Warnung vor voreiligen Rückschlüssen

Hochkarätige Geheimdienstler informieren Kontrollgremium über aktuellen Stand bei Nord-Stream-Ermittlungen

Wolfgang Schmidt (3. v. l.), Chef des Bundeskanzleramts, und Bruno Kahl (2. v. r.), Präsident des Bundesnachrichtendienstes, verlassen die Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages. Das Gremium befasst sich mit Nord-Stream-Ermittlungen und tagt wie üblich geheim.

Wolfgang Schmidt (3. v. l.), Chef des Bundeskanzleramts, und Bruno Kahl (2. v. r.), Präsident des Bundesnachrichtendienstes, verlassen die Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages. Das Gremium befasst sich mit Nord-Stream-Ermittlungen und tagt wie üblich geheim.

Berlin. Der Raum U1 215 im Keller des Jakob-Kaiser-Hauses des Deutschen Bundestages ist einer der bestgesicherten Räume Berlins. Hier tagt unter Ausschluss der Öffentlichkeit das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags (PKGr) – jenes 13-köpfige Gremium, das die Nachrichtendienste des Bundes kontrollieren soll.

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Am Freitagmittag kommt hier eine hochkarätige Runde zusammen, um die Abgeordneten des PKGr in einer Sondersitzung über den Stand der Ermittlungen zur Sprengung der Nord-Stream-Pipelines im vergangenen Jahr zu informieren. Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, ist gekommen, die Präsidentin des Militärischen Abschirmdienstes, Martina Rosenberg, und der Vizechef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Sinan Selen. Auch Generalbundesanwalt Peter Frank hat das Kontrollgremium geladen. Und sogar Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt tritt gegen 13.30 Uhr in den abhörsicheren Raum.

Der Yachthafen und die Yachthafen-Residenz in Hohe Düne: Von hier aus sollen die Saboteure der Nord-Stream-Pipeline in See gestochen sein.

Wie die Jacht „Andromeda“ den Sprengstoff zur Pipeline bringen konnte

Die Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines – sie sollen von Mecklenburg-Vorpommern aus gestartet worden sein. Unfreiwillig und unwissentlich wurden offenbar Menschen in Rostock und auf Rügen zu Komplizen der Saboteure. Zwei Tage nach den Enthüllungen kommen immer neue Details ans Licht. Eine Spurensuche.

Warnung vor schnellen Rückschlüssen

Bevor es beginnt, gibt der Vorsitzende des PKGr, der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz, noch ein Pressestatement ab. „Wir können als Gremium nur sehr davor warnen, dass man jetzt sehr schnell zu irgendwelchen Rückschlüssen kommt, bei den Brocken, die man da in der Presse liest“, erklärt von Notz, während sein Stellvertreter Roderich Kiesewetter (CDU) und der SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann neben ihm stehen. „Es ist so, dass man es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit einem staatlichen oder quasistaatlichen Akteur zu tun hat, der diesen Sabotageakt vorgenommen hat“, sagt von Notz. Da seien unheimlich viele Szenarien denkbar.

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Die Tür zum Raum des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages öffnet sich zu Beginn der Sitzung.

Die Tür zum Raum des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages öffnet sich zu Beginn der Sitzung.

Die Explosionen an beiden Strängen der zwischen Russland und Deutschland verlaufenden Pipeline Nord Stream 1 und einem Strang der Pipeline Nord Stream 2 in der Ostsee hatten sich im September 2022 ereignet. Vor wenigen Tagen hatten ARD, RBB und die „Zeit“ berichtet, dass eine sechsköpfige Gruppe eine 16-Meter-Segeljacht angemietet und wohl darauf von Rostock aus den Sprengstoff zu den Pipelines befördert habe. Es gebe demnach eine mögliche Verbindung in die Ukraine, weil die deutsche Jacht von einer polnischen Firma angemietet worden sei, die jedoch zwei Ukrainern gehöre. Eine Verbindung zu staatlichen Stellen in der Ukraine lasse sich jedoch nicht herstellen.

Konstantin von Notz (M., Bündnis 90/Die Grünen), Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages, Roderich Kiesewetter (l., CDU) und Sebastian Hartmann (SPD) geben zu Beginn der Sitzung des Gremiums ein Pressestatement.

Konstantin von Notz (M., Bündnis 90/Die Grünen), Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages, Roderich Kiesewetter (l., CDU) und Sebastian Hartmann (SPD) geben zu Beginn der Sitzung des Gremiums ein Pressestatement.

Von Notz warnte davor, angesichts der bisherigen Informationslage voreilige Schlüsse zu ziehen. Gerade weil man es wohl mit staatlichen oder quasistaatlichen Akteuren zu tun habe, gebe es „eine gewisse Wahrscheinlichkeit“, dass nicht jede Spur tatsächlich zu den Tätern führt. Spuren könnten demnach auch absichtlich in eine falsche Richtung gelegt worden sein.

Fast alle schweigen

„Wir wissen das nicht, aber es gibt eine gewisse Plausibilität, dass es auch solche Spuren geben kann“, sagte der PKGr-Vorsitzende. „Und gerade, weil das so ist, muss man wirklich maximal vorsichtig sein.“ Diese Fragen hätten so große Implikationen, dass es geboten sei, den rechtsstaatlichen Weg sauber zu gehen und erst dann Rückschlüsse zu ziehen, sagte von Notz und verwies auf die Ermittlungen des Generalbundesanwalts.

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Nach der fast zweistündigen Sitzung wollen sich die PKGr-Mitglieder erst einmal nicht öffentlich äußern – so hatten die Abgeordneten es vorher abgesprochen. Fast alle der Abgeordneten und die Behördenchefs halten sich auch daran, als sie am Freitagnachmittag den abhörsicheren Raum verlassen. Nur der Linken-Abgeordnete André Hahn kann dann doch nicht ganz still bleiben, als Journalisten ihn fragen, ob er in der Sitzung etwas Neues erfahren habe. Er sei gerade aus Kinshasa in der Demokratischen Republik Kongo zurückgekommen, sagt Hahn. Deshalb habe er nicht alle Presseberichte der vergangenen Tage gelesen. „Aber soweit ich das sehe, ist nichts über das hinaus neu gewesen, was schon in den Medien stand“, sagt Hahn – nur um direkt nachzuschieben, dass er keine Erklärung abgeben dürfe.


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