Patientenschützer kritisiert „Geschrei“ der Länder, Buschmann verteidigt Hotspot-Regelung
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Marco Buschmann (FDP), Bundesminister der Justiz (Archivbild)
© Quelle: Fabian Sommer/dpa
Düsseldorf. Patientenschützer Eugen Brysch hat die Länder in der Corona-Pandemie zu schnellem Handeln aufgefordert: „Das Geschrei der Ministerpräsidenten und deren Fingerzeig auf den Bund sind in keiner Weise gerechtfertigt.“ Die Landesregierungen hätten nichts unternommen, um das nun von ihnen scharf kritisierte Infektionsschutzgesetz zu stoppen. Jetzt steckten sie in einer Sackgasse, in die sie sich selbst manövriert hätten.
Das sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz der „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Die NRW-Regierung nannte er „seltsam sprachlos“ - sie wisse offenbar nicht, was sie mit den neuen Möglichkeiten des Gesetzes überhaupt anfangen solle. Es müsse dringend geregelt werden, wie es in der Alten- und Krankenpflege weitergehen solle. Das Land hätte „von sich aus aktiv werden müssen“, bemängelte Brysch.
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Buschmann: Keine Einschränkungen mehr bei Grundrechten
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) verteidigte die Hotspot-Regelungen gegen Kritik. „Die Hotspot-Regel gibt den Ländern die notwendigen Instrumente, wenn die medizinische Versorgungslage vor Ort nicht mehr gewährleistet sein sollte oder falls eine neue gefährlichere Virus-Variante auftritt“, sagte Buschmann der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Zugleich betonte er, dass es keine erheblichen Einschränkungen der Grundrechte mehr geben dürfe: „Das sind bewusst hohe Hürden, damit wir von den pauschalen und flächendeckenden massiven Freiheitseinschränkungen wegkommen.“
Das Infektionsgeschehen habe sich von der Lage in den Kliniken entkoppelt, sagte Buschmann weiter. Damit entfalle seinen Worten zufolge auch weitgehend die Begründung für die tiefgehenden Grundrechtseingriffe. „Geht die Gefahr zurück, müssen auch die Gefahrenabwehrmaßnahmen zurückgefahren werden“, erklärte der Minister. Die Landesregierungen hätten die Möglichkeit, in Krankenhäuern, Pflegeeinrichtungen und ähnlichen Orten das Tragen von Masken und Testpflichten anzuordnen.
Buschmahn mahnt zur Eigenverantwortung
Buschmann rief die Bürgerinnen und Bürger zu Eigenverantwortung auf. „Ich appelliere, dass jeder mit der Impfung sich selbst schützt. Und mit dem Tragen einer wirksamen Maske kann jeder eigenverantwortlich seinen persönlichen Schutz anpassen, wo er es für nötig hält“, sagte der Bundesjustizminister.
Das neue Infektionsschutzgesetz sieht nur noch Basisschutzmaßnahmen gegen das Coronavirus vor, in vielen Bereichen nicht einmal mehr eine Maskenpflicht. Die Länder können aber für ihr Land oder einzelne Landkreise schärfere Maßnahmen anordnen, wenn eine Überlastung des Gesundheitssystems droht.
Wüst sieht keinen Spielraum für Hotspot-Regelung
Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte am Dienstag gesagt, er sehe keinen Spielraum, ganz NRW rechtssicher als Corona-Hotspot auszuweisen und damit landesweit mehr Sicherheit zu schaffen. Die Bundesregierung habe gerade erst wieder unterstrichen, wie hoch die Hürden für solche Schutzmaßnahmen der Länder wären. „Das ist nicht das, was 16 Ministerpräsidenten sich gewünscht haben“, hatte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz betont. Der Bund trage nun auch die Verantwortung für die weitere Entwicklung der Pandemie.
Den Ländern sind ab Sonntag nur noch wenige allgemeine Schutzregeln etwa zu Masken und Tests in Einrichtungen wie Kliniken und Pflegeheimen erlaubt. Sie können aber für regionale Hotspots weitergehende Beschränkungen etwa mit mehr Maskenpflichten und Zugangsregeln verhängen, wenn das Landesparlament dort eine kritische Lage feststellt. Mehrere Länder beklagen allerdings, dass dafür rechtssichere Kriterien fehlten.
RND/dpa