Ratzinger bleibt unangetastet
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/NDB3GNAHKFBR7OEJ3CK5YQ4LMU.jpeg)
Der Silvester 2022 verstorbene Papst Benedikt XVI. winkt bei der letzten Generalaudienz auf dem Petersplatz im Februar 2013.
© Quelle: picture alliance / dpa
Der Paukenschlag des vor etwas mehr als einem Jahr in München vorgestellten Missbrauchsgutachtens ist verhallt. Zurück bleibt – für die Opfer – unbegreifliche Stille.
Denn Opfer hat es zweifellos gegeben, nicht allein im Erzbistum München und Freising. Hier listete das Missbrauchsgutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl für die Jahre 1945 bis 2019 Hinweise auf mindestens 497 Betroffene sexualisierter Gewalt auf. Die meisten Taten passierten von Anfang der 1960er- bis Mitte der 1970er-Jahre. Verantworten musste sich niemand – weder für die Taten noch für die Folgen. Vieles ist strafrechtlich verjährt.
Die hierarchischen Strukturen der katholischen Kirche, die Männerbünde und die Scham der Opfer deckten lange den Mantel des Schweigens über Verbrechen und ermöglichten den fortgesetzten Missbrauch von Kindern. Erst als die Opfer über ihr Martyrium redeten und die Kirche sie nicht mehr zum Schweigen bringen konnte, begriffen die Bischöfe, welches Unrecht unter Kirchendächern geschehen ist.
Ratzinger von 1977 bis 1982 Erzbischof in München
Die Frage bleibt, was viele Kirchenfürsten wussten, wo sie wegsahen, wen sie schützten. In München ergaben die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nichts Greifbares, sie wurden folgerichtig eingestellt. Immerhin wurden dabei der verstorbene Papst Benedikt XVI., der als Kardinal Joseph Ratzinger von 1977 bis 1982 Erzbischof in München war, sein Nachfolger Kardinal Friedrich Wetter sowie der ehemalige Generalvikar Gerhard Gruber als Beschuldigte geführt. Den Opfern wird das kaum reichen.
Die gute Nachricht ist: Die katholische Kirche in Deutschland hat sich inzwischen aufgemacht, Strukturen und Regularien zu schaffen, die Missbrauch erheblich erschweren. Auch dürfte durch das Handeln der Justiz dem letzten Bischof klar geworden sein, dass er nicht nur Verantwortung vor Gott trägt.