reiseverkehr geöffnet, Flugverbindungen wieder aufgenommen werden. Dafür wünscht sich Maas eine europäische Abstimmung. Das wird nicht ganz einfach: Bei der Schließung der Grenzen handelten die EU-Mitgliedstaaten zunächst auf eigene Faust.
- Es muss sicher sein, dass Auslandsreisende auch ohne Probleme wieder zurückkommen können. Das Auswärtige Amt hat gerade erst in einem beispiellosen Kraftakt mit Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften mehr als 240.000 wegen der Corona-Krise gestrandete Touristen nach Hause zurückgeholt.
Tourismusverband sieht Handlungsbedarf
Der Deutsche Tourismusverband (DTV) drängt auf eine EU-weite Abstimmung. Die Österreich-Offerte belege, an welchen Stellen vor allem die Politik in Deutschland jetzt Handlungsbedarf hat, so DTV-Geschäftsführer Norbert Kunz.
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Der Tourismusverband fordert Handlungsperspektive für Deutschland.
© Quelle: picture alliance / dpa
“Für uns ist entscheidend, dass der Deutschlandtourismus in seiner ganzen Vielfalt, egal ob Ferienwohnungsvermieter, Gästeführer oder Campingplatz-Betreiber, eine Perspektive bekommt”, sagte Kunz dem RND am Montag.
“Wir brauchen umgehend einen Stufenplan, der Themen wie Übernachtungen, Ausflüge, Tagesreisen und schließlich auch Auslandsreisen deutschlandweit einheitlich regelt. Die Betriebe brauchen Sicherheit, die Gäste möchten wissen, wie es um ihren Sommerurlaub steht." Die Bundesregierung müsse zusammen mit den Ländern sicherstellen, “dass die Tourismusbetriebe die Krise überleben”, appellierte der Tourismusexperte.