Roman Protassewitsch: der Blogger, der Lukaschenko zur Weißglut bringt

Der belarussische Blogger und Regimekritiker Roman Protassewitsch.

Der belarussische Blogger und Regimekritiker Roman Protassewitsch.

Belarus. Es ist wie in einem Actionfilm: Ein Linienflug des Billiganbieters Ryanair wird auf der Route von der griechischen Hauptstadt Athen in das litauische Vilnius im belarussischen Luftraum von einem MiG-29-Kampfjet der Luftwaffe abgefangen und zur Landung gedrängt – mutmaßlich auf Befehl des autoritären Machthabers Alexander Lukaschenko.

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Im Gegensatz zur Fiktion von Actionfilmen wird dieser Vorgang am Pfingstsonntag höchst real. Und das liegt an einem Passagier an Bord von Flug FR 4978.

Sein Name ist Roman Protassewitsch, 26, Blogger. Er soll dem belarussischen Machthaber so sehr ein Dorn im Auge sein, dass Lukaschenko den Befehl gegeben haben soll, die Piloten der Boeing 737 unter Umgehung aller internationalen Regeln zur Zwischenlandung in Minsk zu zwingen. Kaum ist die Maschine am Boden, wird Protassewitsch verhaftet.

Wie hatte der Blogger den belarussischen Präsidenten derart in Wallung gebracht, dass er einen weltweiten Aufschrei der Entrüstung in Kauf nahm, der prompt erfolgte?

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Zum Schweigen gebracht

Es könnte einen einfachen Grund haben: Der junge Mann hörte nicht auf, Kritik an Lukaschenkos Regime zu äußern und die Menschen in Belarus über das Internet zu informieren.

Protassewitsch ist Mitbegründer und ehemaliger Redakteur des Nexta-Kanals auf dem Instant-Messaging-Dienst Telegram, der zu einer wichtigen Informationsquelle für belarussische Regimekritiker wurde, als es im vergangenen Jahr nach der manipulierten Präsidentschaftswahl zu landesweiten Massenprotesten kam.

Protassewitsch schrieb schon länger nicht mehr für Nexta, er floh 2019 aus Belarus, um einer Verhaftung zuvorzukommen. Doch im litauischen Exil betrieb er andere Blogs, die auch in Belarus gelesen werden konnten. Damit unterlief er den Feldzug, den Minsk seit den Protesten gegen unabhängige Nachrichtenquellen in Belarus unternimmt.

Erst in der vergangenen Woche hatten die belarussischen Behörden eine Razzia in den Redaktionsräumen des Nachrichtenportals Tut.by durchgeführt und die Website blockiert. Damit legten sie das größte unabhängige Medium von Belarus lahm. Mit der Verhaftung Protassewitsch brachten sie nun eine weitere unabhängige Stimme zum Schweigen.

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Er steht auf der Terroristenliste

Protassewitsch wurde schon als Teenager zum Dissidenten. Als 16-Jähriger geriet er auf den Radar der Strafverfolgungsbehörden, weil er an einer Protestkundgebung teilgenommen hatte. Er wurde von der angesehenen Schule geworfen, die er besuchte. Später wurde er als Journalismusstudent der Staatlichen Universität Minsk gegen seinen Willen exmatrikuliert.

Doch Protassewitsch hörte nicht auf, als Journalist zu arbeiten, selbst als er ins Exil getrieben wurde. Das könnte ihn jetzt teuer zu stehen kommen.

Schon im vergangenen November wurde er in Abwesenheit wegen Anstiftung zur öffentlichen Unruhe und sozialem Hass angeklagt. Der belarussische Geheimdienst KGB führt ihn auf seiner Terroristenliste. Sollte er aufgrund des Straftatbestandes „Terrorismus“ verurteilt werden, droht ihm sogar die Todesstrafe. Die Verurteilung wegen Anstiftung zur öffentlichen Unruhe und sozialem Hass zieht eine Mindeststrafe von zwölf Jahren Gefängnis nach sich.

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