Scholz will keine Konsequenzen gegen Staatssekretär Schmidt ziehen
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Olaf Scholz, Kanzlerkandidat der SPD und Bundesfinanzminister, beantwortet Unternehmern beim Unternehmenslunch im brandenburgischen Teltow Fragen.
© Quelle: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/
Berlin. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz will im Fall des Staatssekretärs des Finanzministeriums, Wolfgang Schmidt, keine Konsequenzen ziehen. „Mein Staatssekretär twittert viel“, sagte Scholz. Es gehe um einen Tweet und nicht um Ermittlungen gegen das Ministerium, fügte er in der ZDF-Sendung „Klartext, Herr Scholz!“ hinzu. Alle Informationen seien bereits öffentlich gewesen. Er könne nicht beurteilen, ob der Tweet Schmidts rechtlich zulässig sei.
Olaf Scholz weicht Frage um Wirecard-Vorwürfe aus
Staatssekretär Schmidt hatte den Beschluss zur Durchsuchung des Finanzministerium am vergangenen Donnerstag teilweise bei Twitter veröffentlicht. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück nahm daraufhin Ermittlungen auf.
In der ZDF-Sendung, die von Bettina Schausten und Peter Frey moderiert wird, wurde auch der Wirecard-Skandal thematisiert. Eine Geschädigte fragte Scholz, warum er trotz der frühen Warnungen, den Vorwürfen gegen die Wirecard-Bank nicht nachgegangen sei. Scholz wich aus und sprach von „einem ganz, ganz großen Betrug“, der auch von Wirtschaftsprüfern trotz jährlicher Kontrollen nicht entdeckt worden sei.
In künftigen Prozessen werden Haftungsansprüche für Geschädigte festgestellt, versicherte Scholz. „Wir haben bereits per Gesetz dafür gesorgt, dass Wirtschaftsprüfer mehr haften“, fügte er hinzu. Auch eine Verantwortung für den Skandal wollte Scholz nicht deutlich übernehmen: „Wir alle haben Verantwortung, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Das System, das hoch gelobt wurde, hat nicht funktioniert.“
Olaf Scholz: Jedes Jahr 400.000 Wohnungen bauen
Scholz will zudem jedes Jahr 400.000 Wohnungen bauen lassen, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. „100.000 Wohnungen davon sollen Sozialwohnungen werden“, sagte Scholz in der ZDF-Sendung.
Gleichzeitig müsse dafür gesorgt werden, dass die Mieten bis zur Fertigstellung der Wohnungen nicht extrem steigen, so Scholz. „Deshalb brauchen wir die Mietenbremse“, so der Bundesfinanzminister. Details zur Begrenzung der Miete und zur Mietbremse nannte Scholz aber nicht.
Weitere soziale Projekte von Scholz sind laut seiner Aussage die Erhöhung des Rentenniveaus durch einen Mindestlohn von 12 Euro. „Ich glaube, dass wir viel gegen Altersarmut tun müssen“, sagte Scholz. Auch die beschlossene Grundrente sei ein erster großer Schritt. Scholz wolle auch ein sogenanntes Bürgergeld anstelle von Hartz IV einführen, da die Grundsicherung „stigmatisiert“ sei.
Gendern und Geschlechterthemen
Ein weiteres Thema der Sendung war das Gendern, das Scholz entschieden unterstützte. Ein Zuschauer aus Sachsen-Anhalt drückte seine Angst vor einer „Sprachpolizei“ aus. Der SPD-Kanzlerkandidat widersprach dem und gab sein Wort, dass er niemanden umerziehen wolle, „niemand sollte das“. „Es geht darum, dass wir sprachliche Möglichkeiten schaffen. Gesellschaftliche Gruppen dürfen nicht diskriminiert werden“, erklärte Scholz. Vorschriften dazu werde es aber nicht geben.
Ein weiteres Anliegen kam von einer transsexuellen Frau, die kritisierte, dass die Bürokratie Transmenschen viele Steine in den Weg lege. Es sei etwa sehr schwer, seinen Namen ändern zu lassen. Sie warf Scholz vor, dass Teile seiner Partei gegen eine entsprechende Gesetzesänderung gestimmt hätten. Scholz gab ihr eine Zusage: „Eine künftige Regierung, die ich anführe, wird dafür sorgen, dass sich dieses Gesetz durchsetzt“, versprach der Kanzlerkandidat der SPD.
Afghanistan und die Bundeswehr: Wie steht es um die Veteranen und Ortskräfte?
Nicht zuletzt ging es auch um Afghanistan und die Bundeswehr. Ein Veteran des Einsatzes in Afghanistan prangerte an, dass die Soldaten nach ihrem Einsatz und dem Ausscheiden aus dem Dienst oftmals nicht länger wahrgenommen würden. Scholz stimmte dem Soldaten, dass die Leistungen und Versorgung von Veteranen verbessert werden müsse.
Eine 17-jährige Schülerin, die aus Afghanistan stammt, rang Scholz das Versprechen ab, das Land und seine Bürgerinnen und Bürger nicht zu vergessen. Deshalb verhandele Deutschland derzeit mit den Taliban, um eine sichere Ausreise zu gewährleisten.
Auch eine ehemalige Ortskraft der Bundeswehr aus Afghanistan war im Studio anwesend. Der Mann sorgte sich um seine Aufenthaltsperspektive, da ihm sein Aufenthaltstitel lediglich jedes Jahr um ein weiteres Jahr verlängert werde. Er könne so seine Zukunft und die seiner Familie nicht planen. Scholz versprach, alles dafür zu tun, „damit man hier leben und Arbeit aufnehmen kann“. Gerade eine Arbeitstätigkeit sei essentiell für den Aufenthalt.
Scholz’ Koalitionsmöglichkeiten
Abermals wurde Scholz nach einer klaren Aussage zu einer Koalition mit der Linkspartei gefragt. Scholz bekräftigte erneut, dass es „Grundfunktionen“ der Bundesrepublik Deutschland gebe, die nicht verhandelbar seien. Dazu gehörten die Zusammenarbeit mit den USA sowie der Nato. Er könne nicht allein regieren und müsse das eventuell mit zwei Partnern tun, „aber über diese Fragen verhandele ich nicht“, unterstrich Scholz.
Ähnliches sagte Scholz über eine Wiederholung der Großen Koalition. „Die Bürgerinnen und Bürger müssen jetzt entscheiden“, erklärte Scholz. Diese Demut müssten jetzt alle Kandidaten haben. Er wolle Kanzler werden. Scholz spüre aber auch, dass bei den Wählerinnen und Wählern der Wille da sei, dass „die Union sich in der Opposition neu orientiert“. Das wolle er auch.
Cum-Ex, Wirecard-Skandal: Olaf Scholz unter Druck
Der Kanzlerkandidat der SPD stand in den letzten Tagen zum Teil mit dem Rücken zur Wand. Am vergangenen Donnerstag wurde das Finanzministerium in Berlin von der Staatsanwaltschaft Osnabrück untersucht. Hintergrund ist die Geldwäschebehörde FIU, die womöglich Strafvereitelung betrieben haben könnte.
Angesichts der Razzia bekommen auch die Skandale um Cum-ex sowie Wirecard, in denen Scholz eine Rolle gespielt haben könnte, eine neue Bedeutung. Als Spitzenreiter der Umfragen waren Scholz und seine Partei zudem harten Angriffen der Kontrahenten ausgesetzt.
RND/sic