So wollen die Parteien nach der Bundestagswahl die Wohnungspolitik verändern
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/POYQMUA3WRERFGD2RNNKJABMCE.jpeg)
Ein Neubaublock in Berlin.
© Quelle: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa
Berlin. Wohnungsmangel und explodierende Mietpreise: Besonders in den Ballungsgebieten ist der Wohnungsmarkt in Deutschland zunehmend angespannt. Nach der Bundestagswahl könnte sich – je nach Regierungskoalition – einiges in der Wohnungspolitik des Bundes ändern. Bauen, deckeln, gar enteignen? Die im Bundestag vertretenen Parteien gehen mit ganz verschiedenen Programmen in den Wahlkampf.
Der Vergleich der Wahlprogramme zeigt, welche Auswirkungen eine Regierungsbeteiligung der Parteien für Mieterinnen und Mieter, Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer und die deutsche Wirtschaft haben könnte.
CDU/CSU
Die Unionsparteien haben vor allem für Wohnbaugesellschaften und die Bauherren und Besitzerinnen und Besitzer von Eigenheimen Unterstützung und Erleichterungen im Programm. Ihre Devise: Bauen, bauen, bauen. Ausreichender Wohnraum sei der beste Mieterschutz und sorge auch für stabil bleibende Mieten. CDU und CSU geben in ihrem „Regierungsprogramm“ das Ziel aus, bis 2025 mehr als 1,5 Millionen neue Wohnungen in Deutschland entstehen zu lassen. Das wollen die Konservativen vor allem mit Steuererleichterungen und Bürokratie-Abbau fördern. Die derzeit befristete Möglichkeit, 5 Prozent der Kosten für den Bau neuer Mietwohnungen von der Steuer abzusetzen, will die Union über 2021 hinaus verlängern.
Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt werden. Wenn ein Bauantrag nach zwei Monaten noch nicht abschließend bearbeitet ist, soll er künftig grundsätzlich als genehmigt gelten. Für geringverdienende Mieterinnen und Mieter will die Union den sozialen Wohnungsbau fördern und das Wohngeld regelmäßig anpassen.
SPD
Auch die Sozialdemokraten versprechen den Bau neuer Wohnungen. Stärker als ihre bisherigen Koalitionspartner setzt die SPD jedoch auch darauf, einen Anstieg der Bestandsmieten zu verhindern. Dafür will sie in angespannten Wohnlagen ein zeitlich befristetes Mietenmoratorium einführen. Die Mieten dürften dann für eine bestimmte Zeit nur noch zum Inflationsausgleich erhöht werden. Die schon bestehende Mietpreisbremse will die Partei unbefristet verlängern.
Die SPD hält den Neubau von 100.000 Sozialwohnungen im Jahr für erforderlich und will außerdem eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit einführen, um ein weiteres nicht gewinnorientiertes Segment auf dem Wohnungsmarkt zu schaffen. Die Sozialdemokraten wollen dazu beitragen, dass kommunale Bauflächen nicht an Unternehmen verkauft werden und Spekulationen mit Grund und Boden verhindern.
Die Grünen
Die Grünen wollen Mieterinnen und Mieter sowie Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer vor dem Verlust ihrer Wohnungen in Krisenzeiten schützen. Die Möglichkeit, Mietschulden oder Kreditraten nachzuzahlen, soll Zwangsräumungen verhindern. Außerdem wollen die Grünen ein Unterstützungsprogramm für krisenbedingte Einkommensausfälle schaffen. Durch eine neue Wohngemeinnützigkeit will die Partei für den Bau von einer Million zusätzlichen Mietwohnungen sorgen.
Bundesweit wollen die Grünen per Gesetz Mietobergrenzen für Bestandswohnungen ermöglichen und die Mietpreisbremse entfristen und verschärfen. Mieterhöhungen sollen damit auf 2,5 Prozent im Jahr innerhalb des Mietspiegels begrenzt werden. Die auf Mieter umgelegten Kosten für Modernisierungen wollen die Grünen auf maximal 1,5 Euro pro Quadratmeter beschränken. Für Vermieter soll es schwerer werden, ihren Mietern wegen Eigenbedarfs zu kündigen. Den Kauf eines Eigenheims wollen die Grünen durch die Möglichkeit einer gesenkten Grunderwerbssteuer für selbstgenutztes Wohneigentum günstiger machen.
