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Olaf Scholz dachte, er sei witzig

Olaf Scholz dachte, er sei lustig, als er die Frage einer Journalistin nur einsilbig beantwortete. Viele Beobachter fanden die Antwort arrogant.

Olaf Scholz dachte, er sei lustig, als er die Frage einer Journalistin nur einsilbig beantwortete. Viele Beobachter fanden die Antwort arrogant.

Liebe Leserin, lieber Leser,

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Olaf Scholz hat gedacht, er sei witzig. Jedenfalls hat er sich sichtlich amüsiert, als er bei der Pressekonferenz nach dem G7-Gipfel auf Schloss Elmau die Frage der Journalistin Rosalia Romaniec von der Deutschen Welle nicht beantwortete. Der Bundeskanzler wurde danach auf Twitter mit einem Shitstorm überzogen. Unhöflich, arrogant, ungehörig sei das gewesen. Und dabei sollte es nicht bleiben. Noch beim Nato-Gipfel zwei Tage später wurde er darauf angesprochen.

Was war passiert?

Romaniec hatte diese Frage gestellt: „Herr Bundeskanzler, die G7 haben sich ausdrücklich zu den Sicherheitsgarantien für die Ukraine auch nach dem Krieg bekannt. Können Sie konkre­ti­sieren, welche Sicherheitsgarantien das sind?“ Scholz antwortet: „Ja, das könnte ich.“ Die Journalisten werden hellhörig.

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G7-Gipfel auf Schloss Elmau endet: Bundeskanzler Scholz zieht Bilanz
 G 7 summit 2022 Schloss Elmau Joe Biden und Olaf Scholz, Elmau Bayern Deutschland Schloß Elmau *** G 7 summit 2022 Elmau Castle Joe Biden and Olaf Scholz, Elmau Bavaria Germany Elmau Castle

Wichtige Zusagen stehen vor dem letzten Tag des G7-Gipfels noch aus – und der nächste Gipfel wirft schon seine Schatten voraus.

Ein paar Minuten zuvor hatte sich der Kanzler zu einer fast gleichlautenden Frage einer Kollegin von Romaniec geäußert. Nicht sehr tiefschürfend. Aber angesichts der schwierigen Gemengelage, dazu lange vor Kriegsende etwas zu sagen, wurde das von den Journalistinnen und Journalisten zumindest als Versuch einer Antwort akzeptiert. Nun aber stieg die Spannung, was Scholz noch erzählen könnte.

Aber er sagte nichts. Sein Regierungssprecher Steffen Hebestreit legte eine lange Pause ein, bevor er Anstalten machte, den nächsten Fragesteller aufzurufen. Das war seine schweigende Aufforderung an den Kanzler, doch noch etwas hinzuzufügen. Aber dem war ganz und gar nicht danach. Er lächelte nur. Aus den Sekunden des Wartens auf eine Regung des Kanzlers wurden gefühlt Minuten. Doch Scholz sagte nur noch: „Das war’s.“

Rosalia Romaniec twitterte später: „Echt schade, Herr ⁦‪Bundeskanzler⁩. Als ich Deutsch gelernt habe, wurde mir für Pressekonferenzen dringend die Höflichkeitsform empfohlen… Und die Frage war schon sehr ernst gemeint.“ Die geschätzte Kollegin bekam im Netz viel Anerken­nung für ihre Arbeit und ihre Frage. Scholz, der seinen Wahlkampf 2021 maßgeblich mit dem Wort „Respekt“ gewonnen hat, hätte auch Romaniec respektvoll behandeln müssen.

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Für viele Journalistinnen und Journalisten, vor allem aus dem Ausland, die Scholz noch nicht oft erlebt haben, war es irritierend, wie er sich hier präsentierte. Andere kennen das schon und regen sich gar nicht mehr auf. Was nicht besser ist. Am Tag danach, in der Bundespresse­konferenz, wurde die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann gefragt, ob sich der Kanzler entschuldigen werde. Nein, natürlich nicht.

