Leopard-Panzer für die Ukraine: Polen beantragt deutsche Liefergenehmigung
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Leopard-2-A4 -Panzer der polnischen Armee bei gemeinsamen Übungen polnisch-amerikanischer Panzereinheiten auf dem Truppenübungsplatz Swietoszow (Archivbild).
© Quelle: Maciej Kulczynski/PAP/EPA/dpa
Berlin. Im Ringen um die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern in die Ukraine setzt Polen die Bundesregierung mit einem offiziellen Exportantrag nun ganz konkret unter Zugzwang. Die polnischen Regierung reichte den Antrag am Dienstag bei der Bundesregierung ein.
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„Ich appelliere auch an die deutsche Seite, sich der Koalition der Länder anzuschließen, die die Ukraine mit Leopard-2-Panzern unterstützen“, schrieb Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak dazu auf Twitter. Es gehe um die Sicherheit Europas. Die Bundesregierung will den Antrag nun „mit der gebotenen Dringlichkeit“ prüfen, wie ein Regierungssprecher der Deutschen Presse-Agentur in Berlin auf Anfrage mitteilte.
Polen will 14 von 247 Leopard 2 abgeben
Polen macht in der Diskussion um die Kampfpanzer-Lieferungen schon seit längerem Druck auf Deutschland. Bereits in der vorvergangenen Woche hatte Präsident Andrzej Duda verkündet, man wolle der Ukraine 14 Leopard-Kampfpanzer überlassen. Insgesamt hat Polen nach Angaben des Verteidigungsministeriums 247 Leopard-2-Panzer in drei unterschiedlichen Versionen (A4, A5 und PL). Sie wurden 2002 und 2013 in zwei Tranchen aus den Beständen der Bundeswehr für insgesamt etwa 200 Millionen Euro gekauft.
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In die Kaufverträge solcher Rüstungsexportgeschäfte werden immer sogenannte Endverbleibsklauseln eingebaut. Darin ist geregelt, dass bei einer Weitergabe an dritte Länder die Bundesregierung zustimmen muss. Die Zuständigkeit liegt bei Waffen aus Bundeswehrbeständen beim Verteidigungsministerium, bei Exporten von größerer politischer Bedeutung entscheidet der Bundessicherheitsrat unter Leitung von Kanzler Scholz. Diesem Gremium gehören alle die für Sicherheit zuständigen Minister an, darunter Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD).
Polen will notfalls auch ohne Genehmigung liefern
Wann genau die Entscheidung über den polnischen Antrag fällt, ist unklar. Und auch, ob Scholz dann gleich mit über die Lieferung eigener Leopard-Panzer befinden wird, ist offen. Pistorius hat mehrfach angekündigt, dass die Entscheidung für die nächsten Tage zu erwarten sei. Am Samstag bricht Scholz zu einer viertägigen Südamerika-Reise auf. Gut möglich, dass er das Thema vorher klären möchte.
Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki hatte am Montag gesagt, notfalls werde man auch ohne die Genehmigung Berlins handeln. Das würde einen diplomatischen Eklat bedeuten.
Polen will eine europäische Koalition zur Lieferung von Kampfpanzern bilden. Bisher hat aber nur Großbritannien die Lieferung ihrer Challenger-2-Kampfpanzer zugesagt. Von den 14 europäischen Staaten, die Leopard-Panzer haben, hat neben Polen bisher nur Finnland öffentlich Bereitschaft signalisiert, einige Exemplare abzugeben.
Weder mit Berlin noch mit anderen EU- und Nato-Staaten gebe es derzeit einen Dialog, sagte Peskow. Moskau hatte in der Vergangenheit schon mehrfach die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine als Eskalation in dem Krieg kritisiert. In der vergangenen Woche hat der Sprecher von Kremlchef Wladimir Putin allerdings auch gesagt, dass selbst westliche Kampfpanzer Russland nicht am Erreichen seiner Kriegsziele hindern könnten. Aus seiner Sicht würden sie nur das Leid der Zivilbevölkerung verlängern.
Baerbock ist schon vorgeprescht
Scholz (SPD) steht wegen seiner Zurückhaltung in der Frage von Kampfpanzerlieferungen an die Ukraine seit Wochen in der Kritik. Auch in der eigenen Koalition wurde Unmut laut. Die Regierung begründet ihr Vorgehen unter anderem mit dem Abwägen von Eskalationsrisiken und nötiger internationaler Abstimmung.
