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„Die Biden-Regierung ist total korrupt!“

Showdown in Geheimdokumenten­affäre: Trump versammelt seine Truppen

Zum Kampf bereit: Donald Trump streckt seine Faust in Höhe. Das Foto entstand vor einer Woche in New York.

Zum Kampf bereit: Donald Trump streckt seine Faust in Höhe. Das Foto entstand vor einer Woche in New York.

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Washington. Immer, wenn es ernst wird, drückt Donald Trump das Feststellsymbol seiner Handy-Tastatur. Am Donnerstagabend um kurz nach 19 Uhr war es wieder so weit. Zuvor hatten die Behörden seine Anwälte über die Anklage in der Geheimdokumentenaffäre informiert. „Ich bin ein unschuldiger Mann“, wetterte der Ex-Präsident in Großbuchstaben auf seiner Propaganda-Plattform „Truth Social“: „Die Biden-Regierung ist total korrupt!“

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Die Botschaft verfehlte ihre Wirkung nicht: Innerhalb weniger Stunden sprangen zahlreiche prominente Republikaner ihrem inoffiziellen Parteichef bei. Von einem „dunklen Tag“, unkte Kevin McCarthy, der Sprecher des Repräsentantenhauses, noch bevor die Anklageschrift veröffentlicht war: „Ich und jeder Amerikaner, der an Rechtsstaatlichkeit glaubt, stehen an der Seite von Präsident Trump gegen diese schwere Ungerechtigkeit.“

Präsidentschaftsbewerber verspricht Begnadigung

Auch Ron DeSantis, der wichtigste Rivale im innerparteilichen Rennen um die Präsidentschaftskandidatur, wetterte: „Der Einsatz bundesstaatlicher Strafverfolgungsbehörden als Waffe ist eine tödliche Bedrohung für eine freie Gesellschaft.“ Und der Pharmaunternehmer Vivek Ramaswamy, der sich ebenfalls um die republikanische Nominierung bemüht, versprach: „Ich werde Trump sofort am 20. Januar 2025 (dem Tag der Vereidigung des neuen Präsidenten, d. Red.) begnadigen.“

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Trump als Märtyrer für die konservative Sache, Trump als das Opfer der Hexenjagd eines korrupten linken Regimes – genau dieses Narrativ hatte der Ex-Präsident verbreiten wollen. Minutiös hatte er offenbar die Reaktion auf die seit Tagen erwartete Anklage vorbereitet: Kurz darauf stellte er ein vorproduziertes Video online. Seine Anwälte schwärmten vor die Kameras aus, noch bevor sich das Gericht oder die Staatsanwaltschaft geäußert hatten. Am Freitagmorgen verschickte seine Kampagne unter der Überschrift „Republikaner scharen sich um Präsident Trump“ eine Pressemitteilung mit unterstützenden Statements von mehr als 40 Senatoren und Abgeordneten sowie zahlreichen Meinungsmachern.

Die konzertierte Reaktion vermittelt einen Vorgeschmack auf die zu erwartenden erbitterten politischen Kämpfe rund um das bevorstehende Strafverfahren. Zwar muss sich Trump bereits vor dem Distriktgericht in New York wegen seiner Schweigegeldzahlung an die Pornodarstellerin Stormy Daniels verantworten. Doch die jetzige Anklage in Miami wegen des unsachgemäßen Umgangs mit vertraulichen Regierungsunterlagen wiegt deutlich schwerer: Sie ist die erste auf Bundesebene, und bei einer Verurteilung droht dem Milliardär eine mehrjährige Haftstrafe.

Sieben Anklagepunkte, mehr als 35 Straftaten

Insgesamt werden in der Anklage sieben Kategorien von Vergehen aufgeführt, Trump werden mehr als 35 Straftaten zur Last gelegt. Ihm wird unter anderem die vorsätzliche Aufbewahrung von Informationen der nationalen Verteidigung vorgeworfen. Dieser Punkt fällt unter das US-Spionagegesetz und kann bis zu zehn Jahre Gefängnis nach sich ziehen. Außerdem wird dem Ex-Präsidenten die Behinderung der Justiz, Falschaussage und Verschwörung vorgeworfen.

