Nur 8,5 Prozent der Firmen aus EU-Staaten haben sich aus Russland zurückgezogen
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Ein Metro-Cash&Carry-Markt im Moskauer Stadtteil Rostokino. Der deutsche Großhändler hat 2022 an seinem Russland-Geschäft festgehalten.
© Quelle: Stringer/dpa
Berlin. „Quadratisch, praktisch, Blut“ – mit dieser bitterbösen Persiflage auf einen Werbeslogan hatte einst der damalige ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, über Twitter kritisiert, dass ein deutscher Schokoladenhersteller nicht bereit war, sein Russland-Geschäft einzustellen. Seit Russlands brutalem Überfall auf die Ukraine werden deutsche Firmen moralisch daran gemessen, wie sie es geschäftlich mit dem Aggressor halten.
Wissenschaftler der Yale-Universität (Connecticut) haben schon 2022 eine „Liste der Schande“ ist Internet gestellt und dort aufgezählt, wer geht und wer bleibt. Aktuell melden sie rund 1000 Unternehmen weltweit, die ihre Aktivitäten in Russland eingeschränkt haben. Doch das muss längst nicht den völligen Rückzug bedeuten.
Unternehmen müssen 50 Prozent unter Marktwert verkaufen
Das haben Forscher der schweizerischen Universität St. Gallen und der Wirtschaftshochschule IMD jetzt herausgefunden. Demnach waren zu Kriegsbeginn 2405 Tochtergesellschaften von 1404 EU- und G7‑Unternehmen in Russland aktiv. Aber nur 8,5 Prozent von ihnen haben sich tatsächlich aus Russland zurückgezogen, stellen die Studienautoren Simon Evenett und Niccolò Pisani fest.
Demnach zogen sich mehr US-Unternehmen zurück als solche mit Sitz in der EU. Dennoch haben weniger als 18 Prozent der US-Tochtergesellschaften tatsächlich ihr Geschäft veräußert, und nur 8,3 Prozent der EU-Firmen haben sich aus Russland zurückgezogen. Von den verbliebenen westlichen Unternehmen stammen 19,5 Prozent aus Deutschland, 12,4 Prozent aus den USA und 7 Prozent aus Japan.
Zur Ehrenrettung der Firmen sei gesagt, dass der Kreml alles tut, um den Prozess des Rückzugs zu behindern. Investoren brauchen eine behördliche Genehmigung, teils sogar vom Präsidenten persönlich. Zudem ist gesetzlich geregelt, dass Unternehmen mindestens 50 Prozent unter Marktwert verkaufen müssen. Davon profitieren dann russische Käufer, frei nach dem Motto: Business as usual!