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Mängel im polnischen Justizsystem

Streit um EU-Geld eskaliert: Polen sagt von der Leyen den Kampf an

Jaroslaw Kaczynski, Vorsitzender der nationalkonservativen Regierungspartei PiS.

Jaroslaw Kaczynski, Vorsitzender der nationalkonservativen Regierungspartei PiS.

Brüssel. Seit Jahren streitet die EU-Kommission mit der polnischen Regierung über Mängel am Justizsystem des Landes. Nun eskaliert der Konflikt mit einer offenen Kampfansage Warschaus an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

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Jaroslaw Kaczynski, Chef der Regierungspartei PiS, sagte, Polen fühle sich nicht mehr an Abmachungen mit Brüssel gebunden, weil die EU-Kommission ihrerseits Verabredungen nicht eingehalten habe. Es geht um die derzeit blockierte Auszahlung von 35 Milliarden Euro aus dem Corona-Wiederaufbaufonds.

Kaczynski, der als der starke Mann in Polen gilt, ging in dem Interview mit der regierungsnahen Wochenzeitung „W Sieci“ sogar noch weiter. Er deutete an, dass es eine Verschwörung gegen Polen gebe. Das Ziel: Polen solle sich Deutschland unterwerfen. „Wir passen nicht in die deutsch-russischen Pläne, Europa zu beherrschen“, wurde Kaczynski zitiert. Ein unabhängiges Polen, das wirtschaftlich, sozial und militärisch stark sei, „ist ein Hindernis für sie“.

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Historisch gesehen sei das nichts Neues, sagte Kaczynski und spielte damit auf den Herbst 1939 an, als sich Nazi-Deutschland und die Sowjetunion Polen aufteilten. Neu sei, dass die Welt an einem Wendepunkt stehe. „Russland versucht, das Imperium wieder aufzubauen“, sagte Kaczynski.

Es bröckelt hinter Putins Kulissen

Die westlichen Sanktionen wirken nur allmählich, aber sie treffen Russland inzwischen hier und da bereits schmerzhaft – und mit langfristigen Folgen.

Hauptstreitpunkt ist das Justizsystem

Hintergrund des erbittert geführten Streits: Die EU-Kommission blockiert seit Monaten die Freigabe der Corona-Milliarden an Polen, weil sie eklatante Mängel im polnischen Justizsystem sieht. Zuletzt einigte sich die Kommission mit der Regierung in Polen auf Voraussetzungen zur Auszahlung der Mittel in Höhe von bis zu 35 Milliarden Euro.

Dazu müsse vor allem das Gesetz zum Disziplinarregime für Richter in Polen geändert werden. Nominell ist das zwar geschehen, aber das reicht Kommissionspräsidentin von der Leyen nicht aus. Die Änderungen seien unzureichend, um die Corona-Gelder freizugeben, sagte sie zuletzt.

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Die nationalkonservative Regierung in Warschau sieht das anders. Sie geht davon aus, dass mit dem neuen Gesetz die Voraussetzung für die Auszahlung des Geldes gegeben sei.

Wenn die EU-Kommission versucht, uns gegen die Wand zu drücken, haben wir keine andere Wahl, als alle Geschütze aus unserem Arsenal zu holen und das Feuer zu eröffnen.

Krzysztof Sobolewski,

PiS-Generalsekretär

Das Verhältnis zwischen der EU-Kommission und der Regierung in Polen dürfte sich in Zukunft noch verschlechtern. So lassen sich zumindest Äußerungen des Generalsekretärs der Regierungspartei PiS auslegen. Krzysztof Sobolewski sagte im polnischen Rundfunk: „Wenn die EU-Kommission versucht, uns gegen die Wand zu drücken, haben wir keine andere Wahl, als alle Geschütze aus unserem Arsenal zu holen und das Feuer zu eröffnen.“ Sobolewski sprach von einer „Zahn-um-Zahn-Strategie“. Man könne EU-Initiativen mit einem Veto belegen, eine Koalition bilden, um von der Leyen zu entlassen, und Klagen gegen die EU-Kommission erheben.

Eine Sprecherin der EU-Kommission wollte die Zuspitzung des Streits am Dienstag nicht kommentieren. Scharfe Kritik an Kaczynski übte dagegen der FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner. „Die brutale Rhetorik Kaczynskis soll darüber hinwegtäuschen, dass die polnische Regierung bisher die vereinbarten Meilensteine für die Auszahlung der Wiederaufbaugelder nicht eingehalten hat“, sagte Körner dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Die Kommission muss hier hart bleiben. Bis die von der Regierungspartei PiS zerstörte Unabhängigkeit der Justiz nicht wiederhergestellt ist, darf kein Geld fließen.“

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