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Nach seinem Auszug aus dem Weißen Haus hatte Trump offenbar in großem Umfang geheime Regierungsunterlagen statt zum Nationalarchiv auf sein Privatanwesen Mar-a-Lago in Florida schaffen lassen. Erst nach längerem Gerangel rückten seine Anwälte mehrere Kartons heraus und versicherten im Mai 2022 in einer eidesstattlichen Erklärung, dass damit alle fraglichen Papiere ausgehändigt seien. Bei einer Razzia im August fand das FBI aber noch etwa 100 vertraulich, geheim oder streng geheim eingestufte Dokumente.

Ein brisantes Tonband belastet Trump

Trumps Behauptung, er habe die Geheimhaltung noch während seiner Präsidentenzeit aufgehoben, wird durch eine Audioaufnahme aus dem Jahr 2021 widerlegt. Der Sender CNN veröffentlichte am Freitag aufschlussreiche Passagen eines Transkripts. Demnach beklagte sich Trump damals vor Vertrauten, dass man ihm kriegerische Absichten gegen den Iran vorgeworfen habe. Tatsächlich seien diese vom Generalstab gekommen. Als Beleg zeigte er ein Dokument mit einem mutmaßlich geheimen Angriffsplan des Pentagons herum: „Geheim! Das sind Geheimunterlagen! (…) Als Präsident hätte ich das aufheben können, aber nun kann ich das nicht mehr.“

Nach eigenen Angaben muss sich Trump nun am kommenden Dienstag um 15 Uhr Ortszeit bei dem Gericht in Miami einfinden. Dort dürften seine Personalien festgestellt werden, und er könnte eine erste Gelegenheit erhalten, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Der 76-Jährige will auf „nicht schuldig“ plädieren.

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Wo Trump geheimste Regierungsdokumente lagerte: Die Anklageschrift enthält unglaubliche Fotos.

Trump-Anklage: Das Staatsgeheimnis lagerte im Marmor-Bad von Mar-a-Lago

Die Anklageschrift von Sonderermittler Jack Smith enthüllt einen bizarren Umgang von Donald Trump mit teilweise strenggeheimen Regierungsdokumenten. Der Ex-Präsident soll sich mit ihrem Besitz sogar gebrüstet haben. Bei einer Verurteilung droht ihm nun eine Haftstrafe.

Eine mildere Jury in Florida?

Dass das Verfahren in Miami und nicht wie allgemein erwartet in Washington eröffnet wird, dürfte mit dem mutmaßlichen Tatort in West Palm Beach zusammenhängen. Für den Ex-Präsidenten könnte das ein gewisser Vorteil sein, denn angesichts der politischen Mehrheitsverhältnisse in dem Bundesstaat dürfte die aus Geschworenen besetzte Grand Jury ihm milder gesonnen sein als in der Bundeshauptstadt. Außerdem besteht nach amerikanischen Medienberichten die Möglichkeit, dass das Verfahren von einem Richter geleitet wird, der von Trump ernannt wurde.

Allerdings sind die Justizbehörden in Süd-Florida für ihre zügige Arbeit bekannt. Das dürfte den Interessen von Trump zuwiderlaufen. Seine Anwälte werden wahrscheinlich versuchen, den Prozessbeginn mit Verfahrenstricks bis nach den Wahlen im November 2024 zu verzögern. In dem New Yorker Fall wurde der Prozessbeginn auf März 2024 festgelegt – ein Jahr nach der Anklage. Die Staatsanwaltschaft hingegen muss ein Interesse an einem raschen Verfahren möglichst vor den republikanischen Conventions im August nächsten Jahres haben, bei denen der Präsidentschaftskandidat gekürt wird. Theoretisch könnte Trump aber auch aus dem Gefängnis heraus für das Weiße Haus kandidieren.

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