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Nach dem Talibansieg: Die Terrorgefahr steigt auch bei uns

Die neue Macht der Taliban in Afghanistan lässt auch in Deutschland das Terrorrisiko steigen.

Die neue Macht der Taliban in Afghanistan lässt auch in Deutschland das Terrorrisiko steigen.

Berlin. In den digitalen Netzwerken sieht man jetzt bemerkenswerte Bilder aus Afghanistan. Sie zeigen, wie Frauen für jene Freiheit demonstrieren, von der sie in den letzten 20 Jahren kosten durften und die sie jetzt nicht wieder hergeben möchten. Sie zeigen damit auch, dass der Einsatz der Bundeswehr und der anderen westlichen Streitkräfte nicht umsonst war. Zur selben Zeit hat in Frankreich der Prozess um die verheerenden islamistischen Terroranschläge in Paris begonnen, die 2015 sage und schreibe 130 Menschen ums Leben brachten. Und mit der erneuten Machtübernahme der Taliban am Hindukusch ist die Gefahr terroristischer Anschläge auch bei uns leider wieder gestiegen.

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Ein Ursprung neuer Gewalt im Westen dürfte Afghanistan selbst sein. Das gilt weniger für die Taliban. Sie haben schon aus wirtschaftlichen Gründen ein Interesse an halbwegs intakten Beziehungen zu ihren bisherigen Gegnern – und dürften sich daher moderat verhalten. Nur ist eben gar nicht klar, ob die Taliban überhaupt dauerhaft die Kontrolle über das ganze Land gewinnen. Schließlich ist da noch der „Islamische Staat“, auf dessen Konto zuletzt der Anschlag am Flughafen in Kabul ging. Der IS gilt als ideologisch radikaler und methodisch brutaler. Überdies beschränkt er seinen Machtanspruch anders als die Taliban nicht auf Afghanistan.

Faszination der Macht

Was aus der Perspektive der inneren Sicherheit positiv zu Buche schlägt: Potenziellen Tätern dürfte es heute schwerer fallen, nach Europa einzusickern als in den Jahren 2015 folgende. Denn die Grenzen für Flüchtlinge, mit denen sie damals bisweilen einreisen konnten, sind geschlossen.

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Weitaus größer dürfte ohnehin die Gefahr sein, die von Einzeltätern ausgeht, die entweder deutsche Staatsbürger sind oder seit Längerem hier leben. Nach Beginn des syrischen Bürgerkrieges 2011 und der Ausrufung des sogenannten Kalifats durch den IS in Syrien und dem Irak entfaltete dieser nämlich eine unerhörte Faszination für Islamisten. Auch unter ihnen zieht Macht maximal an, weil sie hoffen, einen Zipfel davon an sich ziehen zu können – und sei es durch schmutzige Attentate.

Unzählige Europäer zogen in die Schlacht und kehrten teilweise noch radikalisierter zurück. Entsprechend näherte sich die Zahl derer, die von unseren Sicherheitsbehörden als islamistische Gefährder gelistet wurden, der 1000er-Marke.

Zwar ist sie nach dem Zusammenbruch des „Kalifats“ wieder zurückgegangen. Doch nun geht von Afghanistan eine neue Faszination der Macht aus – und zwar eine, die viel nachhaltiger wirken könnte. Immerhin haben es die Taliban vermocht, den westlichen Truppen 20 Jahre lang die Stirn zu bieten und sie am Ende sogar noch aus dem Land zu treiben. Das ist ein Fanal an alle Dschihadisten weltweit. Die Botschaft lautet: Ihr müsst nur durchhalten.

Küchenmesser als Waffen

Gerade eben erst hat ein islamistischer Gefährder aus Sri Lanka in Neuseeland mit einem Messer mehrere Menschen angegriffen. Es ist genau jene Art von Anschlag, die auch hierzulande in den letzten Jahren dominierte – und nicht jenes vernetzte Vorgehen wie 2015 in Frankreich, das bis heute ein sehr viel gravierenderes Islamismusproblem hat als Deutschland. Dabei sind Menschen, die gelegentlich spontan Autos oder Küchenmesser zu Waffen umfunktionieren, überall schlecht zu kontrollieren.

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Nein, Panik ist nicht angebracht. Die meisten Muslime sind wie Menschen anderer Religionen friedliebend; auch das wissen wir seit 2015. Und die terroristische Gefahr von rechts außen, die Toten bezeugen es, ist hierzulande längst größer. Trotzdem ist die Machtübernahme der Taliban eine schlechte Nachricht – für Frauen in Afghanistan und für uns.

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