Politikwissenschaftler scheitert bei „Maischberger“ am Namen Strack-Zimmermann
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Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, in der Sendung „Maischberger“.
© Quelle: picture alliance / Eibner-Pressefoto
Es kommt nicht häufig vor, dass Politikerinnen und Politiker ihre Karrierepläne in einer Talkshow verkünden. Am Mittwochabend war das allerdings der Fall. Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann will Spitzenkandidatin ihrer Partei bei der Europawahl werden. Das verriet sie in der ARD-Talksendung „Maischberger“ und bestätigte damit Berichte des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND). „Ich glaube, dass wir die Kraft Europas unterschätzen“, sagte Strack-Zimmermann. Sie habe sich infolge des Ukraine-Kriegs intensiv mit der sicherheitspolitischen Rolle Europas beschäftigt und sei überzeugt, dass „es mehr denn je entscheidend ist, europäisch zu agieren“.
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags ist dafür bekannt, leidenschaftlich ihre Meinung zu vertreten. Sie zählt zu jenen, die sich mit am stärksten für Waffenlieferungen an die Ukraine einsetzen. Das wurde auch in der Sendung deutlich, bei der es um die Fragen ging: Wie geht es weiter in der Ukraine? Und wann gibt es endlich Friedensverhandlungen? Vor allem diese Frage sorgte für Zündstoff und ließ Strack-Zimmermann mit dem Politikwissenschaftler Christian Hacke aneinandergeraten.
Neben der erwähnten Marie-Agnes Strack-Zimmermann und dem Politikwissenschaftler Christian Hacke diskutierten und analysierten Kristina Dunz, stellvertretende Leiterin des Hauptstadtbüros des RND, „Tagesschau“-Sprecher und Autor Constantin Schreiber und der Journalist Christoph Schwennicke. Außerdem war Bergsteigerlegende und Autor Reinhold Messner zu Gast.
Kritik am Bund bei Flüchtlingsfrage
Zu Beginn der Sendung ging es um den Krieg in der Ukraine, aber auch um die Auswirkungen auf Fluchtbewegungen nach Deutschland. Seit Kriegsbeginn sind fast eine Million Menschen aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Viele Kommunen zeigen sich am Ende ihrer Kapazitätsgrenze.
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Nach dem Höhepunkt der Geflüchtetenbewegung in 2015 seien „ganz entscheidende Lehren nicht gezogen worden“, analysierte RND-Journalistin Kristina Dunz. Es sei von der Bundesinnenministerin Nancy Faeser richtig gewesen, zu bekräftigen, dass es keine Obergrenze für Menschlichkeit gebe. „Aber es gibt eine Obergrenze in den Kommunen an Wohnraum“, argumentierte Dunz.
Bei dieser Problematik stehe der Bund in der Verantwortung, so Dunz. Wie eine Abfrage des RND bei den Bundesländern ergab, sei „noch kein Euro“ von den zugesagten 2,75 Milliarden an Bundesmitteln zur Unterbringung von Geflüchteten in den Kommunen angekommen.
Erst Panzer, dann Kampfjets – und bald auch Bodentruppen?
Moderatorin Sandra Maischberger richtete dann den Blick wieder in die Ukraine und auf die Frage, ob Deutschland nun auch Kampfjets liefern solle? Polen und die Slowakei hatten sich bereit erklärt, alte MiG-29-Kampfjets aus sowjetischer Bauart in die Ukraine zu liefern. Für den Journalist Christoph Schwennicke sei es absehbar gewesen, dass die Kampfjetfrage auch nach Deutschland komme. Denn „ein Panzer ohne Unterstützung aus der Luft sei ein großes, träges Ziel“ und sei auf den Schutz aus der Luft angewiesen.
Doch Sandra Maischberger ging noch einen Schritt weiter. Ob auch europäische Bodentruppen in der Ukraine denkbar wären, will sie von ihren Gästen wissen. Für Kristina Dunz sei das ausgeschlossen. Das habe man zwar auch schon bei allen andern Waffenlieferungen gesagt, doch Bodentruppen seien dann „eine direkte Beteiligung am Krieg“, ist sich Dunz sicher.
Es wird kein einziger deutscher oder europäischer Soldat einen Fuß in die Ukraine setzen.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann
Ähnlich beurteilt das FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die Frage nach Bodentruppen für die Ukraine beantwortete sie mit einem klaren „Nein“. „Es wird kein einziger deutscher oder europäischer Soldat einen Fuß in die Ukraine setzen“, betonte die FPD-Politikerin. Auch westlichen Kampfjets für die Ukraine erteilte sie eine Absage. Diese Systeme seien viel zu komplex, die könne man nicht einfach in die Hände der Ukrainer und Ukrainerinnen geben. Bei den MiG-Kampfjets sei das anders.
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Politikwissenschaftler Christian Hacke betonte im Gegenzug die Wichtigkeit einer diplomatischen Lösung in dem Krieg. Er dämpfte die Hoffnung auf nennenswerte Rückgewinne der Ukraine in den besetzten russischen Gebieten, die den Krieg entscheiden könnten. Er sehe weder einen absehbaren Sieg der Russen, noch einen Sieg der Ukraine, auch wenn er sich diesen Wünschen würde. Deswegen seien Verhandlungen die einzige Option, erklärte Hacke.
