Gnadenlose Kabinettsumbildung

Truss’ neue Regierung: Ein Schritt nach rechts

Die neue Premierministerin von Großbritannien, Liz Truss, hält ihre erste Kabinettssitzung in der Downing Street 10.

Die neue Premierministerin von Großbritannien, Liz Truss, hält ihre erste Kabinettssitzung in der Downing Street 10.

London. Es ist eine Woche der Premieren für Liz Truss. Während sie am Dienstag in ihrer Rolle als Premierministerin das erste Mal Königin Elizabeth II. traf, hatte sie gestern ihren ersten Aufritt im Parlament und sie wurde nicht geschont. Oppositionsführer Keir Starmer kritisierte die 47-Jährige. Er sehe in ihr „keine Veränderung“ im Vergleich zu Johnson. Schließlich habe sie alle Entscheidungen ihres Vorgängers, der das Land in dieser Misere gebracht habe, abgenickt.

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Tatsächlich verstehen viele Truss als eine Fortsetzung Johnsons. Denn schließlich hatte sie bis zum Schluss zu ihm gehalten und bekräftigte überdies seinen politischen Kurs, formuliert in einem Manifest der konservativen Partei im Jahr 2019. Ein Blick in die Reihen hinter ihr machte gestern aber auch deutlich, dass die Besetzung ihrer Regierung eine deutlich andere ist als die ihres Vorgängers. Medien beschrieben den Wechsel sogar als gnadenlos. Nur eine Stunde nachdem Johnson am Dienstag die Türe der Downing Street Nummer 10 hinter sich geschlossen hatte, erhielten viele Beamte und Beamtinnen eine unverblümte E‑Mail, in der ihnen mitgeteilt wurde, dass sie von Truss‘ neuen Regierung nicht gewollt seien.

Alle Topposten gehören dem rechten Flügel an

Von den Mitgliedern des Kabinetts, die Johnson im Juli einberufen hatte, durften nur wenige bleiben. Kein einziger Anhänger und keine Anhängerin des einstigen Finanzministers Rishi Sunak, Truss‘ direktem Gegner im Kampf um Johnsons Nachfolge, ist noch da. Auf die wichtigsten Posten berief die neue Regierungschefin ihre engsten Verbündeten. Jene Abgeordnete, die auch ihren neoliberalen Kurs teilen. Die Position des Finanzministers erhielt der bisherige Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng. Staatsekretär Jacob Rees-Mogg, der als Gegner grüner Industrien und einflussreiches Mitglied des ultrakonservativen Flügels in der Tory-Partei gilt, wird neuer Wirtschafts- und Klimaschutzminister.

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Während Johnson mit Sunak als Finanzminister und Michael Gove, zuletzt Minister für Wohnungswesen, auch moderatere Stimmen in seinem Kabinett hatte, gehören nun alle neu ernannten Topposten dem rechten Flügel der Partei an. „Damit ist die Regierung auf jeden Fall nach rechts gerückt“, bestätigte Jill Rutter von der Denkfabrik UK in a Changing Europe gegenüber dieser Zeitung. Jetzt überwiegen die Stimmen jener, die sich für einen harten Brexit und für eine gnadenlose Einwanderungspolitik aussprechen und überdies den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht mehr als letzte Instanz akzeptieren wollen.

25.08.2022, USA, Rockville: Joe Biden, Präsident der USA, spricht während einer Kundgebung des Demokratischen Nationalkomitees in der Richard Montgomery High School. Foto: Alex Brandon/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

„Wählt, wählt, wählt!“

Am 8. November werden in den USA bei den Midterms ein Drittel der Senatssitze und das Repräsentantenhaus neu gewählt. In der heißen Phase des Wahlkampfs fühlen sich die Demokraten nach schwierigen Zeiten plötzlich im Aufwind.

Neue Innenministerin soll Migranten nach Ruanda bringen

Zu diesen politischen Hardlinern gehört auch die neue Innenministerin Suella Braverman. Die 42-Jährige stimmte gegen die Sterbehilfe und gegen die gleichgeschlechtliche Ehe. Zuletzt vertrat sie als Rechtsberaterin die auch in konservativen Kreisen umstrittene Meinung, dass London Teile des Nordirland-Protokolls einseitig außer Kraft setzen könne. Sie ist eine jener Politikerinnen mit Migrationshintergrund im Parlament, deren Eltern unter den heute geltenden scharfen Einwanderungsgesetzen niemals nach Großbritannien gekommen wären. Jetzt jedoch soll Braverman einen Weg finden, Migranten und Migrantinnen von Großbritannien nach Ruanda zu fliegen.

Der Ruanda-Pakt sieht vor, dass auf dem Seeweg eingewanderte Menschen in Großbritannien unabhängig von ihrer Herkunft und ohne Prüfung ihres Asylantrags in das ostafrikanische Land ausgeflogen werden. Sie sollen dann dort ihren Antrag auf Asyl stellen. Eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht vorgesehen.

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Außenminister ist James Cleverly, zuletzt Chef des Bildungsressorts und davor unter Truss Europastaatssekretär. Der 53-Jährige gilt als langjähriger Unterstützer von Truss. „Es ist deshalb zu erwarten, dass er sich an den von ihr zuvor als Außenministerin eingeschlagenen Kurs orientieren wird“, sagte Anand Menon, Politologe am King‘s College in London, gegenüber dieser Zeitung. Damit ist seine Agenda laut einem Kommentator der britischen Tageszeitung „The Times“ klar definiert: Er werde unter anderem dafür Sorge tragen, dass der Westen weiterhin geeint die Ukraine unterstützt und er wird hart bleiben, wenn es um das Nordirland-Protokoll geht.

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