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Hoffmann verwies auf Scholz’ erste Antwort auf die Frage nach den Sicherheitsgarantien für die Ukraine. So lautete die Frage: „Haben Sie untereinander diskutiert, welche Sicherheits­garantien die Ukraine von G7-Ländern erwarten kann?“ Um zu verstehen, dass sich Scholz offensichtlich nach eigener Auffassung ausführlich geäußert hat, geben wir hier seine Antwort ungekürzt wieder:

„Es ist klar, dass wir erreichen wollen, dass die Ukraine ihre Unabhängigkeit und Souveränität verteidigen und dass sie ihre Zukunft als Demokratie sichern kann. Dazu wird auch gehören, dass die Ukraine immer in der Lage sein muss, eine eigene, starke Landesverteidigung zu haben. Natürlich gehören dazu dann auch vereinbarte Garantien vieler anderer dafür, dass das gut funktioniert. Über diese sind wir schon seit Langem mit der Ukraine, aber auch untereinander im Gespräch. Das haben wir hier natürlich noch einmal vertieft.

Aber das kann noch lange nicht so konkretisiert sein, dass man darüber heute sinnvollerweise sprechen sollte. Trotzdem ist der Rahmen immer klar. Wir wollen das möglich machen, was wir bieten können und was dabei helfen kann, dass es eine sichere Zukunft gibt. Aber jetzt ist natürlich die nächste Aufgabe, erst einmal dafür zu sorgen, dass dieser Krieg ein Ende findet und Russland seine Truppen wieder zurückzieht, dass die Ukraine in genau diese Lage erst kommt.“

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) während der Pressekonferenz zum Abschluss des G7-Gipfels auf Schloss Elmau.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) während der Pressekonferenz zum Abschluss des G7-Gipfels auf Schloss Elmau.

Hätte er bei der zweiten Frage nur gesagt, dass er das gerade beantwortet habe, wäre es womöglich nicht zu der ganzen Aufregung gekommen. So aber wurde er auch in seiner Pressekonferenz beim Nato-Gipfel in Madrid darauf angesprochen.

Und zwar so: Der „Politico“-Korrespondent Hans von der Burchard fragt, wie schnell die Aufstockung der schnellen Eingreifkräfte von 40.000 auf 300.000 Soldaten gelingen werde. Und dann fügt er an: „Es gab ja diese etwas unschöne Szene in Elmau, für die es ja auch viel Kritik an Ihrer Antwort gab. Ich glaube, Sie hatten dabei ja eigentlich auf etwas verwiesen, was Sie schon vorher beantwortet hatten. Ich wollte Ihnen trotzdem die Gelegenheit geben, sich öffentlich noch einmal dazu zu äußern, wenn Sie denn mögen.“

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Scholz beginnt mit diesem Satz: „Ich möchte mich ausdrücklich zu allem äußern, was ich gefragt werde.“ Dann folgt eine lange Antwort auf die Frage nach den Einsatzkräften. Man müsse schnell reagieren können, man werde das so schnell wie möglich vorantreiben, all die bekannten Probleme sollten gelöst werden. Je schneller all das eintreffe, umso schneller werde es zu einem schnellen Aufbau kommen, sodass hoffentlich sehr bald vermeldet werden könne, dass diese große Zahl von sofort verfügbaren Kräften immer zu mobilisieren sei, „was ja auch eine Botschaft an alle ist, die Angriffe auf das Nato-Territorium wagen wollen“.

Mehr sagt er nicht. Was bedeutet, dass er auf die Frage nach der Frage in der G7-PK und der Formulierung, dass ihm in Madrid die Gelegenheit gegeben werde, sich dazu noch einmal öffentlich zu äußern, nur gesagt hat, dass er sich ausdrücklich zu allem äußern wolle, was er gefragt werde.

Das war’s.

 

Bittere Wahrheit

Putin wollte die Finnlandisierung Europas. Er wird die Natoisierung Europas bekommen.

Joe Biden

US-Präsident

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Joe Biden konnte und wollte ein Lächeln nicht unterdrücken, als er diese süffisante Formel für die Aufrüstung der Nato gegen Russland zum Besten gab. Es ist in einem Satz die historische Bedeutung des Nato-Gipfels in Madrid mit den Entscheidungen zu den Aufnahmeverfahren für Finnland und Schweden und der drastischen Erhöhung der Zahl der schnellen Eingreifkräfte von derzeit rund 40.000 auf mehr als 300.000.

