Polen-Besuch: Baerbocks Judo­strategie

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach dem Gespräch mit ihrem polnischen Amtskollegen Zbigniew Rau bei ihrem Antrittsbesuch im Nachbarland.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach dem Gespräch mit ihrem polnischen Amtskollegen Zbigniew Rau bei ihrem Antrittsbesuch im Nachbarland.

Warschau. Annalena Baerbock hat keine Schonfrist bekommen. Bei ihrem Antrittsbesuch in Polen überhäufte sie ihr Amtskollege Zbigniew Rau auf offener Bühne mit einem ganzen Berg von Forderungen und Vorwürfen. Weil Antrittsbesuche zumeist vor allem Anlass für den Austausch diplomatischer Freundlichkeiten sind, fiel dies auf. Manch leicht altväterlich-belehrende Bemerkung Raus wirkte zusätzlich deplatziert.

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Baerbock ließ sich von der Philippika nicht aus der Fassung bringen, sondern bestärkte ihren Kollegen sogar, ihr weiter sein Herz auszuschütten. Gute Freundschaften zeichne es aus, über Probleme offen zu reden, verkündete sie.

Gemeinsam zu gutem Ergebnis kommen

Angriffe nicht abwehren, sondern in Energie umwandeln – das ist das Judoprinzip der Außenministerin. Der Unterschied von Diplomatie und Kampfsport­arten ist dabei, dass es nicht darum gehen sollte, jemanden niederzuringen, sondern gemeinsam zu einem guten Ergebnis zu kommen. Die Differenzen zwischen der polnischen und der deutschen Regierung, der vorherigen wie der aktuellen, sind an manchen Stellen sehr grundsätzlich. Die Einschränkung der Justiz in Polen ist dafür nur ein Beispiel. Inhaltlich ist Raus Forderungs­katalog also weniger wegen der Inhalte überraschend als wegen des Präsentations­rahmens.

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Baerbocks Strategie hat über den Moment hinweg­geholfen. Die polnische Staats- und Regierungs­spitze hat mit einem kurz­fristigen Termin bei dem ranghöheren Staatspräsidenten Andrzej Duda gleichzeitig signalisiert, wie sehr ihr an guten Kontakten zu Deutschland gelegen ist.

Scholz folgt Baerbock

Rau betonte ausdrücklich, dass das Thema Nord Stream 2 Probleme mit der vergangenen Regierung bereitet habe. Das lässt die Bereitschaft für einen Neuanfang erkennen. Bundeskanzler Olaf Scholz, der Warschau am Sonntag besucht, wird den Faden klug aufnehmen müssen.

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