Führungsversagen und fehlendes Urteilsvermögen

„Partygate“-Bericht kritisiert britische Regierung scharf – doch Johnson will im Amt bleiben

25.05.2022, Großbritannien, London: Der britische Premierminister Boris Johnson verlässt Downing Street 10, um an der wöchentlichen Fragestunde Prime Minister's Questions im Parlament teilzunehmen. Foto: Victoria Jones/PA Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

25.05.2022, Großbritannien, London: Der britische Premierminister Boris Johnson verlässt Downing Street 10, um an der wöchentlichen Fragestunde Prime Minister's Questions im Parlament teilzunehmen. Foto: Victoria Jones/PA Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

London. Der britische Premierminister Boris Johnson wird im Untersuchungsbericht der Regierung zur „Partygate“-Affäre heftig kritisiert – doch der Regierungschef will weiterhin nicht zurücktreten.

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Die interne Ermittlerin, Spitzenbeamtin Sue Gray, erneuerte in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Report ihre Vorwürfe, Downing Street habe Führungsversagen und fehlendes Urteilsvermögen gezeigt. Die Führungsspitze am Sitz des Premierministers trage die Verantwortung für eine Kultur des Regelbruchs, in der während des Corona-Lockdowns Dinge zugelassen worden seien, die nicht gestattet werden dürften, hieß es im am Mittwoch veröffentlichten Bericht Grays.

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Bisher unbekannte Fotos lassen die Zweifel an Boris Johnsons Verteidigung in der sogenannten Partygate-Affäre wachsen.

„An den Veranstaltungen, die ich untersucht habe, nahmen Führungsfiguren der Regierung teil“, schrieb Gray. „Viele dieser Events hätten nicht zugelassen werden dürfen.“ Mitarbeiter seien davon ausgegangen, dass ihre Teilnahme erlaubt sei, da auch führende Politiker anwesend gewesen seien. Die Führung müsse die Verantwortung tragen, forderte Gray. Die Geschehnisse seien hinter den zu erwartenden Standards weit zurückgeblieben. Es sei teils zu „exzessivem Alkoholkonsum“ gekommen. Viele Menschen seien „bestürzt“ über das Verhalten im Herzen der Regierung, schrieb die Beamtin.

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Grays 37-Seiten-Bericht widmet sich insbesondere einer Gartenparty im Mai 2020, zu der Johnson persönlich Käse und Wein aus seiner Wohnung mitgebracht haben soll. Bei einer zweiten Fete soll ein Teilnehmer krank gewesen sein, während zwei andere heftig aneinandergerieten. Bei einer dritten wurde bis 4.00 Uhr morgens getagt, wobei die Schaukel von Johnsons kleinem Sohn Wilf im Garten zu Bruch ging. „Viele werden bestürzt sein, dass ein derartiges Verhalten in diesem Ausmaß im Herzen der Regierung stattgefunden hat“, schrieb Gray. Das Verhalten der Beteiligten sei weit hinter den berechtigten Erwartungen der Öffentlichkeit zurückgeblieben.

Johnson entschuldigt sich – und klammert sich ans Amt

Der britische Premierminister Boris Johnson hat sich erneut für den Bruch von Corona-Regeln bei Lockdown-Partys in Downing Street entschuldigt. Er übernehme die volle Verantwortung, aber habe aus den Fehlern gelernt, sagte Johnson am Mittwoch im Parlament. Es habe bereits Veränderungen gegeben, was auch die interne Ermittlerin Sue Gray in ihrem „Partygate“-Bericht angemerkt habe. Einen Rücktritt erwähnte der Premier nicht.

Johnson sagte, er habe kurz bei Treffen vorbeigeschaut, um seinen hart arbeitenden Mitarbeitern Dank und Anerkennung auszusprechen. „Einige dieser Zusammenkünfte dauerten länger als notwendig und waren eindeutig ein Regelbruch“, räumte der Premier ein. Diese Verstöße seien ihm damals nicht bewusst gewesen. Er sei ebenso überrascht und enttäuscht gewesen wie alle anderen Menschen.

Kritiker innerhalb und außerhalb seiner Konservativen Partei werfen dem Premier vor, das Parlament belogen zu haben. Bei bewusster Irreführung des Unterhauses ist üblicherweise der Rücktritt fällig. Johnson verlegte sich auf die Bemerkung, er habe ja nicht bewusst gegen Regeln verstoßen. Da nun die Ermittlungen abgeschlossen seien, könne das Land nach vorne blicken und den Fall hinter sich lassen. Bisher hat er sich im Amt halten können, weil sich in der Regierungsfraktion nicht genügend Abgeordnete gefunden haben, die einen Misstrauensantrag stellen. Dafür sind 54 Stimmen nötig.

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Die Polizei hat wegen der Regelverstöße mittlerweile insgesamt mehr als 120 Strafbescheide gegen Dutzende Teilnehmerinnen und Teilnehmer verhängt, in einem Fall auch gegen Johnson.

RND/dpa

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