US-Präsident Joe Biden spricht bei einer Pressekonferenz während des Nato-Gipfels in Madrid.

US-Präsident Joe Biden spricht bei einer Pressekonferenz während des Nato-Gipfels in Madrid.

Der russische Präsident wollte immer neutrale Nachbarn wie Finnland haben – und nun passiert das Gegenteil von dem, worauf er immer pochte: Die Nato weitet sich Richtung Russland aus. Schweden und Finnland – dessen Grenze zu Russland rund 1300 Kilometer lang ist – sollen in die transatlantische Militärallianz aufgenommen werden. Für Putin ist das eine bittere Wahrheit: Die Nato rückt an Russland heran, und er selbst hat das provoziert. Er hat sich mit seinem Krieg gegen die Ukraine komplett verrechnet. Ohne den Überfall wäre die Nato jetzt nicht derart geschlossen und entschlossen.

 

Wie unsere Leserinnen und Leser auf die Lage schauen

An dieser Stelle geben wir Ihnen das Wort:

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Hugo Waschkeit aus Ronnenburg zum Thema „Lohn-Preis-Spirale“:

„Immer wieder springen alle auf den Begriff Lohn-Preis-Spirale auf, wenn es um die Inflation geht. Warum redet eigentlich nie jemand von einer Gewinn-Preis-Spirale? Denn die Preise müssen doch nur erhöht werden, wenn die Unternehmen nicht auf einen Teil ihres Gewinnes verzichten wollen oder noch übler, diesen Gewinn sogar in der Inflation noch steigern. Vielleicht denkt ja da mal jemand darüber nach.“

Utz Schmidtko aus Burgwedel zum russischen Krieg gegen die Ukraine:

„Väterchen Frost ist auch nicht mehr das, was er mal war: ein russischer Weihnachtsmann, eine russische Märchenfigur der slawischen Mythologie. Sie personifiziert die kalte Jahreszeit – die Zeit der Heizperiode. Väterchen Frost beschenkte in der Neujahrsnacht die Kinder. Sein Nachfahre – skrupellos und menschenverachtend – erpresst den freien Westen mit Gasdrosselung und den Rest besonders der ärmlichen Welt mit Nahrungsmittel­blockaden. Sein Gefährt ist nicht mehr die klassische Troika – versehen mit Hörnern sowie Glöckchen, die als Warnsystem dienen. Aus purer Angst vor der freien und demokratischen Welt, aus einem gefährlichen Minderwertigkeitskomplex und imperialistischen Machtstreben heraus, walzt er heute mit Panzern und Kanonen durch die Ukraine, bedroht und erpresst die freie Welt.“

Blockade von Nord Stream? Habeck befürchtet kompletten Stopp von russischem Gas

Gibt es bald gar kein Gas mehr durch die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream? Bundeswirtschaftsminister befürchtet ein Ausbleiben der Gaslieferungen ab dem 11. Juli.

Deodat von Eickstedt aus Garbsen zu Robert Habecks Kampagne zum Energiesparen:

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„Die Kritik an den sehr richtigen Äußerungen von Herrn Habeck ist angesichts des Massentourismus aus Deutschland unter totaler Missachtung der CO₂-Emissionen in weiten Teilen nicht angebracht! Sicher gibt es viele Menschen, die sich zu Recht um die Finanzier­barkeit ihres Lebens Gedanken machen müssen. Aber sehr viele würden auch gut daran tun, ihre exzessive Lebensweise zu hinterfragen! Man denke an die Tonnen jährlich wegge­worfener Lebensmittel und viele andere Konsumauswüchse inklusive der stromzehrenden Netflix-Manie. Es ist hohe Zeit, dass eine zu großen Teilen verwöhnte Bevölkerung sich aus ihren Komfortzonen entfernt, zumal angesichts sehr realer und tödlicher Missstände in der Welt.“

 

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Das Autorenteam dieses Newsletters meldet sich am Dienstag wieder. Dann berichtet meine Kollegin Eva Quadbeck. Bis dahin!

Herzlich

Ihre Kristina Dunz

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