Baerbock hat Polen bereits ein Ja zu einem Exportantrag in Aussicht gestellt. „Wenn wir gefragt würden, würden wir dem nicht im Wege stehen“, hatte sie am Wochenende gesagt. Es ist allerdings unklar, ob sie damit für die Bundesregierung gesprochen hat.
Die Ukraine bittet seit Monaten um Kampfpanzerlieferungen für den Kampf gegen die russischen Angreifer. Die Frontlinie in der Ostukraine bewegt sich derzeit kaum noch. Mit den Kampfpanzern hofft die Ukraine, wieder in die Offensive zu kommen und weiteres Gelände zurückzuerobern. Gleichzeitig wird für das Frühjahr eine Offensive Russlands befürchtet.
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Linkspartei gegen Genehmigung
Auch nach Ansicht der Linksfraktion sollte die Bundesregierung den polnischen Antrag zur Lieferung von Kampfpanzern aus deutscher Produktion an die Ukraine ablehnen. „Es ist richtig, hier zu sagen: Nein, das machen wir nicht“, sagte Co-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali am Dienstag vor einer Fraktionssitzung in Berlin.
Es gehe um die Frage, ob der Krieg sich ausweite. „Bei der Lieferung der Leopard-Panzer geht es eben nicht um Kühlschränke. Es geht um Tötungsmaschinen“, sagte Mohamed Ali. Ähnlich äußerte sich die Außenpolitikerin der Fraktion, Sevim Dagdelen: „Kanzler Scholz darf die Panzerlieferungen an die Ukraine nicht genehmigen, damit Deutschland nicht immer weiter in den Krieg hineingezogen wird, sondern muss endlich diplomatische Initiativen für einen Waffenstillstand und einen Verhandlungsfrieden starten“, sagte sie.
Russland: „Solche Lieferungen verheißen nichts Gutes“
Der Kreml warnte vor einer weiteren Verschlechterung der deutsch-russischen Beziehungen, sollte die Bundesregierung der Lieferung von Leopard-Kampfpanzer zustimmen. „Solche Lieferungen verheißen nichts Gutes für die Zukunft der Beziehungen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Sie würden unausweichliche Spuren hinterlassen. Dabei seien die Beziehungen schon jetzt an einem gewissen Tiefpunkt.
Die russische Führung hat schon mehrfach die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine als Eskalation kritisiert. In der vergangenen Woche sagte der Sprecher von Kremlchef Wladimir Putin allerdings auch, dass selbst westliche Kampfpanzer Russland nicht am Erreichen seiner Kriegsziele hindern könnten. Aus seiner Sicht würden sie nur das Leid der Zivilbevölkerung verlängern.
29 Ringtausch-Leopard-Panzer im Frühjahr fertig
Deutschland hat einen Teil der Militärhilfe für die Ukraine als sogenannte Ringtausche mit östlichen Nato-Partnern organisiert.
© Quelle: dpa
Streit innerhalb der Ampel
Auch innerhalb der Ampel sorgt das Thema für Streit. Am Wochenende war offener Streit entbrannt, weil FDP und Grüne auf die Lieferung deutscher Leopard-2-Panzer drängen. „Ich weiß nicht, warum Schützenpanzer nicht eskalativ sind, aber Kampfpanzer schon“, sagte Grünen-Chef Omid Nouripour.
Die Bundesregierung hat sich bislang zur Lieferung des Schützenpanzers Marder entschlossen, eine Entscheidung über den Kampfpanzer Leopard 2 steht aber noch aus. „Deshalb ist es umso notwendiger, dass es jetzt endlich Klarheit gibt und zwar so schnell wie möglich“, sagte Nouripour. „Unsere Partnerstaaten, allen voran die Menschen in der Ukraine, haben das verdient.“ In Rücksprache mit den Partnerstaaten solle das geliefert werden, was die Ukraine brauche und es sei jeden Tag offensichtlicher, dass sie Kampfpanzer brauche.
Innerhalb der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP gebe es unterschiedliche Auffassungen „in Details, beispielsweise bei der Frage der Geschwindigkeit und bei der Frage der Synchronisation mit den Amerikanern“.
RND/ag/dpa/AP