Die ukrainischen Streitkräfte rufen plötzlich an

Selenskyj spricht mit Studierenden in Deutschland – dann kommt ein Anruf von der Front

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, hält im Mariinskyi-Palast eine Ansprache per Videoübertragung.

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, bei einer Videoübertragung.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bei einer Veranstaltung mit Studierenden in Deutschland den schweren Raketenangriff auf Dnipro scharf kritisiert. „Diese Gräueltaten sind zum Alltag geworden“, sagte Selenskyj. Russland beschieße Cherson und den Donbass täglich. „Wir möchten, dass der Krieg nicht zum Alltag wird. Wir möchten, dass der Frieden zum Alltag wird.“

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Am Wochenende hatte Russland bei einem schweren Raketenangriff auf Dnipro 44 Zivilisten getötet und mehrere Dutzend verletzt, wie Selenskyj bei der Veranstaltung am Dienstag sagte. Erst vor wenigen Stunden seien die Bergungsarbeiten beendet worden. Präsident Selenskyj will die Schuldigen bestrafen und forderte mehr Waffen aus dem Westen, wobei er die Zusage britischer Panzerlieferungen als positives Beispiel nannte. Die russische Führung wies jede Schuld am Beschuss des Wohnhauses von sich.

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„Der Kreml denkt, die Europäer seien schwach und die sowjetische Macht sei stärker als internationale Rechte und Demokratien“, sagte Selenskyj. „Aber Russland hat sich verrechnet.“ Die Ukraine werde dem Kreml keine Gebiete abtreten.

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Angesprochen auf die Reformen, die für den EU-Beitritt der Ukraine gefordert werden, sagte Selenskyj: „Durch den Krieg hat die Ukraine die größte Reform umgesetzt, die es geben konnte – sie hat die Europäische Union wieder vereint.“ Trotz des Krieges arbeite man jedoch weiter an eigenen Reformen in der Ukraine. Es sei jedoch nicht so leicht, dass alle Abgeordneten zusammenkommen. „Trotzdem haben wir keine Zeit zu warten oder Reformen aufzuschieben, bis der Krieg vorbei ist“, so Selenskyj. Viele Voraussetzungen erfülle man bereits, und in den kommenden Wochen werde man auch die übrigen Voraussetzungen für einen EU-Beitritt erfüllen. „Der Krieg treibt uns voran.“ Reformen setze die Ukraine jedoch nicht für die EU oder wegen des Kriegs um. „Wir treiben Reformen voran, weil unser Staat sie braucht.“ Die Ukraine habe durch den Krieg zudem große Entwicklungen in den Bereichen Cyberbekämpfung und Energiesicherheit gemacht, betont Selenskyj.

Anruf von der Front: Selenskyj muss Fragerunde unterbrechen

Nach etwa einer halben Stunde musste Selenskyj die Fragerunde überraschend unterbrechen. Ein Telefonanruf für den Präsidenten ging ein, direkt von den Streitkräften an der Front. Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev sprang für Selenskyj kurzfristig ein. Auf die Frage, ob Deutschland unter dem neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius nun schnell Kampfpanzer, Schützenpanzer und Artillerie liefert, sagte Makeiev: „Ich bin zuversichtlich.“ Er hoffe, dass dies schneller passiert und sich nicht verzögere. „Ich habe den neuen Verteidigungsminister noch nicht getroffen, stehe dafür aber zu Verfügung.“ Er hoffe, dass Ende der Woche wichtige Entscheidung beim Ramstein-Treffen getroffen werden. „Ich bin sicher: Deutschland wird nie Ukraine-müde sein.“

Russischer Verteidigungsminister will Armee umstrukturieren

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat einen Umbau der russischen Armee angekündigt, um die geforderte Aufstockung der Truppenstärke umzusetzen.

Wann können die Ukrainerinnen und Ukrainer zurück in ihre Heimat? Nach wenigen Minuten ist Selenskyj zurück und erklärt, als Präsident könne er den Menschen, die eine Wahl haben, nicht vorschreiben, wann sie zurückkommen. „Die Menschen kommen zurück, wenn es sicher ist.“ Er wisse, dass viele Ukrainerinnen und Ukrainer davon träumen, zurück in ihre Heimat zu kehren. Besonders um den Schutz des Luftraums gehe es. In diesem Zusammenhang dankte er Deutschland für die Lieferung des Luftverteidigungssystems IRIS-T. Ein sicheres Zuhause sei aber nur ein Punkt. Man brauche auch sichere Schulen und Universitäten mit Schutzkellern. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen den Betrieb eingestellt und Menschen daher keine Arbeit hätten.

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Die Initiative für das Treffen ging von der Europauniversität Viadrina in Frankfurt (Oder) aus, wie es hieß. Sie pflegte schon lange vor dem brutalen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine enge Beziehungen zu dem Land und hat vier Partneruniversitäten in der Ukraine. An der Hochschule an der Grenze zu Polen studieren und arbeiten derzeit fast 240 Menschen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit. Es gibt dort auch einen der wenigen Ukrainistik-Lehrstühle in Deutschland. „Unsere Studierenden werden nach dem Krieg wieder gebraucht, um unser Land wieder aufzubauen“, sagte Selenskyj.

Russlands Vernichtungskrieg hält nun fast elf Monate an. Die Angriffe richteten sich zuletzt auch immer wieder gegen die ukrainische Energieinfrastruktur und Zivilbevölkerung.

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