Wie heißt die Frau nochmal?
Es war auch Hacke, der gleich zu Beginn des Gesprächs mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann für den Schmunzler des Abends sorgte. Er geriet bei dem Versuch ins Straucheln, den Namen seiner Gesprächspartnerin auszusprechen. Diese wiederum ließ sich nichts anmerken und fuhr zunächst unbeeindruckt fort. Doch Hacke war sein kleiner Fauxpas offenbar peinlich. Als er das nächste Mal das Wort ergriff, entschuldigte er sich bei Strack-Zimmermann. „Das ist das Alter“, sagte er um Verzeihung bittend. Strack-Zimmermann nahm es mit Humor. „Ich musste schmunzeln“, gab sie zu, „denn beim zweiten Teil des Namens haben Sie ‚Karrenbauer‘ gesagt, aber die ist Geschichte“, sagte die FDP-Politikerin in Bezug auf die ehemalige CDU-Bundesverteidigungsministerien Annegret Kramp-Karrenbauer. Es sollte nicht das letzte Mal an diesem Abend bleiben, dass Hacke bei der Aussprache des Namens Schwierigkeiten hatte.
Inhaltlich konzentrierte er sich auf die Forderung einer diplomatischen Lösung und brachte einen Namen ins Spiel: Emmanuel Macron. Der französische Präsident werde in Washington, in Peking und in Moskau geachtet. Er sei der einzige Verhandlungspartner, der infrage komme. „Macron ist für mich ein Vorbild“, sagte Hacke entschieden.
Eine Äußerung, der Strack-Zimmermann entschieden widersprach. Die Äußerungen Macrons nach seiner China-Reise hatten Europa geschadet. Macron hatte in einem Interview gesagt, dass sich Europa im Falle eines Konflikts um Taiwan nicht so sehr an den USA oder China orientieren solle. Die Aussage sorgte in Europa für viel Kritik. Doch in der Diskussionsrunde waren sich Hacke und Strack-Zimmermann in dieser Frage offenbar nicht so einig. Zumindest in einem Punkt waren sie es: Taiwan müsse vor der Aggression Chinas verteidigt werden. Strack-Zimmermann betonte, dass in Taiwan dieselben Werte verteidigt würden, wie in der Ukraine.
In dieser Hinsicht widersprach dann wiederum Hacke entschieden. Taiwan sei eine „Musterdemokratie“ und nicht vergleichbar. Dieser Satz brachte Strack-Zimmerman in Rage. Zu sagen, dass Taiwan verteidigungswürdig wäre, aber die Ukraine nicht, sei ein „No-Go“. Es folgte ein kurzer, aber intensiver Schlagabtausch, bei dem Hacke immer wieder versuchte, das große Ganze der Weltpolitik mit einzubeziehen und von Strack-Zimmerman ausgebremst werden musste. Am Ende war Hacke so aufgebracht war, dass er sich beim Namen Strack-Zimmermann erneut verhaspelte. Maischberger sprang ihm zu Hilfe und beruhigte das Gespräch schließlich.
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Wie wichtig ist Krawall in einer Sendung, Frau Illner?
Seit fast 24 Jahren talkt Maybrit Illner am Donnerstagabend im ZDF. Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine hat sich auch ihre Sendung verändert. Im RND-Interview spricht sie über gegenseitige Beschimpfungen als „Bellizisten“ gegen „Lumpenpazifisten“, über die Besetzung ihres Talks und wie sie mit der Kritik an den Öffentlich-Rechtlichen umgeht.
Fazit
Insgesamt bot die Sendung von Sandra Maischberger eine muntere Diskussion, die allerdings wenig neue Erkenntnisse lieferte. Für die Überraschung des Abends sorgte die FDP-Politikerin Strack-Zimmermann mit ihrer Ankündigung als Spitzenkandidatin ihrer Partei bei der Europawahl antreten zu wollen. Durch den Schlagabtausch mit dem Politikwissenschaftler Hacke lieferte sie zudem den besten Unterhaltungswert. Inhaltlich blieb die Diskussion dennoch an der Oberfläche.
Daran änderte auch Reinhold Messner nichts. Der Bergsteiger und Autor war zum Ende der Sendung als Einzelgast geladen und lieferte einen thematischen Rundumschlag zum Krieg in der Ukraine, den Problemen von Social Media, seinen Erfahrungen als Bergsteiger und das immer schwieriger werdende Verhältnis von Menschen und Bären in seiner Heimat Südtirol.
Interessant wurde es kurz, als Messner sich zu den Protesten der Klimaaktivisten und -aktivistinnen der Letzten Generation äußerte. Diese hinterließen ihn mit Wut, sagte Messner. Auf die verwunderte Frage der Moderatorin, was er als Naturschützer denn gegen die Letzte Generation habe, sagte Messner: „Die erpressen uns … Die erpressen unsere Demokratie.“ Konkreter wurde er nicht. Doch das Thema wird Sandra Maischberger in ihrer Sendung erhalten bleiben. Denn in der nächsten Woche will sie mit ihren Gästen über genau diese Protestaktionen der Letzten Generation reden.