Norbert Walter-Borjans geht: Wer soll jetzt die SPD führen?
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Norbert Walter-Borjans ist seit zwei Jahren Bundesvorsitzender der SPD. Er hat angekündigt, dass er nicht noch einmal für das Amt antreten will.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Berlin. Er ist seit knapp zwei Jahren SPD-Vorsitzender, jetzt will Norbert Walter-Borjans nicht noch einmal für das Amt antreten. Er habe diese Entscheidung „nach reiflicher Abwägung“ getroffen, schrieb Walter-Borjans am Freitag an die SPD-Vorstandsmitglieder. „Ich tue das in dem guten Gefühl, mit dazu beigetragen zu haben, dass es gut läuft“, so der 69-Jährige. „Neudeutsch ausgedrückt: Mission accomplished“, fügte er hinzu.
„Für mich war mit dem Vorsitz von vornherein keine weitere Karriereplanung verbunden, sondern das Ziel, die Partei auf Kurs zu bringen“, sagte Walter-Borjans der „Rheinischen Post“. Damit sei er so weit gekommen, dass er sagen könne: „Jetzt sollen mal Jüngere ran.“
Der frühere nordrhein-westfälische Finanzminister und die bis dahin außerhalb von Fachkreisen weitgehend unbekannte SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken hatten sich vor zwei Jahren in einer Mitgliederbefragung über den Parteivorsitz gegen Vizekanzler Olaf Scholz durchgesetzt. Mit riesiger Unterstützung der Jusos hatten die beiden eine Anti-Parteiestablishment-Kampagne gefahren, die sich auch direkt gegen Scholz richtete.
Später gingen beide Seiten aufeinander zu. Walter-Borjans und Esken machten Scholz, auch aus Mangel an Alternativen, zum Kanzlerkandidaten. Eine ungewöhnlich geschlossene SPD gewann am Ende die Bundestagswahl.
Co-Parteichefin Esken schrieb auf Twitter: „Lieber Norbert, ich bin dir unendlich dankbar für die gemeinsame Zeit! Danke für den Mut und die Kraft, dieses Abenteuer in Angriff genommen zu haben.“
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Juso-Chefin Jessica Rosenthal sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Norbert Walter-Borjans hat das Steuer in der SPD mit einem inhaltlichen Kompass in schwierigen Zeiten uneigennützig übernommen.“ Er habe dazu beigetragen, der SPD ein klares Gerechtigkeitsprofil zurückzugeben.
Olaf Scholz nannte Walter-Borjans einen „guten Freund“. Die SPD werde gemeinsam entscheiden, wie es weitergehen solle. „Klar ist, dass ich mich auf das konzentriere, wovon ich von den Bürgerinnen und Bürgern einen Auftrag bekommen habe: nämlich eine Regierung zu bilden und der nächste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden.“ Auf die Nachfrage, ob dies bedeute, dass er nicht SPD-Chef werden wolle, sagte Scholz: „Das war sehr klar ausgedrückt.“
Doch wer soll – da Scholz das Amt offenkundig nicht anstrebt – Walter-Borjans jetzt nachfolgen? Auf dem Parteitag vom 10. bis 12. Dezember wird die Parteiführung neu gewählt. SPD-Chefin Esken hatte, anders als Walter-Borjans, bereits vor der Wahl Interesse signalisiert, weiterzumachen – mit den Worten, sie habe noch eine Agenda. Zugleich wird Esken aber auch als mögliche Ministerin in der neuen Bundesregierung gehandelt, zum Beispiel für das Bildungsressort.
Walter-Borjans wünscht sich kein Regierungsmitglied
Walter-Borjans sagte nichts über eine mögliche Wunschnachfolgerin oder einen möglichen Wunschnachfolger. Er ist aber dagegen, dass die Parteiführung Teil des neuen Kabinetts ist. „Ein Regierungsmitglied als Parteichefin oder Parteichef ist notwendigerweise immer ein Stück Regierungssprecher“, befand Walter-Borjans. Es habe sich bewährt, Parteivorsitz und Regierungsamt zu trennen.
Mit der Wahl von Esken und Walter-Borjans hat in der SPD erstmals eine Doppelspitze aus Frau und Mann die Partei geführt. Viele in der Partei favorisieren auch diesmal eine Doppelspitze – es ist aber auch die Wahl einer einzelnen Person zum Vorsitzenden möglich.
Tritt also Esken wieder an – und, wenn ja, allein oder als Teil einer Doppelspitze? Viele in der SPD halten auch Generalsekretär Lars Klingbeil für die ideale Besetzung als männlicher Teil in einer Doppelspitze. Er gilt als anschlussfähig zu allen Seiten in der SPD.
Klingbeil hat einen konservativen Wahlkreis mit einem sehr guten Ergebnis gewonnen, pflegt aber auch einen guten Kontakt zum linken Parteivize Kevin Kühnert. Auch Klingbeil wird für ein Ministeramt im neuen Kabinett gehandelt.