FDP
Die FDP stellt sich klar gegen „Enteignungen, Mietpreisbremse oder Mietendeckel“, solche Maßnahmen sorgten für eine zunehmende Wohnraumknappheit, heißt es im Wahlprogramm. Die Liberalen setzen darauf, mehr Bauflächen zu mobilisieren und mehr Wohnungen zu bauen. Um Wohneigentum zu fördern, will die FDP einen Freibetrag von bis zu 500.000 Euro für Privatpersonen bei der Grunderwerbssteuer einführen. Mit einem „Baukosten-TÜV“ will die Partei verhindern, dass neue gesetzliche Regelungen den Wohnungsbau teurer machen. Um Baugenehmigungen zu beschleunigen, schlägt die FPD die Entwicklung eines digitalen und teilautomatisierten Genehmigungsverfahrens vor.
Wie die CDU will auch die FDP, dass ein Bauantrag als genehmigt gilt, wenn die Behörde ihn nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums bearbeitet. Die Partei will den Ausbau von Baulücken und Brachflächen und die Dachaufstockungen gerade in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt unterstützen. Menschen mit geringem Einkommen will die FDP vor allem mithilfe des Wohngelds den Zugang zum freien Wohnungsmarkt ermöglichen – die Berechtigung für eine Sozialwohnung soll erst dann erteilt werden, wenn die Wohnungssuche erfolglos bleibt.
Die Linke
Die Linke will Mietendeckel – wie ihn das Bundesverfassungsgericht im April aufgrund fehlender Zuständigkeit des Landes in Berlin gekippt hatte – bundesweit möglich machen. Überall wo es angespannte Wohnungsmärkte gibt, will die Partei außerdem die Mieten für bestehende Mietverträge einfrieren. Was ein angespannter Wohnungsmarkt ist, soll dabei im Ermessen der Kommunen liegen. 15 Milliarden Euro im Jahr will Die Linke in sozialen, kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbau investieren. Um mehr Wohnraum zu schaffen, will sie auch ehemalige Kasernen zu Sozialwohnungen umbauen.
Die Linke setzt sich wie SPD und Grüne für eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit ein. Die Förderung und steuerliche Vergünstigung für den Wohnungsbau will die Partei an dauerhafte Mietobergrenzen, Pflichten zur Reinvestition von Gewinnen und Mitbestimmungsrechte für Mieterinnen und Mieter knüpfen. Die Linke will die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen weitgehend verbieten und Eigenbedarfskündigungen erschweren. Die Partei spricht sich für ein „Recht auf Mietstreik“ und für die Enteignung großer Wohnungskonzerne aus.
AfD
Die AfD setzt vor allem auf das Eigenheim. Um Häuslebau und Wohnungskauf günstiger zu machen, will die Partei die Grunderwerbssteuer auf selbst genutzte Immobilien zumindest für Deutsche komplett streichen. Ausländer ohne Hauptwohnsitz in Deutschland will die AfD jedoch mit einer erhöhten Grunderwerbssteuer von 20 Prozent zur Kasse bitten. Staatliche Wohnungsunternehmen sollen ihren Mieterinnen und Mietern ihre Wohnung zum Kauf anbieten, der Staat soll nach Wunsch der AfD mit Bürgschaften den Kauf von Wohnraum unterstützen.
Die Energiesparverordnung will die AfD vollständig abschaffen, Standards im Brand-, Wärme- und Schallschutz zurückfahren. Die AfD spricht sich außerdem gegen Sozialen Wohnungsbau aus und will einkommensschwache Mieterinnen und Mieter stattdessen über das Wohngeld unterstützen. Mietendeckel oder Mietpreisbremse lehnt die Partei ab.
Bis zur Bundestagswahl unterzieht das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) die Wahlprogramme der im Bundestag vertretenen Parteien einem regelmäßigen Vergleich. Im Fokus stehen dabei die wichtigsten Themen der Politik − und die Frage, welche Auswirkungen die Pläne der Parteien auf das Leben der Bürgerinnen und Bürger hätten.